0226 - Tokatas Erbe
Mythologie beschäftigt?«
»Natürlich, Sir. Wenn Sie bitte mitkommen wollen?«
»Danke.«
Die Frau verließ ihre Bude.
Mit ihr zusammen betrat ich einen breiten Gang. Die Wände waren kahl, der Boden war gefliest, unsere Schritte hinterließen Echos. Vor einer Rundbogentür blieb sie einen Moment stehen, lächelte mir knapp zu und führte mich in einen Raum, der bis auf die Bücherregale leer war. Ich war der einzige Interessent.
»Hier werden Sie alles finden, was Sie benötigen, Sir.«
Sie deutete an mir vorbei.
»Dort hinten an den beiden Fenstern befinden sich auch Schreibtische. Da können Sie in Ruhe alles nachlesen.«
»Danke sehr!«
Die Frau schloß die Tür, und ich befand mich allein in dem etwas düsteren Raum. Er erinnerte mich an die Bibliothek in meiner alten Schule. Es roch auch so nach Bohnerwachs und Seifenlauge. Ein paarmal holte ich tief Luft und schaute mir dann die Regale näher an.
Sie standen nicht nur an den Wänden, sondern waren auch in den Raum hineingebaut worden, so daß sich zwischen ihnen regelrechte Gänge gebildet hatten. Hätte es in diesem Raum nur Bücher über japanische Mythologie gegeben, so hätte ich wahrscheinlich ein Jahr lang hier sitzen können. So aber war praktisch die Mythologie aller Erdteile vertreten. Von der europäischen über die afrikanische, die asiatische, bis hin zur australischen und der Mythologie ferner Pazifik-Inseln.
Japan fand ich auch. Zwei Regalreihen waren mit Büchern über dieses Land vollgestopft. Die meisten beschäftigten sich mit der uralten Tradition der Samurais. Sicher würde ich in den Folianten auch einiges über die Göttin Amaterasu und deren seltsamer Verwandtschaft finden, aber wohl nur am Rande, ich wollte spezielle Literatur darüber haben. Die gab es auch.
»Heilige und Götter«, nannte sich das Werk.
Ich nahm es und setzte mich hinter den Schreibtisch. Von rechts fiel Sonnenlicht durch die Scheibe, es blendete mich, so daß ich die Hälfte des Fensters mit einem Vorhang verdeckte. Dann begann ich zu blättern.
Erst jetzt erfuhr ich, wie vielfältig die Mythologie Japans war. Da kam ich überhaupt nicht durch. Es gab ungeheuer viele Gottheiten. Götzen, Götter, Untergötter, Diener, Dämonen, Zwitterwesen und immer wieder diese Familien.
Ich fand auch den Namen der Sonnengöttin Amaterasu. Ihr war ein großes Kapitel gewidmet, denn sie zählte zu den wichtigsten Gottheiten. Schon beim dritten Absatz tauchte der Name Susanoo auf. Ich erfuhr mehr über den Geschwisterkrieg und auch darüber, daß sie in das Dunkle Reich gestoßen worden war.
Als ich den Begriff las, begann ich zu überlegen. Das Dunkle Reich weckte in mir Assoziationen. Sollte damit etwa das gemeint sein, was wir Hölle nannten? Befand sich die Sonnengöttin etwa in der Hölle? Wenn ja, wo steckte ihr Bruder?
Ich blätterte weiter und stieß abermals auf den Namen Susanoo. Der Verfasser schrieb von ihm, daß er in einem Land zu finden war, das nicht sein durfte. Ein Land, das jenseits der Zeiten lag und der Vorhof zur Jigoku, der Hölle, war. Dort hielt sich mein ›Freund‹ Susanoo also auf.
Ich schüttelte den Kopf, denn ich dachte an den Goldenen. Der hatte gewollt, daß ich diesem Land einen Besuch abstattete, um Tokatas Schwert an mich zu nehmen.
Nein, auf keinen Fall würde ich dieser Aufforderung Folge leisten. Das war überhaupt nicht drin. Ich hatte die Nase voll von Dimensionsreisen, weil ich kaum glauben konnte, daß man mich freiwillig dort wieder hinausließ.
Noch einen Begriff las ich. Man nannte diese Dimension auch das Drachenland. Der Verfasser sprach sogar von der Geburtsstätte der Drachen. Unter Umständen waren sie dort entstanden und hatten es verstanden, durch eine Dimensionslücke auch in früher Vorzeit auf unsere Erde zu gelangen. Möglich war alles.
Die nächsten Seiten las ich quer, denn ich wollte mich nicht zu lange in der Bibliothek aufhalten.
Schließlich wußte Suko noch nicht Bescheid, was da auf uns zurollte.
Auf den letzten Seiten des Kapitels fand ich auch Abbildungen. Das war einmal der Fächer, den jetzt der Goldene besaß. Die Bilder waren in Farbe gehalten, und ich konnte erkennen, daß der Fächer auf dem Bild so aussah wie in Wirklichkeit.
Auch Susanoo war zu sehen. Ein gewaltiger Dämon mit riesigen Flügeln, und abermals überkam mich die Erinnerung an den Eisernen Engel.
Auf der nächsten Seite sah ich ein Bild der Sonnengöttin. Seltsamerweise zeigte sie sich als Mensch.
Wer den Film
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