0227 - Stellas Rattenkeller
wirklich nicht viel zu machen.
Wir zogen uns zurück.
Dabei wurden wir von regelrechten Haß- und Schimpfkanonaden begleitet. Koch kriegte sich überhaupt nicht mehr ein. Er brüllte und tobte, sprach nur von seinen Lieblingstieren, so daß wir drei schließlich froh waren, es hinter uns zu haben.
Im Gang atmeten wir auf, und wir hörten, wie Koch sich gegen die Tür warf.
Auch die anderen Patienten waren unruhig geworden. Schreie erklangen, hartes, forderndes Trommeln oder ein hohles Kreischen.
»Jetzt sind sie alle rebellisch«, sagte Gardener.
Ich hob die Schultern. »Sorry, aber das war nicht unsere Absicht.«
»Natürlich, Mr. Sinclair. Ich weiß ja nicht genau, um was es geht, aber sollte es tatsächlich mit Rocky Koch zusammenhängen, sind Sie auf dem falschen Dampfer. Aus seiner Zelle kommt er nicht raus. Wir haben nicht einmal eine Toilette oder ein Waschbecken dort. Um seine menschlichen Bedürfnisse kümmert sich ein Pfleger.«
»Nicht die Betreuerin?« fragte Suko.
»Nein, nein, also das wäre…« Der Professor hob die Schultern und sprach nicht mehr weiter.
Wir aber waren aufmerksam geworden und hörten das harte Schlagen von Absätzen in unserem Rücken. Jemand rannte den Gang hinunter. Wir drehten uns um und sahen eine Frau schnell näherkommen. Sie trug einen weißen Kittel, der in der Taille lose von einem Gürtel gehalten wurde. Besonders stach uns das blonde Haar ins Auge. Sie hatte es zu einer Turmfrisur gekämmt.
Die Haut zeigte einen hektischen roten Schimmer, der Mund stand halboffen, und das schmal geschnittene Gesicht wirkte irgendwie streng.
Heftig atmend blieb sie vor und stehen und schaute den Professor dabei an. »Ich habe Rocky toben hören. Was ist denn passiert?«
»Er hat sich aufgeregt, als wir seine Zelle betraten.«
»Steckt er wieder in seiner Phase?«
»Wahrscheinlich.«
Die Frau schüttelte den Kopf und biß sich auf die Lippen. »Es ist schlimm mit ihm…«
Uns hatte sie bisher nicht beachtet. Das merkte auch der Professor und übernahm die Vorstellung. Die Frau schaute überrascht, als sie hörte, daß wir von der Polizei waren.
»Aber warum das denn? Was hat Rocky mit der Polizei zu tun?« erkundigte sie sich.
»Eigentlich nichts«, erwiderte ich: »Wir wollten nur einem gewissen Verdacht nachgehen.«
Ihre ansonsten klaren Augen verdunkelten sich. »Einem Verdacht? Welchem Verdacht?«
»Darüber kann ich Ihnen leider nichts sagen. Aber wir sind die Beamten, die Rocky Koch eingefangen haben.«
Die Frau, es war Stella Murdock, preßte die Lippen zusammen.
»Ja, ich kenne Sie durch Rocky. Er hat im Anfang viel über Sie gesprochen. Dabei muß er Sie beide unwahrscheinlich hassen. Tut mir leid, wenn ich so etwas sage, aber Sie haben ihm schwer geschadet.«
»Da sollte man besser beide Seiten sehen, Miß Murdock. Rocky Koch hat das Leben zahlreicher Menschen in Gefahr gebracht, das dürfen Sie nicht vergessen.«
»Er liebt nun mal seine Ratten.«
»Eine seltsame Liebe.«
Aggressiv schaute sie mich an. »Na und? Andere lieben Katzen oder Hunde. Worin liegt da der Unterschied?«
»Ratten als Haustiere kann ich mir schlecht vorstellen«, meinte Suko.
»Daß Sie so denken, weiß ich. Sie sollten drei Monate hier arbeiten, dann würden Sie Ihre Meinung ändern.« Die Augen der Frau blitzten.
Ich blieb weiterhin freundlich. »Da dies nicht möglich ist, Miß Murdock, möchte ich Sie bitten, uns einige Fragen zu beantworten, denn Fragen zu stellen, ist unser Beruf.«
»Was wollen Sie wissen?«
»Es geht um die seltsame Flöte.«
Sie trat mit dem Fuß auf. »Wollen Sie ihm die auch noch wegnehmen, Sie Super-Polizisten.«
Ein schneller Blick zu dem Professor belehrte mich, daß ihm der Verlauf des Gesprächs peinlich war, er griff aber nicht ein.
»Nein«, erwiderte ich, »wir wollen ihm die Flöte nicht wegnehmen, sondern hätten gern erfahren, wo sie sich befindet.«
»Bei Rocky.«
»Dort haben wir sie nicht gefunden.«
Stella Murdock legte die glatte Stirn in Falten. Dabei hob sie die Schultern und sagte: »Dann weiß ich es auch nicht.«
Suko hatte die nächste Frage: »Können Sie uns denn sagen, woher er die Flöte hatte?«
»Ja, von mir.«
»Sie haben sie ihm…«
»Geschnitzt, Mister. Er hat mich darum gebeten. Auf mich hört er. Wir haben tage- und nächtelang miteinander geredet. Ich kenne Rocky besser als irgendeiner sonst auf dieser Welt.«
»Das ist sehr lobenswert von Ihnen«, sagte ich. »Trotzdem hätten wir gern gewußt, wo sich
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