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023 - Das Kastell der Toten

023 - Das Kastell der Toten

Titel: 023 - Das Kastell der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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Fast körperlich spürte er den Blick von zwei leuchtendgelben Augen.
    Augen, die flirrten, die ihn nicht losließen, ihm seltsam bekannt vorkamen.
    Sie gehörten der kleinen blauen Kartäuserkatze, die er im Gasthaus von Cala Correggio mit Milch gefüttert hatte...
    ***
    Für einen Moment kämpfte er gegen das Gefühl, dass sich eine unsichtbare Schlinge um seinen Hals zusammenzog.
    Blödsinn, sagte er zu sich selbst. Ein harmloses Tier, sonst nichts. Rasch wandte er sich wieder ab und tastete nach seinen Zigaretten.
    »Ist es möglich, dass ich einen Ihrer Lieblinge in Cala Correggio gesehen habe?« fragte er.
    Die Alte zuckte die Schultern. »Warum nicht? Sie sind frei, meine Lieblinge. Frei und ungebunden.« Mit einer Bewegung des silberbeschlagenen Stockes schob sie die Tür wieder ins Schloss. »Und jetzt musst du gehen, mein Sohn«, sagte sie. »Es ist besser für dich. Glaub mir, mein Sohn. Ich will nur dein Bestes.«
    »Sie wissen nicht, wo Tessa und die anderen sind?«
    »Nein, mein Sohn. Das weiß ich nicht. Sie kommen und gehen, wie sie wollen. Kommen und gehen, tauchen auf und verschwinden ... Und nun geh! Schlaf, mein Sohn! Ich bin müde, ich habe genug geredet.«
    Dave nickte nur.
    Als er sich abwandte, spürte er den funkelnden Blick der alten Frau im Rücken. Und noch während er die Tür hinter sich schloss und die Wendeltreppe hinunterlief, glaubte er, dieses dünne, hohe, tonlose Kichern zu hören.
    In dieser Nacht schlief er keine Sekunde mehr.
    Im Morgengrauen hörte er erneut Geräusche, hörte, wie im Schloss die Türen schlugen. Reglos lag er auf dem Bett, lauschte angespannt — aber im Nachbarzimmer rührte sich nichts.
    Marcello war nicht zurückgekommen.
    Und als Dave gegen acht Uhr aufstand, unausgeschlafen und erschöpft, stand die Tür zum Zimmer des Dieners noch genauso offen, wie er sie in der Nacht gesehen hatte.
    Anna, Francesca und Tessa hatten sich bereits in der Halle eingefunden. Francesca trug das Frühstück auf. Der Schinkenstreifen duftete verlockend — aber Dave hatte keinen Appetit und kämpfte gegen das Gefühl der Übelkeit.
    »Ich habe schlecht geschlafen«, entschuldigte er sich. »Wo ist übrigens Marcello?«
    Tessa lächelte ihn an. Ihre Bernsteinaugen strahlten.
    »Er hat seinen freien Tag heute«, sagte sie. »Ich glaube, er ist nach Cala Correggio gefahren.«
    Dave nickte nur.
    Aber er glaubte noch deutlich, Marcellos Worte zu hören. »Ich gehe nie dorthin...«
    Das Frühstück verlief angeregt und heiter, in einer Hochstimmung, an der nur Dave keinen Anteil hatte. Francesca redete schnell und viel, sprach von ihrer Schwester Philippa, deren Ankunft heute erwartet wurde. Ihre grünen Augen funkelten, ihre Wangen hatten sich gerötet, und selbst die herbe, schweigsame Anna zeigte sich angesteckt von der allgemeinen Fröhlichkeit.
    Tessa wirkte ruhig und entspannt. Ab und zu warf sie Dave einen raschen, prüfenden Seitenblick zu. Er bemühte sich, seine Nervosität zu verbergen, aber er wusste selbst, dass es ihm nur sehr unvollkommen gelang.
    Nach dem Frühstück räumte Francesca den Tisch ab. Anna entschuldigte sich und zog sich zurück. Nur Tessa blieb sitzen, nahm eine Zigarette aus der Packung und ließ sich Feuer geben.
    »Du hast mit Benedetta gesprochen?« fragte sie unvermittelt.
    Dave fuhr zusammen. Konnte sie Gedanken lesen oder...?
    »Ja«, sagte er unbehaglich. »Woher weißt du es?«
    Sie lächelte. »Unsere Gäste sind immer ein wenig verstört, wenn sie mit Benedetta gesprochen haben. Sie ist unheilbar geisteskrank.«
    »Und deshalb versteckt ihr sie in diesem Turm?’* Um Tessas Mund zuckte es. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Dave, gleißenden Zorn in ihren Augen zu sehen. Aber er war sich nicht sicher, da sie sofort die Lider senkte.
    »Aber nein«, sagte sie. »Wir verstecken sie nicht dort, sie ist schließlich unsere Großmutter. Sie besteht selbst darauf, allein und zurückgezogen zu leben. In ihrer Nähe duldet sie nur die Katzen. Und manchmal fremde Besucher — sie hat eine Vorliebe dafür, unsere Gäste zu erschrecken.«
    »Sie hat mich nicht erschreckt. Und sie machte auch keinen kranken Eindruck — obwohl sie etwas seltsame Reden führte.«
    »Das ist ihre Spezialität. Mach dir nichts daraus! Hast du Lust, mit mir zusammen die Katzen zu füttern?«
    Dave hatte keine Lust dazu — aus einem unklaren Grund erfüllte ihn der Gedanke sogar mit jähem, heftigem Widerwillen. Er griff nach seinen Zigaretten. Wie lange war er

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