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023 - Das Kastell der Toten

023 - Das Kastell der Toten

Titel: 023 - Das Kastell der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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Familiengruft befand sich normalerweise nicht in, sondern unter einer Kapelle. Normalerweise, dachte er bitter. Was war überhaupt normal in diesem verdammten Schloss? Immerhin wies die Falltür tatsächlich auf unterirdische Räume hin. Entschlossen ging Dave hinüber, beugte sich vor und zog an dem rostigen Eisenring.
    Überraschend leicht schwang die schwere Tür nach oben.
    Dave zuckte zurück vor dem eisigen Luftzug, der ihm entgegenwehte. Steinstufen führten nach unten. Dave leuchtete hinab — aber das schwache Licht verlor sich schon nach einem knappen Yard in gestaltloser Schwärze.
    Dave blieb stehen.
    Sekundenlang überwältigte ihn das Gefühl einer dunklen Drohung. Er wusste ganz klar, dass ihn etwas Furchtbares, etwas unsagbar Grauenvolles erwartete. Aber er bezwang das Entsetzen, das sich wie ein schleichendes Gift in ihm auszubreiten drohte. Mit zusammengebissenen Zähnen kletterte er durch die Luke und begann, die Stufen hinunterzusteigen.
    Die Flamme des Feuerzeugs ließ sich regulieren. Dave drehte sie so hoch wie möglich. Im ungewissen Licht sah er sich um und kämpfte gewaltsam die Furcht nieder.
    Er wusste, dass er sich in einer Gruft befand, er war vorbereitet auf das Bild, das sich ihm bot, aber dennoch jagte es einen eisigen Schauer über seinen Rücken. Die Mauern des Gewölbes schimmerten feucht. Modergeruch hing in der Luft. An zwei Seiten der Gruft standen staubige Steinsärge — und in der Mitte waren vier von den unheimlichen Kisten aufgebaut, die noch relativ neu aussahen.
    Vier?
    Oben in der Kapelle hatte er nur drei gesehen. Drei leere Särge. Jetzt hatte er vier vor sich, vier längliche Kisten, die sich vollkommen glichen. Zwei waren immer noch leer, die Deckel lehnten an der Wand, Hammer, Nägel und verschiedene rostige Werkzeuge lagen daneben. Und die beiden anderen waren verschlossen und zugenagelt.
    Daves Kiefer schmerzte, so fest presste er die Zähne zusammen. Er musste Gewissheit haben! Wie unter einem Zwang ging er zu dem Werkzeughaufen hinüber, wühlte mit der Schuhspitze darin herum und bückte sich nach einer stabilen Zange.
    Keuchend vor Anstrengung zog er die Nägel aus dem ersten Sarg.
    Angst krallte sich um sein Herz, als er den Deckel hochstemmte. Mit ohrenbetäubendem Krach fiel das schwere Ding auf den Boden.
    Dave stockte der Atem.
    In dem mit rubinroter Seide ausgeschlagenen Sarg lag starr eine menschliche Gestalt. Auch die Kleider des Mannes waren rot — rot von getrocknetem Blut. Seine Glieder, sein Körper, sein Gesicht waren zerfetzt, verstümmelt, grässlich zugerichtet, seine Kleidung bestand nur noch aus Fetzen, und die scharfen Krallen hatten ihn förmlich zerrissen.
    Zu erkennen war er nur noch an dem schwarzen gelockten Haar.
    Marcello ...
    Dave wich zurück Er taumelte. Zwei, drei Sekunden lang überfiel ihn die Panik wie eine Lawine, wollte er sich herumwerfen, fliehen, schreien — dann verebbte die Woge und ließ ihn leer und erstarrt zurück.
    Er atmete tief.
    Eine steinerne, unnatürliche Ruhe hatte sich seiner bemächtigt. Mit einer marionettenhaften Bewegung bückte er sich, griff nach der Zange, die ihm entfallen war, und machte sich daran, den zweiten Sarg zu öffnen.
    Er brauchte fünf Minuten dazu.
    Wieder krachte der Deckel laut auf den Boden. Aber diesmal zuckte Dave nicht zurück. Das Grauen war zu groß, um noch eine Steigerung zuzulassen. Er konnte nicht mehr erschrecken.
    In dem Sarg lag ein Gerippe.
    Ein nackter Totenschädel grinste ihn an. Zwischen bleichen Knochen hingen die Fetzen dunkelroter Seide. Und an einem Finger der langen weißen Toten-hand steckte noch ein goldener Siegelring mit verschlungenen Initialen.
    J. C.
    James Connery.
    Der Ring seines Bruders ...
    ***
    Dave wusste nicht, wie lange er starr und reglos vor dem Sarg gestanden hatte, Irgendwann kam er wieder zu sich. Seine Vernunft gewann die Oberhand. Das Feuerzeug war erloschen. Er ließ es erneut aufflammen, knipste ein paarmal vergeblich und stellte dann die Flamme etwas kleiner.
    Als er sich umdrehte, hatte er das Gefühl, sein Herzschlag setze aus.
    Die Falltür war verschlossen.
    Völlig lautlos hatte sie sich gesenkt, lag wieder über der Luke und ließ nicht mehr den leisesten Lichtschimmer in die Gruft.
    Dave schluckte trocken.
    Mit zwei Sprüngen hatte er den Fuß der Treppe erreicht und lief die Stufen hinauf. Seine Finger tasteten über das rauhe Holz, drückten dagegen. Aber die Falltür gab keinen Millimeter nach. Sie rührte sich auch nicht,

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