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023 - Das Kastell der Toten

023 - Das Kastell der Toten

Titel: 023 - Das Kastell der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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Aber jetzt, nachdem er die beiden Särge gesehen hatte, war das alte Gemäuer für ihn voll unsichtbarer Gefahren.
    Mit aufeinandergebissenen Zähnen zerrte er an einem der zweiarmigen Leuchter und schaffte es schließlich, ihn aus seiner Verankerung zu lösen. Er zündete die beiden Kerzen an. Was er jetzt tun musste, war klar. Er würde seinen Wagen nehmen, nach Cala Correggio fahren — und von dort aus dafür sorgen, dass sich die Polizei mit den zerfetzten Leichen in der Familiengruft der Montsalves befasste.
    Den Leuchter in der Hand, schlug er die Richtung ein, die seiner Meinung nach zum Ausgang führen musste.
    Drei Minuten später stand er in dem düsteren Schlosshof, und nach weiteren drei Minuten saß er am Steuer seines Wagens.
    Erleichtert atmete er auf, als die Scheinwerfer aufflammten und gebündeltes Licht in die Finsternis schickten. Das Brummen des Motors wirkte beruhigend, erschien ihm wie das Symbol einer anderen, normalen Welt — einer Welt, in die das Grauen so plötzlich eingebrochen war, dass er es immer noch nicht fassen konnte. Mit verkrampften Fäusten lenkte er den Wagen über den Schlosshof und über die Zugbrücke. Felsen glitten vorbei, dürre Büsche und die Umfassungsmauer des Parks. Dave schaltete herauf, zog den Wagen um die Kurven, dass die Reifen sangen, und warf alle paar Sekunden einen Blick in den Rückspiegel.
    Nach zwei Kilometern halsbrecherischer Fahrt wurde er langsamer.
    Der Krampf in seinem Magen wich, die unsichtbare Schlinge um seine Kehle schien sich zu lockern. Er kurbelte die Seitenscheibe herunter. In vollen Zügen atmete er die klare, kühle Nachtluft ein und versuchte dabei, seine Gedanken zu ordnen.
    Jim war tot.
    Bis zum Schluss hatte er sich geweigert, daran zu glauben — jetzt wusste er es.
    Aber jetzt war es nicht mehr nur die Tatsache von Jims Tod, die ihn bis in die Tiefen erschütterte. Es war noch das Unheimliche, Unbegreifliche, unsagbar Grauenhafte, das ihn bei dem Gedanken an seinen Bruder wie ein Eishauch anwehte.
    Dave grub die Zähne in die Unterlippe. Sein Kiefer schmerzte von der Anspannung. Wieder glaubte er, das bleiche Gerippe vor sich zu sehen. Marcellos grässlich verstümmelte Leiche. Sein Fuß trat unwillkürlich das Gaspedal tiefer durch.
    Hinter der nächsten Kurve sah er einen Schatten.
    Er trat auf die Bremse, noch ehe er genau erkannte, was es war. Die Reifen radierten. Dave presste die Lippen zusammen, fing das ausbrechende Heck ab und brachte den Wagen zum Stehen.
    Zwei Meter vor ihm stand Björn Springdaals Volvo am Straßenrand.
    Der Flitzer war unbeleuchtet, die Fahrertür pendelte im Wind. Es sah aus, als sei der Besitzer nur ganz kurz ausgestiegen, um sofort zurückzukommen. Dave blickte sich um, ließ den Blick über die Felsen streifen, die von den Scheinwerfern aus der Dunkelheit gerissen wurden, doch er konnte Springdaal nirgends entdecken.
    Furcht befiel ihn — etwas wie eine dunkle, unbestimmbare Ahnung. Er fuhr sich mit der Faust über das Gesicht. Weiterfahren, drängte es in ihm.
    Gib Gas und verschwinde! Aber er kämpfte den. Impuls nieder, zog die Handbremse an und stieß den Wagenschlag auf.
    Das Fernlicht seines Wagens reichte, um Fußspuren im Staub zu erkennen.
    Fußspuren, die nach drei, vier Metern die Straße verließen und über das steinige Gelände auf eine Felsspalte zuführten.
    Dave zögerte, dann ging er weiter. Das Loch vor ihm gähnte wie ein dunkler Rachen. Und schon nach wenigen Schritten konnte er kaum noch etwas erkennen, tastete sich langsamer vorwärts und suchte in seinen Taschen nach den Streichhölzern.
    Sein linker Fuß stieß gegen etwas Metallisches.
    Er zuckte zurück — und atmete aus, als sich nichts rührte. Rasch riss er ein Streichholz an und entdeckte die blinkende Taschenlampe zu seinen Füßen.
    Das Glas war zerbrochen. Aber die Birne funktionierte noch. Scharf, fast ohne Streuung, stach der Lichtstrahl .durch die Nacht, und Dave schwenkte langsam mit der Lampe die Umgebung ab.
    Nichts.
    Nur Steilwände, staubiger Boden, Steinblöcke.
    Oder.. .
    Dave kniff die Augen zusammen. Er ließ den Lichtstrahl zurückgleiten, beleuchtete noch einmal das, was er eben für einen länglichen Felsblock gehalten hatte — und zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb.
    Das war kein Steinblock, sondern eine menschliche Gestalt.
    Eine Gestalt, die reglos dalag, seltsam verrenkt. Dave glaubte, Björn Springdaals blonden Haarschopf zu erkennen, und ging mit zusammengebissenen Zähnen

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