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023 - Das Kastell der Toten

023 - Das Kastell der Toten

Titel: 023 - Das Kastell der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca LaRoche
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näher.
    Nach drei Schritten blieb er wie gebannt stehen.
    Er sah das Blut.
    Die zerfetzten Kleider.
    Er sah Björn Springdaals verzerrtes, blutiges Gesicht, die von Krallenhieben zerfetzten Glieder, und er sah die aufgerissenen, gebrochenen Augen.
    Augen, die ihn anzustarren schienen und in denen das nackte, namenlose Entsetzen unauslöschlich festgefroren war.
    ***
    Dave hatte das Gefühl, als habe sich das Blut in seinen Adern in Eis verwandelt.
    Die Kälte kam von tief innen, und sie breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Sein Blick haftete an dem verstümmelten Leichnam. Er sah Björn Springdaal, und gleichzeitig glaubte er, die anderen zu sehen.
    Den alten Schäfer.
    Marcello.
    Seinen Bruder Jim.
    Und wie in einer Vision tauchte vor seinen inneren Augen das Schankmädchen Maria auf, das der weißen Katze einen Fußtritt versetzte und behauptete, das Tier sei böse...
    Wussten sie es?
    Wussten die Leute von Cala Correggio, dass...
    Dass was?
    Dave atmete tief durch, versuchte, die Lähmung aus seinem Gehirn zu vertreiben. Seine Gedanken tasteten durch den Wust der Ereignisse, Ahnungen, Vermutungen. Björn Springdaal und Philippa. Er selbst, Dave, und Tessa. Jim und ... Francesca vielleicht? Marcello und...
    Die Gedankenkette zerklirrte.
    Er hatte ein Geräusch gehört, ein leises Fauchen.
    Und als er den Kopf hob, eiskalt vor Furcht, begegnete sein Blick den gelben Augen einer Katze.
    Sie kauerte auf einem Felsblock und starrte ihn an.
    Die blaue Kartäuserkatze aus der Pension! Ihr Fell war glatt und seidig, die Lichter funkelten — und es waren diese gelblichen Raubtierlichter, die eine andere Vision beschworen.
    Tessa!
    Blauschwarzes Haar und bernsteinfarbene Augen ...
    Nein! Nein, das war...
    Die Katze erhob sich geschmeidig, dehnte die schlanken Glieder. Mit einem Sprung erreichte sie den Boden, fauchte noch einmal und glitt ohne Eile durch die schmale Schlucht davon.
    Dave folgte ihr.
    Es war ein Impuls, der ihn trieb. Oder ein magischer Sog, der ihn mitzog. Er musste das Rätsel lösen, musste Gewissheit haben. Ohne hinzusehen, ohne sich dessen auch nur richtig bewusst zu werden, stieg er über Björn Springdaals Leichnam hinweg, ging weiter und ließ den Strahl der Taschenlampe wandern.
    Rechts von ihm verschwand die Katze in den hochragenden Felsen.
    Dave zögerte keine Sekunde. Er nahm die Taschenlampe in die Linke, um besser klettern zu können. Langsam, vorsichtig machte er sich an den Aufstieg, fand Halt zwischen zahllosen Rissen und Schründen, benutzte Vorsprünge und schmale Steinsimse und bemühte sich dabei, die blaue Katze im Auge zu behalten.
    Er schaffte es nicht.
    Irgendwann verschwand sie einfach aus seinem Blickfeld. Die Wand wurde steiler, der Aufstieg schwieriger, und Dave musste die Taschenlampe schließlich zwischen die Zähne nehmen.
    Er war in Schweiß gebadet, als er wenig später den Rand des Plateaus erreichte. Keuchend richtete er sich auf. Wind zerrte an seinem Haar, wirbelte Staub vor sich her. Daves Kleider klebten, sein Herz hämmerte gegen die Rippen, aber er achtete nicht darauf.
    Wieder ließ er die Taschenlampe kreisen — und diesmal konnte er die Kartäuserkatze in einem Geröllfeld entdecken.
    Das Tier glitt weiter, lief auf einen klotzigen Schatten zu, der sich bei näherem Hinsehen als Hütte oder Schuppen entpuppte. Zweimal wandte die Katze den Kopf, funkelten ihre gelben Augen, als wolle sie sich überzeugen, dass der Mann noch hinter ihr war — und Dave folgte ihr tatsächlich.
    Er wusste nicht, warum er es tat, was er eigentlich vorhatte.
    Aber er war besessen von dem Gedanken, das Tier einzufangen, er spürte die Erregung wie ein Fieber, und er dachte über nichts sonst mehr nach.
    Der Lichtfinger der Taschenlampe wischte durch die Nacht, erfasste die offenstehende Tür der Hütte. Wie ein Schatten verschwand die Katze durch den schmalen Spalt. Es gab keine Fenster, jedenfalls keine, die Dave sehen konnte, und er begriff mit’ einem ungewissen Schauer, dass das Tier in dem baufälligen Schuppen gefangen war.
    Mit drei Schritten erreichte er die Tür.
    Sie quietschte in den Angeln. Langsam, knarrend schwang sie zurück, und das Licht fraß sich in den dunklen Raum dahinter.
    Dave glaubte zu träumen.
    Aber das Bild vor seinen Augen blieb, löste sich nicht auf wie ein Hirngespinst. Die blaue Kartäuserkatze war nirgends zu sehen, schien vom Erdboden verschlungen zu sein. Es gab keine Fenster, keine weiteren Türen, keinen Ausweg — und mitten im Raum

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