023 - Der grüne Bogenschütze
erwartet Sie.«
Smith stolperte unsicher neben Savini durch den Park.
»Warum hat er mitten in der Nacht nach mir geschickt?« fragte er aufsässig.
»Ich weiß nicht - fragen Sie ihn besser selbst.«
»Wer sind Sie überhaupt? Sie sind wohl hier als Hausgespenst engagiert, wie? Wie geht es eigentlich dem grünen Bogenschützen?« Er brüllte vor Vergnügen und schlug sich aufs Knie. »Eine Verrücktheit, wenn man anfängt, Gespenster zu sehen! Euer Schnaps ist wohl ein bißchen zu stark, he?«
Julius atmete auf, als sie in die Halle kamen. Coldharbour Smith, der seinen Übernamen der Polizeistation verdankte, die ihn am häufigsten verhaftet hatte, war völlig betrunken. Er blinzelte, als er in den hellen Lichtschein der Bibliothek trat. Auf einen Wink des Alten zog sich Julius sofort zurück, froh, daß er sich verdrücken konnte.
»Setzen Sie sich, Smith.« Bellamy zeigte auf einen Stuhl. »Wie wär's mit einem Schluck?« Jetzt erst erkannte er die Verfassung seines Besuchers. »Sie sind ja besoffen! Habe ich Ihnen nicht befohlen, nüchtern zu mir zu kommen?«
»Warum überhaupt«, maulte Smith störrisch, »sollte man nüchtern sein? Solange man sich besaufen kann, sagen Sie doch selbst, warum sollte man's nicht ...«
Bellamy ging zum Tisch, goß ein Glas Branntwein ein - Smith wollte schon die Hand danach ausstrecken, da goß ihm Bellamy blitzschnell den ganzen Inhalt ins Gesicht. Mit einem Aufschrei fuhr Smith in die Höhe und rieb sich wie verrückt die Augen.
»Ich kann nichts mehr sehen -!« brüllte er.
Bellamy warf ihm eine Serviette zu, die vom Abendessen her noch auf dem Tisch lag. Stöhnend wischte sich Smith lange das Gesicht ab.
»Das hat Sie hoffentlich nüchtern gemacht, Sie besoffenes Schwein! Und wenn Sie noch immer nicht aufgewacht sind, kenne ich andere Mittel ...« Bellamy packte Smith am Kragen und schüttelte ihn hin und her. »Fünf Jahre lang haben Sie jeden Monat ein ordentliches Stück Geld von mir erhalten und haben nichts dafür getan! Wenn Sie jetzt, wo ich etwas von Ihnen will, nicht parieren, können Sie etwas erleben!« Er schlug ihm mit dem Handrücken ins Gesicht und gab ihm einen Stoß vor die Brust. Smith flog krachend in einen Sessel. »Jetzt passen Sie auf! Ich habe Arbeit für Sie. Sie schrieben mir neulich, daß Sie nach Amerika gehen wollen - das heißt also, daß die Polizei hinter Ihnen her ist. Möglich, daß ich eine Aufgabe für Sie habe, die Sie über den Atlantik bringt, und wenn Sie die Sache gut machen, werden Sie für den Rest Ihres Lebens genug Geld haben. In den nächsten Tagen wird sich die Sache entscheiden. - Sind Sie jetzt eigentlich nüchtern genug, um mich zu verstehen?«
»Ja - ja, natürlich, Mr. Bellamy«, beteuerte Smith kleinlaut.
Bellamy fixierte ihn scharf, dann ging er zur Tür und schloß ab.
»Sie sind gerade der Richtige für diese Aufgabe - ich brauche so einen Dreckskerl wie Sie! Nun hören Sie gut zu ...«
Eine Stunde lang setzte er Smith seinen Plan auseinander.
25.
Der neue Hausmeister bewohnte das sogenannte Königszimmer im Flügel der Burgkapelle, den ein schmaler Gang mit dem Haupttrakt verband. Es war der einzige bewohnte Raum in diesem Gebäudeteil.
Noch während Smith beim Alten in der Bibliothek war, hatte der Hausmeister sein Zimmer aufgesucht. Unter seinen Sachen befand sich ein kleiner Koffer, den er bei seiner Ankunft mitgebracht hatte. Diesen Koffer öffnete er jetzt und entnahm ihm eine Anzahl dünner Metallrohre, die ein Werkzeugmacher in aller Eile für ihn angefertigt hatte. Am oberen Ende der etwa fünfzig Zentimeter langen Rohre waren kleine Thermometer eingebaut, die durch aufgesetzte, spitze Hülsen geschützt wurden. Zur Ausrüstung gehörte auch ein Hammer, dessen Kopf aus Hartgummi bestand.
Ganz unten im Koffer lag noch ein Strick mit vielen Knoten und einem Stahlhaken am Ende, den der Hausmeister am Fensterbrett befestigte.
Er trug einen dunklen Anzug und weiche Filzschuhe. Eine Weile schaute er noch aus dem Fenster in den Park hinunter, dann drehte er das Licht aus und ging in die Halle.
Es war zehn Minuten nach zwölf. Er hörte, wie soeben Smiths Auto abfuhr. Abel Bellamy kam vom Hundezwinger, die vier Tiere trotteten hinter ihm her. »Gehen Sie zu Bett - ich lasse die Hunde frei.«
Der Hausmeister ging wieder hinauf. Einer der Hunde lief auf der Treppe hinter ihm her und beschnüffelte seine Füße. In seinem Zimmer angekommen, verriegelte er die Tür. Wenige Minuten später ließ er
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