0233 - Blitzgespräche mit dem Tod
wollte er beim Pokern gewonnen haben.
Inzwischen kam auch das Resultat der Prüfung der Scheine von der Bank. Es waren alles alte, gebrauchte Noten, deren Herkunft sich nicht feststellen ließ. Nur die Nummern von zweihundert neuen Scheinen von je hundert Dollar und tausend von je zwanzig Dollar der geklauten Scheine waren notiert. Trotzdem würde es ein reiner Zufall sein, wenn man irgendwo auf eine dieser Nummern stieß. Obwohl ich der Überzeugung war, daß die Räuber schlau genug wären, um gerade diese neuen Noten zurückzuhalten.
Timoslaw und der Rote, der, wie sich ergab, Alger Lewis hieß, wurden am nächsten Morgen dem Schnellrichter vorgeführt und erhielten wegen bewaffneten Angriffs auf einen FBL-Beamten im Dienst je sechs Monate, was sehr billig war. Damit waren wir die beiden vorläufig los.
Was mich ärgerte, war, daß sich keine Handhabe bot, das sicherlich unrechtmäßig erworbene Geld, das sie mit sich herumtrugen, einzuziehen.
Direkt von der Gerichtsverhandlung fuhren Phil und ich in die 35. Straße, zu dem Haus, in dem ich die merkwürdige Unterhaltung mit dem »Boß« gehabt hatte.
Wir fuhren hinauf zum sechsten Stock, und ich fand sehr schnell die Tür, nur daß diese heute ein Schild mit den Worten trug: »Henry Traver, Kredit für jedermann.«
Ich erinnerte mich genau, daß links davon das Office eines Lotterieeinnehmers war, und so konnte ich mich nicht irren.
Als ich die Tür nach kurzem Klopfen öffnete, wußte ich, daß ich hier richtig war. Die Möbel waren dieselben, die Tür zum Nebenzimmer dagegen geschlossen.
Hinter dem kleinen Schreibtisch saß ein graues Männlein mit riesiger Nickelbrille und schrieb eifrig in einem ungeheuren Kontobuch.
»Bitte Platz zu nehmen, die Herren«, krächzte er wie ein Rabe. »Ich bin sofort fertig. Dann werde ich mich bemühen, Ihre Wünsche zu erfüllen.«
Er schrieb noch ein paar Zeilen, addierte eine Zahlenkolonne auf und löschte das Ganze sorgfältig ab. Dann klappte er den Folianten zu, faltete die Hände darüber und blickte uns aus listigen Augen an.
»Was soll es sein, meine Herren? Wieviel brauchen Sie, und welche Sicherheiten haben Sie zu bieten?«
»Wir wollen nichts weiter von Ihnen als eine Auskunft«, lächelte mein Freund. »Und ich nehme an, es wird Ihnen keine Schwierigkeiten machen, uns diese zu erteilen.«
»Nicht über meine Kunden«, protestierte das Männlein und hob abwehrend die knochige Hand mit den nikotinbraunen Fingern. »Nicht über meine Kunden. Ein Geldverleiher betreibt dasselbe Geschäft wie ein Bankier, und darum ist er zur Verschwiegenheit verpflichtet.«
»Ich glaube nicht, daß das, was wir wissen wollen, gegen Ihre Geschäftsprinzipien verstößt, Mr. Traver«, ergriff ich das Wort. »Wir möchten wissen, wer heute nacht Ihr Office benutzt hat.«
Er zog die ohnehin schon faltige Stirn zusammen, und dann schlug er mit dei flaschen Hand auf die Tischplatte.
»Habe ich das nicht gleich gewußt! Dieser Idiot von Hauswart wollte abstreiten, daß heute nacht jemand hier eingebrochen hat. Das Schloß der Tür war ordnungsgemäß geöffnet—es taugt sowieso nicht viel —, und in den Aschenbechern lagen Zigarettenenden. Da ich selbst nur Zigarren rauche, so wußte ich sofort, jemand anders müsse hiergewesen sein. Dieser oder diese anderen haben nicht nur zwei Aschenbecher mit Zigarettenstummeln verunreinigt, sondern auch eine fast volle Flasche Scotch, die ich im rechten Schreibtischfach aufbewahre, bis auf einen kleinen Rest geleert. Ich hätte eigentlich Anzeige erstatten sollen, aber ich unterließ es. Ich wollte keine Scherereien. Den Schnaps konnte ich verschmerzen, und etwas anderes, was des Mitnehmens wert war, haben die Kerle nicht gefunden. Ich bin nicht so dumm wie andere. Ich lasse nicht einmal einen Hosenknopf, geschweige denn Geld zurück, wenn ich abends hier weggehe. Woher wissen Sie überhaupt, daß jemand hier war?«
Plötzlich funkelten seine Augen angriffslustig, und er sagte:
»Sie etwa selbst? Lassen Sie sich gesagt sein, daß ich nicht nur kein Geld, sondern auch keine Papiere von irgendwelcher Bedeutung hier aufbewahre. Alle Schuldverschreibungen, Übereignungen und Wechsel meiner Kunden liegen im Banksafe, wo niemand sie stehlen kann.«
»Sie sind ein außerordentlich vorsichtiger Geschäftsmann, Mr. Traver. Allerdings haben wir an Ihren Transaktionen keinerlei Interesse. Es geht uns nur um die Leute, die heute nacht zwischen zwölf Uhr fünfundvierzig und ein Uhr
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