0235 - Disco-Vampir
vorzubeugen, um den Biß ausführen zu können.
Aber es ging nicht! Professor Zamorra war zu stark.
»Asmodis! Hilf!« kreischte die Hexe. Aber die Antwort vernahm nur sie allein.
»Warum denn? Du hast deine Aufgabe erfüllt!« hörte sie die Stimme des Höllenfürsten in ihrem Inneren. »Glaubst du, ich ginge wegen einer so niedrigen Figur wie dir, die in dem großen kosmischen Spiel überhaupt nicht auffällt, das Risiko ein, mich mit Zamorra anzulegen? Ein Narr wäre ich!«
»Aber er ist stärker!« kreischte Anny Polat.
»Sicher, Töchterchen!« kam ein meckerrides Lachen des Asmodis. »Und gleich ist die Welt um eine Vampirhexe ärmer und die Legionen des Teufels um eine Seele reicher. Zamorra nimmt uns nur noch die Arbeit ab. Denn so brauchen wir keinen aus dem geschwänzten und behuften Volke zu bemühen, deine verderbte Seele an deinem Sterbebett abzuholen. Gleich… gleich wirst du hier sein. Gleich werden wir uns sehen. Und dann wirst du von mir belehrt… vorerst einmal für eine Ewigkeit. Na, dann bis gleich… !«
Die Stimme des Höllenfürsten verklang, ohne daß sie von Zamorra gehört worden wäre. Aber der Meister des Übersinnlichen wußte, was er zu tun hatte.
Zentimeter um Zentimeter zog er die tobende Vampirhexe zu sich heran. Die Körper schmiegten sich aneinander wie bei einem Liebespaar.
Und dann geschah es. Durch den Stoff des Hemdes bekam der Körper des Vampirs Kontakt mit dem Amulett. Ein schrilles Kreischen schien fast den Lärm der Disco zu übertönen. In Anny Polats Gesicht mischte sich Verblüffung und die Erkenntnis des nahen Todes mit dem Grauen vor dem, was danach kam. Sicher waren es Worte, die sie zu artikulieren versuchte. Aber die Angst ließ ihre Stimme überschnappen.
Professor Zamorra sah, wie sich das Gesicht der Frau in rasender Folge verwandelte. Im Bruchteil von einer Minute sah er alle Altersdekaden vor sich vorüberziehen. Ein heiseres Krächzen in namenlosem Grauen aus dem Mund eines alten, verhutzelten Weibes, das eben noch Anny Polat, die Hexe, gewesen war - dann fiel der Schatten des Todes über die Dienerin der Hölle. Vor den Augen des Parapsychologen zerfiel der Körper zu Staub.
Trotz des Sieges über eine Dienerin der Finsternis verspürte Professor Zamorra eine Bitternis in sich aufsteigen. Warum war diese Frau auf die Seite des Bösen getreten? Warum hatte sie einen Pakt mit der Hölle geschlossen?
Es waren immer dieselben Fragen. Er würde sicher nie darauf eine Antwort finden. Gewaltsam verbannte er die trüben Gedanken aus seinem Innersten.
»Es ist vorbei, Cheri!« flüsterte er Nicole zu, die sich an ihn schmiegte. »Es ist ja alles vorbei…!«
Daß es jetzt erst begann, ahnte Professor Zamorra nicht…
***
Der Raum in den unterirdischen Gelassen der Barbarathermen wurde durch eine Petroleumlampe erhellt, die von den Halunken angezündet wurde. Regina Stubbe sah Gestalten, vor denen ihr schon am Tage graute. Aber hier, im blakenden Schein der Lampe, verlor alles die Wirklichkeit. Dämonen schienen das zu sein. Satanische Fratzen grinsten das Mädchen an. Gigantisch wuchsen die Schatten an den Wänden empor.
»Nehmt den Knebel weg. Sie erstickt sonst!« kam von irgendwo eine Stimme. Sofort machte sich eine breitschultrige, männliche Gestalt mit einer lilanen Punkerfrisur daran, Regina den fleckigen Lappen aus dem Mund zu ziehen.
Das Mädchen wußte, was gleich geschehen würde. Und in ihrer Wut handelte sie. Die Hand roch nach billigem Schnaps und Nikotin. Normalerweise hätte sich Regina voller Ekel abgewandt. Aber in ihrer jetzigen Situation war alles anders.
Mit aller Kraft biß Regina Stubbe in den Daumen, der in die Nähe ihres Mundes gelangt war. Ein wilder Aufschrei und ein Klatschen. Vor Schreck öffnete Regina den Mund, als die andere Hand sie voll im Gesicht traf.
Ihre Wange brannte wie Feuer. Um sie herum brüllendes Gelächter der Meute, während der Gebissene an seinem lädierten Daumen lutschte.
»Eine Wildkatze!« knurrte er. »Aber die werden wir schon zähmen… !«
»Sind ja genug Kater da!« wurde irgendwo gerufen.
»Na, dann mal los, Jungs!« johlte es aus einer anderen Ecke. »Der Schönen wird es sonst zu langweilig… !«
Im nächsten Augenblick machte Regina Stubbe die fürchterlichsten Sekunden ihres Lebens durch. Rauhe Männerhände griffen nach ihrem Körper. Der Reißverschluß verhakte sich - aber auch das hielt sie nicht lange auf. Regina Stubbe warf sich hin und her und versuchte verzweifelt, den
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