Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0236 - Voodoo-Samba

0236 - Voodoo-Samba

Titel: 0236 - Voodoo-Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Westgrenze«, sagte sie nach einer Weile. »Es ist die höchste Stelle. Sie bekommen einen fantastischen Blick über die Bucht. Schauen Sie nach links.«
    Wenn Inez del Bosque schon Fremdenführerin spielte, wollten wir ihr gern den Gefallen tun und schauten nach links.
    Noch verwehrte uns die wild wuchernde Natur den Blick, doch wenig später riß sie auf. Menschenhände hatten eine Schneise geschlagen.
    Jago bekam den Auftrag, zu stoppen.
    Er hielt.
    Auszusteigen, brauchten wir nicht. Der Punkt war günstig, der Blick mehr als wundervoll.
    Unter uns lag Rio.
    Und auch die berühmte Statue mit den ausgebreiteten Armen. Sie wurde angestrahlt, es sah so aus, als hätte sie einen Heiligenschein bekommen.
    Ein wirklich einmaliges Bild, bei dem mir die passenden Worte fehlten, um es richtig zu beschreiben. Das Meer konnte man mit welligem, dunkelblauen Samt vergleichen, auf den hin und wieder sich bewegende helle Wattetupfer lagen — die Schaumkronen.
    Erleuchtet war auch der berühmte Badestrand. Copacabana, das bedeutete nicht nur Sand und Meer, sondern auch Jubel, Trubel, Vergnügen, Restaurants, Bars, willige Mädchen und braungebrannte Playboys, die nur aufs Anmachen scharf waren und ansonsten vom Geld ihrer Väter lebten. Ich vermeinte, schwache Musikfetzen zu hören. Es konnte Einbildung sein.
    Ein strahlender Lichterglanz in der mondänen City. Kaum Beleuchtung in den Slums.
    Von meinem Standort aus glaubte ich, die gespenstische Ruhe fühlen zu können, die dort herrschte. Viele Straßenzüge besaßen kein elektrisches Licht, und nur dort, wo der Papst bei seinem Brasilien-Besuch durchgewandert war, hatte man die Umweltbedingungen verbessert. In Rio lebten Arm und Reich nebeneinander, wie auf einem Pulverfaß, dessen Lunte schon lange brannte…
    Es waren nur kurze Eindrücke, die Suko und ich in uns aufnahmen. Das andere war wichtiger.
    Macomba!
    »Wir können meinetwegen weiterfahren«, sagte ich zu Señora del Bosque.
    Sie nickte und gab eine knappe Anordnung an Jago, den Leibwächter, weiter.
    Der startete. Abermals rollte der E-Wagen fast lautlos an. Sekunden später wurde uns der Blick durch den dschungeldicht wachsenden Pflanzenwuchs wieder verwehrt.
    »Ist es noch weit?« fragte ich die Frau.
    »Nein, wir werden in wenigen Minuten da sein.«
    »Glauben Sie daran, daß wir noch andere Personen dort treffen, als nur einen Toten?« wollte Suko wissen.
    Als er das Wort »Toten« sagte, da schaute ihn die Frau seltsam und von unten herauf an. »Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen«, erwiderte sie gerade so laut, daß sie das Summen des Motors übertönte.
    »Also Macomba-Diener«, präzisierte ich.
    »Vielleicht.«
    »Ich wundere mich nur darüber, daß wir keine auf Ihrem Grundstück gesehen haben, Señora.«
    »Sie halten sich versteckt.« Ein verkniffenes Lächeln zuckte um ihren Mund. »Glauben Sie mir, Mr. Sinclair, die sind überall, sie halten uns unter Beobachtung.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, da hob sie den Kopf und schaute zum Himmel. »Da, sehen Sie doch!«
    Auch wir hoben die Köpfe.
    Schädel schwebten über uns. Rote Schädel und von innen gelb ausgeleuchtet. Sehr deutlich hoben sie sich von der dunklen Farbe des Himmels ab. Wieder erinnerten sie mich an Kometen, als sie über das Firmament rasten und dann verschwunden waren.
    »Da haben Sie Ihre Diener«, sagte die Frau.
    Und Jago knurrte: »Macomba, Macomba…«
    Wie er das aussprach, da konnte einem schon angst und bange werden.
    Wir waren einiges gewohnt. Mich erfaßte eine innerliche Spannung, zudem wollte ich wissen, wie das alles zusammenhing, zwischen den Dienern und den Masken.
    Wir waren so in unser Gespräch vertieft gewesen, daß ich nicht bemerkt hatte, wie frei die Gegend plötzlich geworden war. Der Wald hatte sich gelichtet, wir fuhren in eine kultivierte Parklandschaft hinein, und Jago stoppte.
    »Endstation«, sagte die Señora mit dumpfer Stimme.
    Wir stiegen aus. Suko und ich mußten uns erst umdrehen, um alles erkennen zu können.
    Vor unseren Augen lag ein Rondell. Sehr gepflegt, mit einem satten grünen Rasen und dazwischen die tropischen Blumen mit ihren leuchtenden Farben. Aus der Mitte des Rondells erhob sich eine Figur, ein Mann. Er stand da in Feldherrenpose, wurde von zwei dünnen Strahlern angeleuchtet, und ich hörte die leisen Worte der Inez del Bosque.
    »Das ist mein Gatte!«
    Ich verstand diesen Kult nicht, der hier Auferstehung feierte. So etwas sah man sonst nur in kommunistischen Staaten

Weitere Kostenlose Bücher