0236 - Voodoo-Samba
nicht an, ich sah nur sein widerliches, häßliches, dreieckiges Gesicht, das die Form eines Ziegenbockkopfes zeigte, der allerdings seltsame Bemalungen aufwies, wie sie dem brasilianischen Dschungelzauber entsprachen.
Zwischen Mund und Augen befanden sich rotgelbe Streifen, unter den Augen mit dem kalten Glanz sah ich dunkelrote Ringe, und grünlich schillerte die Stirn.
»John Sinclair!« Jetzt sprach er auch, und seine Stimme klang aus allen Richtungen, als würden wir beide in einem großen Trichter stehen.
»John Sinclair, wir sehen uns wieder, das hatte ich dir versprochen.«
»Natürlich, Asmodis. Hattest du daran gezweifelt?«
»Nein.« Er lachte dröhnend. »Aber inzwischen ist viel passiert. Ich denke nur an deine ehemalige Freundin Jane Collins. Ich weiß über sie Bescheid. Wikka, meine sehr treue Dienerin, hat mir berichtet, wie gut es ihr geht und wie hervorragend sie sich in den Hexenreihen eingefügt hat. Sie war eine sehr gelehrige Schülerin, das muß man ihr fassen. Selbst ich wurde davon überrascht.«
»Bist du erschienen, um über Jane Collins zu sprechen?« fragte ich und horchte gleichzeitig auf, da ich in meinem Rücken Schritte vernahm.
»Nein, das nicht.«
»Sondern?«
»Ich werde Cassara gegen dich einsetzen. Vielleicht schafft er es, dich zu töten. Lange genug hat er üben können. Wenn nicht, hat er Pech gehabt, ich existiere weiter und kann neue Pläne schmieden. Du weißt doch, Geisterjäger, der Teufel ist unausrottbar. Er kann wohl Niederlagen erleiden, aber er wird sich immer wieder erholen und neue Möglichkeiten finden. Wie hier in Brasilien. Macomba lebt weiter. Diesen Zauber kann man nicht brechen. Er steckt in den Herzen der Menschen, und man wird weiterhin flüsternd von ihm sprechen.«
Ich sprach nicht flüsternd, sondern laut und deutlich, wobei mir die Worte fast von selbst über die Lippen rutschten.
»Terra pestem teneto — Salus hic maneto!«
Es waren die Worte, die das Kreuz aktivierten.
Und es reagierte!
***
Eigentlich hatte ich die Worte nicht bewußt ausgesprochen. Es war eine automatisch ablaufende Folgereaktion gewesen. Schon immer war ich stark auf mein Kreuz festgelegt gewesen, in der letzten Zeit hatte ich von dessen Herkunft erfahren, ich wußte, daß es von dem Propheten Hesekiel erschaffen worden war, als dieser sich in babylonischer Gefangenschaft befand, und damals schon, weit vor unserer Zeitrechnung, wußte dieser Mann, daß ich einmal der Träger sein würde.
Er hat in dieses Kreuz all seine ihm bekannten Geheimnisse hineingestempelt, die Zeichen anderer Mythologien, sogar die heilige Silbe aus Indien war ihm bekannt gewesen, aber auch die vier Erzengel mußte er nicht nur gekannt, sondern auch persönlichen Kontakt mit ihnen gehabt haben. Sie hatten das Kreuz letztendlich geweiht.
Die alte überlieferte Formel, die ich nun wußte, bezog sich zwar auf das gesamte Kreuz, sie konnte allerdings auch der Mythologie entsprechend reagieren.
Das bemerkte ich hier.
Nicht aus dem Zentrum des Kreuzes schlug der Blitz, sondern an seinen Seiten wurde es strahlend hell.
Dort hatten die Erzengel ihr Zeichen hinterlassen. Und sie waren die Feinde der Hölle, vor allen Dingen Luzifers Todfeind, denn der Satan war der Überlieferung nach ebenfalls ein Erzengel gewesen, der, jedoch die Macht gesucht hatte und größer sein wollte als Gott. Er hatte den Aufstand geprobt, doch der Erzengel Michael hatte Luzifer in die Hölle gestoßen.
Diese überlieferte Szene war oft abgebildet worden. Zahlreiche, alte Holzschnitte zeigten Luzifer als einen Drachen, dessen Leib von dem Schwert des Erzengels durchbohrt wurde.
Das war der erste Sieg des Guten über das Böse!
Seit dieser Zeit hatte es zahlreiche Schlachten und Kämpfe gegeben.
Das Böse war nicht ausgerottet worden, es regenerierte sich immer wieder. Zum Glück jedoch blieb das Gute auch bestehen, und es gab immer wieder Menschen, die sich auf seine Seite stellten.
Wie meine Freunde und ich.
Das Kreuz leuchtete an seinen Enden auf. Ich schaute in das helle Licht, stand da wie ein Felsen, war vor Ehrfurcht und Demut stumm geworden, denn ich glaubte, innerhalb der Helligkeit vier Gesichter zu sehen, wie sie mir schon einmal begegnet waren, als Asmodis auf seiner Blutorgel spielte.
Vier Helfer hatten den Ruf gehört, und sie kämpften mit der Kraft ihres Lichts. Die Teufelsfratze war machtlos.
Sie wurde vernichtet.
Gellende, unheimliche Schreie schallten durch die Nacht und übertönten auch das
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