0239 - Der letzte Raum hat keine Fenster
gewachsen ist«, konnte ich mich nicht enthalten, meinen Senf dazuzugeben.
Ganz langsam drehte sich der Kerl um. Sein missgeformter Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. Er war mindestens sechs Fuß groß und breit wie ein Kleiderschrank. Vor ein paar Jähren musste er ein Kraftprotz gewesen sein, aber jetzt hatte er Fett angesetzt, und sein Gesicht trug die Spuren vieler Laster.
»Bist du mir vielleicht gewachsen, du Affe?«, röhrte er und kniff die Augen zusammen.
»Von deiner Sorte verzehre ich drei zum Frühstück«, antwortete ich und grinste.
»Hackfleisch mache ich aus dir.« Er drohte und kam auf mich zu.
Er war gerade noch zwei Schritte von mir entfernt, als ich ihm das frisch gefüllte Glas Whisky ins Gesicht schüttete. Er heulte auf, stolperte über einen Barhocker und griff sich an die Augen. Ein Schwall von gemeinen Flüchen ergoss sich über mich. Ich wartete geduldig ab. Als er die Augen wieder öffnete, waren sie rot vom Whisky und vor Wut.
Er kam an wie ein Rammblock. Ich ging einen Schritt zurück und warf meinen Hocker um. Er stolperte und schlug mit der Stirn gegen die Bar. Damit war der Fall erledigt.
Der Pförtner trat in Erscheinung und versuchte ihn hochzuheben, aber der Bursche war out.
»Vier Dollar fünfzig«, sagte der Barmann.
Die Taschen des Kerls wurden durchsucht. Es fand sich eine Fünfdollarnote. Fünfzig Cent wurden wieder hineingesteckt, und dann schleifte der Portier unter den anfeuemden Rufen der übrigen Gäste die »Leiche« hinaus auf die Straße.
»Kommt der Bursche öfter hierher?«, fragte ich.
»Ja, leider, aber die meisten Gäste kennen ihn und machen einen großen Bogen um ihn. Er hat Minderwertigkeitskomplexe, und deshalb sucht er Krach. Übrigens ist er nicht der einzige von seiner Sorte. Wir haben noch einen, aber der reist auf eine andere Tour. Er sucht sich irgendein hübsches Mädel aus und zählt ihr so lange Scheinchen auf den Tisch, bis sie die Hasenscharte nicht mehr sieht. Dann haut er mit ihr ab.«
Ich griff in die Tasche und zeigte ihm Harelip-Bobs Fotografie.
Da es eine Aufnahme des Erkennungsdienstes war, hing ihm eine Tafel mit seiner Nummer um den Hals.
»Ja, der ist es. Ein Ex con, ein ehemaliger Sträfling«, meinte der Mixer. »Was hat er denn ausgefressen?«
»So allerhand Dinge, die mit Mädchen zu tun hatten.«
»Kann ich mir denken.« Dann musterte mich der Barmann. »Sind Sie ein Cop?«
»Nein«, sagte ich mit gutem Gewissen. »Aber ich interessiere mich für den Burschen. Im Übrigen seien Sie vorsichtig mit ihm, wenn er wiederkommt. Er ist ein Killer.«
Ich gab ihm einen Wink, ans Ende der Bar zu kommen, und raunte ihm zu.
»Wenn er sich wieder blicken lässt, so rufen Sie LE 5-7700 an und sagen Sie nur, Harelip-Bob sei hier. Das Übrige überlassen Sie uns.«
»Also doch ’n Cop«, griente er.
»Nein, ein G-men, wenn Sie es unbedingt wissen wollen.«
Ich bestellte mir einen neuen Drink und hatte dann noch eine kleine Kontroverse mit dem Barmann, der kein Geld von mir nehmen wollte.
»Sie haben uns eine so große Gefälligkeit erwiesen, als Sie uns den Kerl vom Hals schafften, dass es auf die paar Pennies nicht ankommt,«
Er war ordentlich beleidigt, als ich auf Bezahlung bestand.
Als ich über den Broadway zurückfuhr und am Paris Revue Theater vorbeikam, sah ich, dass auch in der dazugehörigen kleinen Bar noch Betrieb war. Ich stoppte, um mir den Laden einmal anzusehen.
Wie ich mir gedacht hatte, war er klein, aber fein. Alles war aus Glas, die Wände, die Decke und das Tanzparkett, rund um dieses hatte man einen dicken Teppich gelegt, so dass ich nicht wusste, was darunter war. Auch die Bar war aus Glas ebenso wie die Tischplatten. Nicht gläsern und damit undurchsichtig waren die Fräcke der Kellner und die Kleider der vielen, hübschen Mädchen, die sich bei Drinks und mit den dazugehörigen Männern amüsierten.
Die Mädchen waren so hübsch, dass ich sofort auf den Gedanken kam, sie gehörten samt und sonders zu Mr. Greasebacks Show. Ganz gegen meine Erwartung war auch Mercedes Passada da.
Ihr weißes Abendkleid war schulterfrei. Es gefiel mir. Sie saß inmitten einer mehr oder weniger angetrunkenen Gesellschaft und war selbst alles andere als nüchtern.
Mercedes sah mich.
»Jerry!«, quiekte sie durch das ganze Lokal. »Jerry! Bist du auf Gangsterjagd?«
Ich hätte ihr am liebsten ein Handtuch in den Mund gestopft, aber es war besser, die Sache mit Humor zu nehmen.
»Nein, Darling, ich jage
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