0239 - Der letzte Raum hat keine Fenster
dich«, lachte ich und wollte mich vorbeidrücken, aber das gelang mir nicht.
Sie bekam mich am Ärmel und zog mich heran.
»Toby, rücke ein Stück und bringe einen Stuhl. Dies hier«, sie bohrte mir ihren Zeigefinger in den Magen, »dies hier ist ein G-men, und der muss neben mir sitzen. Der weiß auch, wer verdurstet. Der ist nämlich klug.«
Die ganze Tafelrunde lachte. Den G-men glaubte ihr kein Mensch. Ich musste mich wohl oder übel hinsetzen, und dann begann sie mit der Hartnäckigkeit von Betrunkenen von neuem.
»Wer hat Durst?«
»Ich«, versuchte ich abzulenken, aber das half nichts.
»Du bekommst so viel, wie du willst, aber zuerst sage mir, wer Durst hat.«
»Die verfluchte Rose in Ihrem Ausschnitt«, grinste ich.
»Und was macht man da?«
»Man nimmt sie heraus und steckt sie in eine Vase.«
»Du bist doch nicht klug. Man nimmt sie nicht heraus. Man gibt ihr etwas zu trinken.«
Damit drückte sie mir ihr gefülltes Champagnerglas in die Hand. Aber ich dachte nicht daran, die Rose zu füttern.
»Jetzt trinken wir zusammen. Johnny, eine neue Flasche«, rief Mercedes Passada, die sich jetzt allerdings genauso aufführte, wie ich mir das von Mary Coppersmith vorgestellt hatte.
»Der Sekt schmeckt wie Limonade«, konstatierte sie. »Johnny, bringe uns eine Flasche Martell.«
Das konnte heiter werden. Ich wusste, was für ein höllisches Gesöff Champagner mit Cognac ist. Wenigstens wollte ich die Mischung übernehmen, aber da war ich schief gewickelt. Sie dirigierte den Kellner und achtete darauf, dass es genau halb und halb war. Das erste Glas leerte ich notgedrungen, das zweite und dritte ging unter den Tisch.
Langsam fing Mercedes-Mary an, ruhiger zu werden.
»Bringst du mich nach Hause, Jerry?«, fragte sie.
»Aber gerne«, versicherte ich notgedrungen.
»Johnny, schreib den ganzen Kram auf meine Rechnung. Du kannst sie morgen dem Dicken präsentieren.«
Dann stand sie, von mir tatkräftig unterstützt, auf, hängte sich an meinen Arm und ließ sich hinausschleifen. Die anderen schienen nicht mehr für sie zu existieren.
An der Garderobe hatte ich noch einen kleinen Ringkampf zu bestehen, bis ich sie in ihren Mantel verpackt hatte. Ich gab dem Boy die Zündschlüssel meines Wagens , damit er ihn vom Parkplatz herüberhole. Mercedes wäre nicht imstande gewesen, die hundert Fuß zurückzulegen.
Ich verfrachtete sie auf dem Beifahrersitz und klemmte mich hinter das Steuer. Während wir fuhren, sang sie aus voller Kehle mehr oder weniger unanständige Schlager. Als wir aber dann in den River Side Drive einbogen, wurde sie ruhiger, so ruhig, dass ich mich besorgt nach ihr umblickte.
Da lag sie selig entschlummert in der Ecke. Jetzt, da ihr Gesicht entspannt war, sah sie wirklich nett aus, fast wie ein schlafendes Baby. Vor Nummer 406 angekommen, holte ich den Hausschlüssel aus ihrem Handtäschchen, aber da ergab sich eine unvorhergesehene Schwierigkeit.
Es war unmöglich, sie aufzuwecken. Ich ließ sie also schlafen, öffnete die Haustür und auch die des Lifts. Dann nahm ich sie auf die Arme, schleppte sie hinein und fuhr nach oben. Vor dem Appartement setzte ich sie kurzerhand auf den Boden, so dass sie mit dem Rücken gegen die Wand lehnte, und suchte nunmehr auch diesen Schlüssel, aber ich brauchte ihn nicht.
Die Tür wurde von innen geöffnet, und Janette stand freundlich lächelnd vor mir. Sie warf einen Blick auf ihre Herrin und feixte.
»Na, das haben wir lange nicht mehr gehabt. Mr. Greaseback wird fuchsteufelswild, wenn sie sich besäuft.«
»Soll ich sie hineinbringen?«, fragte ich.
»Sie würden mir einen Gefallen tun. Für mich ist sie etwas schwer.«
Ich schleppte sie also bis zu ihrem Himmelbett und legte sie darauf nieder.
»Jetzt werden Sie es wohl allein schaffen, Janette«, sagte ich.
»Darin habe ich Übung.«
Ich machte Anstalten, mich zu verziehen.
»Wenn Sie noch fünf Minuten warten, so lade ich Sie zu einer Tasse Kaffee ein«, sagte Janette.
Einen Augenblick überlegte ich. Ich hatte das Gefühl, dass sie damit einen bestimmten Zweck verfolge.
»Ich warte draußen«, entgegnete ich.
Ich verzog mich ins Wohnzimmer.
Es dauerte gute zehn Minuten, bis Janette zurückkam.
»Sie pennt«, sagte sie respektwidrig, verschwand in der Küche und kam gleich danach mit dem herrlichsten Mocca zurück.
»War denn ihr Dicker heute Abend nicht dabei?«, fragte sie.
»Nein. Ich traf sie in der Theaterbar, aber von Mr. Greaseback habe ich nichts
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