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024 - Lebendig begraben

024 - Lebendig begraben

Titel: 024 - Lebendig begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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wartete, bis es hielt. Erst als ich sehen konnte, dass es wirklich leer war, hastete ich darauf zu. Aus den Augenwinkeln glaubte ich drei Männer zu sehen, die in die Straße einbogen.
    Ich rüttelte heftig an der Wagentür, die sich nicht gleich öffnete.
    „Na, na!“ meinte der Fahrer. „Das ist keine Zelle, sondern ein Auto. Und Sie wollen nicht ’raus, sondern ’rein.“
    „Reden Sie nicht so viel!“ zischte ich. „Öffnen Sie doch endlich!“
    Er machte umständlich auf, während die drei näher kamen. Es schien mir, als hätten sie ihre Schritte beschleunigt.
    „Der Koffer muss in den Kofferraum“, meinte der Fahrer.
    Ich stellte den Koffer neben mich und schloss die Tür.
    „Ich werde verfolgt“, erklärte ich ruhig. „Möglicherweise sind es die drei da hinten. Das sind harte Burschen, und sie werden keinen Zeugen brauchen können.“
    „Warum sagen Sie das nicht gleich?“ stieß er hervor und klemmte sich mit blassem Gesicht hinter das Steuer.
    Er fuhr los, bevor ich ihm noch gesagt hatte, wohin es gehen sollte. Ich atmete auf, als wir in die Querstraße einbogen, und die drei Gestalten meinem Blick entschwanden.
    „Wenn das ein Trick war, Freundchen“, meinte der Fahrer vielsagend.
    „Kein Trick“, beschwichtigte ich ihn. „Die Drei waren es offenbar nicht. Benutzen Sie wenig befahrene Seitenstraßen und bringen Sie mich zum Bahnhof! Ich muss so schnell wie möglich aus der Stadt.“
    Er nickte stumm. Mehrmals blickte er aus dem Rückfenster, aber die Wagen, die hinter uns herfuhren, waren nie lange die gleichen.
    Der Taxifahrer setzte mich am Bahnhof ab. Man sah ihm deutlich seine Erleichterung an. Er hatte es eilig, wegzukommen.
    Ich tat den Koffer in ein Schließfach und sah mir an, welche Züge abends abfuhren und wohin, und beschloss, Franziska sein zu lassen und abzufahren. Aber ihr verdankte ich wahrscheinlich mein Leben.
    Ich begab mich in eine Telefonzelle, suchte eine Weile nach der Nummer des Lokals, fand sie schließlich und bekam einen Herrn namens Axel an den Apparat, der mir in kurzer Zeit Franziska herbeiholte.
    „Gerrie, wo bist du?“ fragte sie aufgeregt. „Es ist doch nichts geschehen – oder?“
    „Nein“, beruhigte ich sie. „Ich bin auf dem Bahnhof.“
    „Bahnhof? Fährst du ab?“
    „Ja, Franziska. Ich …“
    „Wohin?“
    „Irgendwohin“, antwortete ich resigniert.
    „Aber Gerrie, das ist Unsinn!“ rief sie eindringlich. „Du kannst nicht vor dir weglaufen.“
    „Ich will es wenigstens versuchen.
    Ich komme mir hier wie ein Tier in einem Zoo vor, über das alle etwas wissen, nur ich nicht. Ich habe es satt, alle möglichen Dinge vorzugeben. Es erscheint mir alles so unsinnig. Manchmal denke ich, die Zeitungen haben sich einen verdammten Scherz mit mir geleistet. Für mich beginnt die Realität in dem Augenblick, als ich in dem Sarg erwachte. Ich habe nicht den Funken einer Erinnerung. Wüsste ich nicht, dass junge Menschen nicht in Särgen geboren werden und nicht als Erwachsene mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, dann würde ich mich für ein neugeborenes Baby halten. Aber so kann ich den Gespenstern nur entfliehen, wenn ich hier fortgehe. Und das werde ich noch heute Nacht tun.“
    „Du machst einen Fehler, Gerrie.“
    „Vielleicht. Aber das Risiko muss ich eingehen. Ich nehme ganz andere Risiken auf mich, wenn ich hier bleibe.“
    „Du brauchst mich, Gerrie. Bitte geh nicht! Nimm mich mit!“ Ihre Stimme war plötzlich von Eifer erfüllt. „Nimm mich mit, Gerrie!“
    „Leb wohl, Franziska!“ sagte ich und hängte ein.
    Das schien mir selbst ein wenig theatralisch – aber wirkungsvoll. Ich wollte ihre Argumente nicht hören. Ich wollte die Vergangenheit abstreifen. Gründlich abstreifen. Mit Franziska wäre das unmöglich, denn sie war ein Teil dieser Vergangenheit – eines der Gespenster. Das hübscheste, dachte ich schmerzlich. Es war schade, dass ich sie zurücklassen musste mit all dem anderen – Unerfreulichem. Aber ich musste frei sein. Ja, ich lief davon – auch vor mir selbst.
     

     

Die nächsten beiden Züge fuhren nur in die umliegenden Orte. Dann folgte ein Schnellzug, der nur in großen Städten hielt. Aber schließlich fand ich einen geeigneten Zug, der in etwas weniger als einer Stunde abfuhr. Es war ein Personenzug, und erhielt an vielen kleinen Orten.
    Ich verbrachte die Wartezeit im Restaurant, trank ein Bier und aß eine Kleinigkeit. In irgendeiner Illustrierten las ich einen Artikel über den Mond und

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