0240 - Vampir-Kosmetik
meinem Alter, blieb stehen und schaute mich überrascht an.
»Was machen Sie denn da?« fragte er mich, wobei er die Tüten abstellte.
»Ich war in der Wohnung.«
»Einbrechen, wie?«
»Nein, nein«, antwortete ich hastig und zeigte ihm meinen Ausweiß, bevor er den Helden spielen konnte.
Er prallte zurück. »Polizei!« Dann lachte er auf. »Das mußte ja mal so kommen.«
»Wieso?«
»Na ja, dieses Weib hat ja einen entsprechenden Lebenswandel geführt, wie man allgemein annahm.«
»Und was nahm man so an?«
»Wissen Sie das denn nicht?«
»Nein.«
Er winkte ab. »Bewiesen ist noch nichts. Zudem soll man über andere Leute nicht so reden…«
»May Fuller ist tot.«
Da wurde er bleich. Schlagartig veränderte sich seine Gesichtsfarbe, er ging zwei Schritte zurück und lehnte sich gegen die Flurwand. »Damit habe ich nicht gerechnet. Ist sie… ist sie ermordet worden, Sir?«
»Nein.« Eine nähere Erklärung gab ich nicht.
Der Mann spielte mit dem Revers seines Mantels. »Ganz normal war die ja nicht.«
»Wieso?«
»Die war kaum zu Hause. Und wenn, dann hörte man seltsame Geräusche aus der Wohnung. Manchmal Schreie, und wir konnten auch einzelne Worte verstehen. Sie sprach von Blut und so…«
»Sonst ist Ihnen nichts aufgefallen?«
»Nur daß sie eben als Kosmetikerin arbeitete. Aber das hat kaum jemand geglaubt. Die meisten Hausbewohner waren der Meinung, daß sie auf den Strich gehen würde.«
»Was aber nicht bewiesen war.«
»Nein, und sie hat auch nie versucht, einen von uns anzumachen, wenn Sie das meinen.«
»Kennen Sie Kolleginnen von ihr? Hatte Mrs. Fuller des öfteren Besuch bekommen?«
»Nie, soviel ich weiß. Die war immer allein. Kam auch ganz selten zu uns.«
»Danke, das reicht. Ach so, noch eine Frage. Sie arbeitete bei Bella Cosmetic’s, nicht?«
»Ja. Haben Sie da schon Bescheid gesagt?«
»Das werde ich, vielen Dank.«
Ich fuhr mit dem Lift wieder nach unten. Diese May Fuller hatte in der Tat ein seltsames Leben geführt. Aber welch ein Leben sollte man als Vampir schon führen? Normal konnte es nicht sein.
Über den Fall dachte ich auch weiterhin nach, während ich zum Parkhaus ging und den Bentley noch so vorfand, wie ich ihn verlassen hatte. Ich stieg wieder ein und verließ die unterirdische Halle. Draußen mußte ich die Scheinwerfer einschalten. Es war dunkel geworden, und über den Straßen lag ein leichter Dunst, eine Mischung aus Nebel und Abgasen.
Nicht eben gesundheitsfördernd.
Kurz vor Geschäftsschluß ist London ein einziger Parkplatz. Stop and Go, so hieß die Devise. Ich kam nur im Schritttempo voran und hatte Angst, daß ich mein Ziel nicht mehr rechtzeitig erreichte. Der Laden war bestimmt schon geschlossen.
Parken konnte ich auch nicht in der Nähe, so stellte ich den Bentley in ein Parkverbot. Über den Strafzettel, der nach meiner Rückkehr an der Scheibe kleben würde, ließ sich sicherlich reden.
Als ich ausstieg, umfing mich eine bunte Welt aus Leuchtreklamen und Lichtern.
In dieser Straße war alles vertreten. Geschäfte, Wohnhäuser, Kinos, ein kleines Theater und auch der Kosmetik-Laden. Hinter dem Schaufenster war es besonders hell, allerdings konnte ich nicht in das Geschäft hineinschauen.
Der Eingang lag neben dem Schaufenster. Ich ließ zwei Frauen passieren, die aus dem Laden kamen, und roch ihr Parfüm. Die waren vielleicht aufgeputzt.
Lachen durften sie nicht, dann wäre die dicke Schminke sicherlich abgebröckelt.
Nach den Frauen schlüpfte ich in das Haus und wurde von einem bedauernd lächelnden Mädchen begrüßt.
»Tut mir leid, Sir, aber für heute nehmen wir keine Kunden mehr an. Oder wollen Sie sich anmelden?«
Ich schaute auf das Namensschild des Mädchens, das es oben am Kittel trug. Janine, las ich dort. »Nein, Miß Janine, ich wollte keines von beiden, sondern mit der Besitzerin, Bella Benson, sprechen.«
Jetzt wurde auch die Stimme bedauernd. »Ich fürchte, Sir, Miß Benson wird keine Zeit für Sie haben. Wir können aber gern einen Termin vereinbaren, ich sage Ihnen Bescheid, wann…«
Ich schüttelte den Kopf. »Das möchte ich nicht. Ich muß jetzt mit ihr reden.«
»Sir, ich…«
Sie sprach nicht mehr weiter, weil sie einen Blick auf meinen Ausweis geworfen hatte. »Sagt Ihnen das etwas, Miß Janine?«
»Scotland Yard?«
»Genau.«
Janine holte tief Luft. Sie war ein wenig durcheinander, ihre fahrigen Handbewegungen verrieten dies.
»Kann ich jetzt mit ihr reden?«
»Ich weiß es
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