Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0241 - Der Pesthügel von Shanghai

0241 - Der Pesthügel von Shanghai

Titel: 0241 - Der Pesthügel von Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hatte, waren seine Augen kaum zu erkennen gewesen. Nun aber entdeckte ich sie. Sie wirkten wie kleine, blasse Kugeln in einem Gesicht, das sich nur aus Falten zusammensetzte.
    Schließlich nickte er, und Suko stieß prustend die Luft aus, bevor er sich an mich wandte: »Jetzt weiß ich einiges mehr, Alter.«
    »Und was?«
    »Wirst du gleich hören. Ich kann dir aber schon eins sagen: leicht werden wir es nicht haben.«
    »Damit rechnete ich auch nicht.«
    »Na ja, okay.« Suko gab sich ganz weltmännisch und hob beide Schultern an. »Der Alte berichtete mir von einer Untat oder einem Vergehen, das lange zurückliegt. Hier hat ja die Pest geherrscht. Viele Kranke wurden verbrannt, wie Quen auch sagte, und einige in den Sumpf geworfen. Unter diesen Menschen, die man dem Sumpf übergab, befand sich einer, der anders war als die anderen. Man konnte ihn zwar nicht als den Dorfheiligen bezeichnen, doch als einen Medizinmann, der versprochen hatte, die Kranken wieder zu heilen. Er beschwor die Götter, hockte nächtelang in seiner Hütte, während um ihn herum die Leute starben und das Schreien der Kranken in seinen Ohren gellte. Dann kamen die Soldaten des Kaisers. Sie sprengten in das Dorf und richteten die großen Scheiterhaufen auf, wo die Pestkranken sterben sollten. Man sagte dem Weisen Bescheid, daß Soldaten angekommen waren. Und dieser Mann ergriff die Initiative. Er holte sich einige Getreue zusammen, um mit ihnen die Flucht zu wagen. Während die Soldaten ihren Rausch ausschliefen, sie verbanden eine Strafexpedition immer mit viel Reiswein, schlichen der Medizinmann und fast alle männlichen Einwohner aus dem Dorf, um sich im nahen Sumpf zu verstecken. Leider ist der Plan verraten worden. Nicht alle Soldaten waren betrunken. Einige von ihnen lauerten am Dorfende auf die Menschen, sahen plötzlich die Pestkranken und machten mit ihnen kurzen Prozeß. Sie schleuderten sie in den Sumpf, auch den Medizinmann, der übrigens den Namen der Jademann trug.«
    »War das alles?« fragte ich.
    »Fast.«
    »Und die Moral von der Geschichte?«
    »Kommt jetzt«, erwiderte Suko. »Man hatte dem Burschen nicht umsonst den Namen Jademann gegeben. In der chinesischen Mythologie ist der Erhabene aus Jade einer der höchsten Götter. Ihm hat der Medizinmann gedient und sich jahrelang mit seinem Zauber beschäftigt, den der Erhabene aus Jade hinterließ. In einer stürmischen Nacht soll er dem Magier erschienen sein und ihm etwas gegeben haben, das er mit in den Sumpf nahm. Es war ein langer Dolch aus Jade, dessen Klinge mit dem Blut des Medizinmannes gefüllt werden mußte, so daß der Dolch immer rot schimmerte. Das hat der Knabe getan und bekam somit die Macht.«
    »Auch über die Toten?«
    »Die Legende besagt, daß er die Menschen, die mit ihm in den Sumpf geworfen wurden, kurz vor ihrem Tod mit dem blutgefüllten Jadedolch berührt hat.«
    »Dann muß er ihnen Wunden zugefügt haben«, folgerte ich.
    »So wird es gewesen sein.«
    »Haben sie damit ein untotes Leben bekommen?«
    Suko hob die Schultern. »Genaues weiß niemand. Es wird aber so gewesen sein.«
    Ich runzelte die Stirn. »Aus welchem Grunde sind die Sumpfmonstren gerade jetzt zurückgekehrt?«
    »Dafür gibt es keine direkte Erklärung, nur eine Vermutung, die mir Ai-Fu-Tschi genannt hat. Es muß irgendwie mit den tektonischen Gegebenheiten dieses Landstrichs zusammenhängen, erklärte er. Wie wir aus unseren Zeitungen wissen, hat es in Zentralchina ungeheuer starke Erdbeben gegeben. Das liegt zwar schon länger zurück, aber die Ausläufer des Erdbebens müssen auch diesen Sumpf erfaßt haben. Was wissen wir denn, was unter der braunen Oberfläche alles geschehen ist? Da können Umwälzungen stattgefunden haben. Untote, die jahrelang tief unten geschmachtet hatten, wurden wieder an die Oberfläche gedrückt. Das ist auch meine Erklärung. Zudem haben wir mit Moorgeistern ja unsere Erfahrungen.«
    Da hatte Suko ein wahres Wort gesprochen. Ich brauchte nur an die Bestien aus dem Geistersumpf zu denken, die uns in Norddeutschland so großen, Ärger bereitet hatten. [3]
    Ich nickte. »Das wird es wohl sein«, erklärte ich und schaute Quen an, der in den letzten Minuten kein Wort gesprochen hatte.
    »Was sagen Sie denn als Offizieller dazu?«
    »Nichts.«
    Ich lachte. »Sie nehmen es so hin?«
    »Ja und nein. Ich würde es natürlich nie offen zugeben, deshalb muß die Gefahr im Keim erstickt werden, und aus diesem Grunde haben wir sie rufen lassen.«
    »Wirklich

Weitere Kostenlose Bücher