0241 - Der Pesthügel von Shanghai
toll.« Ich grinste schief und schaute meinen Freund Suko wieder an. »Gibt es eine Gegenwaffe, mit der der Jademann besiegt werden kann?«
»Nein. Wenigstens kennt Ai-Fu-Tschi keine. Der Fall liegt auch kompliziert, denn der Erhabene aus Jade war kein schlechter Dämon, sondern ein guter Geist. Willst du ihn mit weißer Magie bekämpfen, John? Das wird kaum klappen.«
Wenn ich darüber nachdachte, hatte Suko vielleicht recht. Es würde wirklich haarig werden, denn wir hatten wenig Konkretes in der Hand. Wir mußten uns erst einmal auf das Glück verlassen.
»Und wie sollen wir vorgehen?« wandte ich mich an Quen. »Haben Sie sich schon darüber Gedanken gemacht?«
»Ich kann Ihnen nur mit Vorschlägen dienen.«
»Dann bitte.«
»Die Gefahr geht vom Sumpf aus. Es ist unmöglich, ihn trockenzulegen, deshalb sollte man die Bestien da bekämpfen, wo sie aus der braunen Erde steigen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, wir werden nicht in das Sumpfgebiet hineingehen, denn das käme einem Selbstmord gleich. Zudem kennen wir die Wege, die es vielleicht gibt, nicht.«
Da lächelte Quen ein wenig überlegen. »Sie vergessen eins, Mr. Sinclair. Es existiert dort der Knüppeldamm. Er durchschneidet den Sumpf und ist begehbar.«
Das stimmte allerdings. »Und doch hat es meinen Landsmann dort erwischt.«
»Er war unvorbereitet. Sie werden es nicht sein.«
Dieser Knabe hatte auch für alles ein Gegenargument. Ich mußte da passen. Und ablehnen konnten wir nicht, sonst wären wir selbst noch im Sumpf gelandet.
Die Raffinesse der Chinesen war wirklich nicht zu überbieten. Obwohl ich die Tat verachtete, kam ich nicht umhin, diese Leute irgendwie zu bewundern. Sie hatten uns in Zugzwang gebracht, und wir waren ihnen ausgeliefert. Was Dämonen nicht geschafft hatten, brachten diese Leute durch einen fast simplen Trick fertig. So etwas war mir in meiner Laufbahn auch noch nicht passiert.
Ich wandte mich wieder konkreteren Dingen zu und damit meinem kompetenten Gesprächspartner Quen. »Was ist alles noch passiert?« wollte ich von ihm wissen.
»Bisher nur der eine Mord. Und der hat uns gereicht.« Mit der letzten Antwort war er mir fast sympathisch geworden.
Ich lächelte und fragte weiter: »Gibt es hier eigentlich auch Gasmasken?«
»Nein, wieso?«
Ich deutete in Richtung Tür. »Den Gestank draußen können vielleicht Schweine aushalten, aber dazu zählen wir uns nicht. Wir haben keine langen Ohren und auch keine Ringelschwänze.«
»Das glaube ich Ihnen gern.« Quen lächelte. »Nur müssen Sie sich den Gegebenheiten hier anpassen. Die Menschen aus dem Dorf tragen auch keine Masken. Wird der Gestank zu schlimm, binden sie sich Tücher vor Mund und Nase. Damit kann ich Ihnen allerdings dienen.«
»Danke, die haben wir selbst.«
Draußen entstand plötzlich Lärm. Jemand schrie laut und klagend. Andere Stimmen fielen mit ein, mir kam es vor, als würden wir ein großes Jammern erleben. Irgend etwas mußte passiert sein, das die Leute so sehr aufregte.
Der Meinung war auch Quen. Hastig machte er kehrt und lief zur Tür: Mit einem heftigen Ruck öffnete er sie.
Augenblicklich wurde das Geschrei lauter, aber auch die stinkenden Wolken drangen in den Raum. Ich hatte einen freien Blick nach draußen auf die Straße, deren Belag aus festgestampftem Lehm bestand, und ich konnte die braunen, langen Nebelschleier sehen.
Stinkende Grüße aus dem verdammten Pestsumpf.
Jemand rannte auf den offenen Eingang zu. Er war sehr aufgeregt und wedelte mit beiden Armen. Sein Gesicht glänzte, als hätte man es mit einer Speckschwarte eingerieben.
Quen fing ihn ab.
Dann begann der Mann zu sprechen. Er hörte sich seltsam an, denn er stieß die Laute hastig aus. Seine Stimme überschlug sich, ich bemerkte, daß Quens Begleiter aufhorchten und auch Suko zusammenzuckte.
»Was ist denn?« wandte ich mich an meinen Partner.
»Da ist was passiert«, flüsterte Suko mir zu. »Muß eine ziemlich harte Sache gewesen sein. Es gab einen Toten.«
»Mord?«
»Kann sein. Der Sumpf oder die Geister aus dem Sumpf werden ihr erstes Opfer geholt haben.«
»Ihr zweites«, verbesserte ich meinen Partner.
»Meinetwegen auch das.«
Jetzt wandte Quen sich um und winkte uns zu. Wir waren mit wenigen Schritten bei ihm. Der Mann, mit dem er gesprochen hatte, lehnte an der Wand und preßte seine Hand auf die Brust, die sich unter seinen Atemzügen hob und senkte.
»Was ist geschehen?« Diese Frage hatte ich an Quen gestellt.
»Es hat einen Toten
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