0242 - In zehn Sekunden bist du tot
war ein Gangster oder es gibt überhaupt keine Gangster mehr.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Ich kann es nicht begründen. Mein Gefühl sagt es mir. Aber ich bin völlig sicher.«
Phil lächelte ein bisschen überlegen.
»Meine liebe Miss Velmer«, sagte er nachdenklich, »wenn Sie wüssten, wie sympathisch manche Mörder aussehen. Und wie gangsterhaft manche völlig harmlose Leute wirken. Es wäre sehr schön, wenn man jedem gleich an der Stirn ablesqn könnte, was für ein Mensch er ist, Aber das Äußere ist nur ein grober Anhaltspunkt, der oft genug auch noch in die Irre führt.«
»Das mag alles richtig sein«, gab das Mädchen zu. »In diesem Fall irre ich mich nicht. Ich… ich habe nämlich gelauscht.«
Sie wurde rot. Phil lachte.
»Die weibliche Neugierde! Und was haben Sie gehört?«
»Leider nicht viel. Aber das bisschen, was ich verstehen konnte, genügte mir. Eine ganze Weile sprachen die beiden Männer miteinander, ohne dass ich ein Sterbenswort verstehen konnte. Aber dann wurde Mr. Loan sehr wütend und brüllte ganz laut: ›Das ist ja eine nackte Erpressung!‹ Was der andere Mann darauf erwiderte, konnte ich nicht verstehen. Aber wieder ein bisschen später redete Mr. Loan noch einmal sehr laut. Und dabei sagte er: Aber in der Zeitung stand doch groß und deutlich, dass niemand den Absturz überlebt hätte! Na, was sagen Sie jetzt?«
Phil war aufgestanden. Er griff nach seinem Hut.
»Kommen Sie!«, sagte er knapp.
Das Mädchen sah ihn überrascht an.
»Wohin denn?«
»Zu Mr. Loan«, sagte Phil. »Ich habe das Gefühl, dass ich mich einmal sehr eingehend mit Mr. Loan beschäftigen muss…«
***
Ich legte nachdenklich den Hörer auf die Gabel. Rochalsky und Conelly sahen mich aufmerksam an.
»Es war mein Chef«, sagte ich. »Er unterrichtete mich davon, dass einer der bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Fluggäste ein gewisser Johnny Ward war, der Bruder des flüchtigen Gus Ward.«
»Jetzt wird es immer verrückter!«, schnaufte Rochalsky. »Sie stoßen' auf Stenazzi, weil Sie eine anonyme Warnung kriegen, dass Gus Ward umgelegt werden soll. Es wird zwar ein anderer Mann ermordet, aber Stenazzi ist in die Geschichte verwickelt. Jetzt stürzt ein Flugzeug ab, in dem Wards Bruder und dieser Stenazzi saßen. Gibt es da nun Zusammenhänge oder nicht?«
»Wenn ich das wüsste, Rochalsky«, seufzte ich, »dann wären wir weiter. Die entscheidende Rolle spielt für uns im Augenblick Stenazzi, denn er hatte die Bombe im Koffer. Conelly, welche Leute haben Sie aufgetrieben, die seinerzeit mit Stenazzi verkehrten?«
»Ich habe mehrere Leute gefunden, die Stenazzi mehr oder minder gut kannten. Wie weit sie wirklich engeren Kontakt mit ihm hatten, kann man nicht wissen. Man kann den Leuten ja nicht ins Gehirn sehen.«
»Leider nicht. Aber zählen Sie mir die Leute auf! Ich werde mich mit ihnen in Verbindung setzen. Vielleicht macht jetzt einer den Mund auf, jetzt, da Stenazzi tot ist.«
»Das wäre eine Möglichkeit. Zunächst ist da mal eine üppige Blondine aus einem Nachtklub. Keine Sängerin, nur eine Bardame und eine von der billigsten Sorte. Warten Sie, ich muss 44 in meinem Notizbuch nachsehen, wo das Mädchen wohnt.«
Er blätterte in einem sehr zerfledderten Notizbuch, bis er das richtige Blatt gefunden hatte.
»Da haben wir’s schon«, murmelte er. »Bianca Renescu heißt der Wasserstoffsuperoxidkopf. Sie ist in einer winzigen Bar in der 93rd Street beschäftigt. Die Bude heißt Kolibri. Das Mädchen wohnt drei oder vier Häuser weiter auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es ist ziemlich nahe am East River. Am Haus stand keine Hausnummer, aber Sie können das Gebäude gar nicht übersehen. Im Erdgeschoss ist eine Wäscherei.«
»Wie kamen Sie dem Mädchen auf die Spur?«
Conelly grinste breit. »Jemand hatte mir den Tipp gegeben. Stenazzi soll früher mal mit dem Mädchen eng befreundet gewesen sein. Wenn das wahr ist, weiß ich nicht, wen ich mehr bedauern soll - ihn oder sie.«
Wir lachten. Conelly fuhr mit dem Zeigefinger über das aufgeschlagene Blatt und fuhr fort: »Ah ja, da ist noch ein Bursche, den Sie sich auch einmal ansehen sollten. Er heißt Peter String und arbeitet tagsüber in der Großgarage in der 94th Street, ebenfalls nahe am East River. Ich habe von mehreren Seiten gehört, dass Stenazzi und dieser String in den letzten Wochen vor dem Mord in Harlem oft zusammensteckten. Als ich mit String sprach, hatte ich den Eindruck, dass er mehr
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