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0242 - In zehn Sekunden bist du tot

0242 - In zehn Sekunden bist du tot

Titel: 0242 - In zehn Sekunden bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: In zehn Sekunden bist du tot
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der die Fahreruniform einer bekannten New Yorker Bus-Gesellschaft trug, sah mich fragend an.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich höflich. »Ich suche Miss Renescu. Ihr Name steht leider an keiner Tür. Wissen Sie, wo sie wohnt?«
    »Renescu?«, wiederholte der Mann. »Den Namen habe ich noch nie gehört. Soll sie denn hier im Haus wohnen?«
    »Ja. Ich meine das blonde Mädchen, das drüben im Kolibri arbeitet. Man nennt sie allgemein wohl Bianca, habe ich gehört.«
    Er lachte.
    »Ach so, Bianca meinen Sie! Warum haben Sie das nicht gleich gesagt! Zweite Etage von unten, die Wohnung auf der linken Seite. Wenn Sie klingeln, wird Ihnen die alte Snowdon aufmachen. Passen Sie auf, dass sie ihr nicht mit offenem Feuer zu nahe kommen, sonst gibt es eine Explosion. Die Alte säuft wie die Besatzung einer Trinkerheilanstalt am Tage vor der Einlieferung.«
    »Ich werde aufpassen«, versprach ich. »Vielen Dank, Sir!«
    »Keine Ursache. Und grüßen Sie Bianca von mir. Früher ist sie immer mit meinem Bus gefahren, wenn sie sonntags mal ein bisschen raus wollte. Aber jetzt hat sie das ja nicht mehr nötig, wo sie den piekfeinen Schlitten hat.«
    »Ach, der rote Lancer gehört ihr?«, fragte ich erstaunt. »Ich sah den Wagen auf der Straße stehen.«
    »Ja, das ist Biancas Wagen. Auch ihr Stolz, nebenbei bemerkt. Wenn Sie bei ihr eine gute Nummer haben wollen, sagen Sie was Nettes über diesen Wagen, und Sie haben gewonnen.«
    »Ja, was werde ich tun. Er sieht ja noch ziemlich neu aus, was?«
    »Sie hat ihn erst seit vier oder fünf Wochen.«
    »Dann ist er noch neu. Na, vielen Dank nochmals, Sir. Auf Wiedersehen.«
    »Bye-bye!«
    Ich stieg die Treppe hinab, bis ich in der zweiten Etage war. Der Name Snowdon stand auf einem Messingschild eingraviert, das seit Jahren nicht mehr geputzt worden war. Rechts von der Tür befand sich ein Klingelknopf, der ursprünglich wohl weißes Porzellan gewesen sein mochte. Vom Weiß war nichts mehr übrig geblieben.
    Ich drückte den Klingelknopf nieder und wartete. Alles blieb still. Ich legte den Daumen auf den Klingelknopf und hielt ihn dort. Hinter der Tür hörte ich das schrille Rattern der Klingel. Nach einer halben Ewigkeit kreischte irgendwo hinter der Tür eine empörte, heisere Frauenstimme.
    »Ich komme ja schon! Zum Henker, was für ein Rindvieh bimmelt denn da wie verrückt?«
    Ich nahm den Finger von der Klingel. Eine halbe Minute später ging die Tür auf. Unwillkürlich wich ich zwei Schritte zurück. Eine beinahe zum Greifen dichte Wolke von Fuseldunst flog mir entgegen und nahm mir fast den Atem.
    Die Wolke ging von einer Frau aus, deren Alter überhaupt nicht zu bestimmen war. Sie mochte fünfzig, vielleicht aber auch schon achtzig sein. Ihr Gesicht war genauso, wie sich die Leute früher den Schädel einer Hexe vorgestellt haben. Sie hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt und kreischte auf mich ein wie eine Furie.
    Eine Flut von Schimpfwörtern ergoss sich über mich. Ich könnte mich nicht erinnern, je im Leben eine derart abwechslungsreiche, umfangreiche und neuartige Liste von Schimpfwörtern gehört zu haben. Eine ganze Weile hoffte ich, die Alte müsste doch mindestens einmal Luft holen, aber darin sah ich mich getäuscht. Oder sie brachte es fertig, selbst beim Atemschöpfen pausenlos weiterzuschimpfen.
    »Halten Sie den Mund!«, fauchte ich sie an, als ich die Hoffnung aufgeben musste, dass sie je von sich aus zur Ruhe kommen könnte.
    Mein Fauchen war ein leises Säuseln gewesen verglichen mit ihrer Schimpfkanonade. Dementsprechend trat denn auch keinerlei Wirkung ein. Ich pumpte den Brustkorb voll Luft und schrie denselben Satz noch einmal, aber diesmal so laut, dass die Fenster im Treppenhaus klirrten.
    Mitten im Wort brach die Alte ab und starrte mich sprachlos an.
    »Zeigen Sie mir das Zimmer, wo Bianca Renescu wohnt«, sagte ich ruhig.
    Am Auf blitzen ihrer Augen merkte ich, dass der nächste Wasserfall von Wörtern bevorstand, die man nicht wiedergeben kann. Ich wollte ihr zuvorkommen, aber es war bereits zu spät. Der zweite Auszug aus dem vollständigsten Schimpfwörterlexikon der Menschheit nahm seinen Anfang. Ich sah mich verzweifelt um. Dann zuckte ich die Achseln und legte ihr kurzerhand die Hand auf den Mund.
    Das wirkte wieder. Sie verstummte, und ich war so leichtsinnig, die Hand wieder wegzunehmen, weil ich fürchtete, sie könnte mich in die Finger beißen.
    »Merken Sie sich eins!«, kreischte sie. »Ich dulde keine Herrenbesuche im Zimmer einer

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