0242 - In zehn Sekunden bist du tot
von Stenazzi wusste, als er mir sagen wollte. Aber so einen Eindruck muss man erst einmal beweisen können, bevor man den Leuten deshalb Schwierigkeiten machen konnte.«
»Natürlich. Ist sonst noch jemand da, mit dem es lohnen könnte, zu sprechen?«
Conelly überflog die Notizen auf seiner Seite und schüttelte den Kopf.
»No, Cotton. Die anderen sind taube Nüsse. Sie würden nur Zeit damit verschwenden. Ein Friseur, den Stenazzi bevorzugte, eine Bäckerei, wo er sich immer eine bestimmte Gebäckart kaufte, lauter solche Sachen.«
Ich stand auf.
»Okay, Conelly. Vielen Dank. Auch für Ihre Unterstützung, Rochalsky. Bis zum nächsten Mal!«
»Rufen Sie mich an, wenn Sie was herauskriegen!«, bat der Lieutenant.
Ich versprach es ihm und ging. Draußen kletterte ich in meinen Jaguar und schaukelte hinauf zur 93rd Street. Zuerst wollte ich mit der Bardame sprechen. Ich hatte mir auch schon einen Plan zurechtgelegt, wie ich sie vielleicht dazu bringen konnte, gesprächiger zu sein als gegenüber Sergeant Conelly.
***
Es war ungefähr ein Uhr mittags, als ich das Kolibri gefunden hatte. Die Reklame nahm fast die ganze Hauswand in Anspruch, aber die Bude hatte noch geschlossen. In einem der Fenster entdeckte ich ein Schild, das knapp verkündete, das Lokal öffne nachmittags um fünf Uhr.
Ich ließ den Jaguar am Straßenrand stehen und ging zu Fuß auf die andere Seite. Die Wäscherei konnte man wirklich nicht verfehlen. Sämtliche Fenster im Erdgeschoss standen offen, und Wolken von weißem Dampf quollen heraus.
Ich hatte mir eine Zigarette angezündet und bummelte langsam am Haus vorbei, ohne dem Gebäude irgendeine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dafür achtete ich umso mehr auf die Wagen, die in der Nähe parkten. Und da sah ich denn auch einen Schlitten, den ich vor knapp drei Wochen schon einmal gesehen hatte. Es war ein roter Dodge Lancer mit Heckantenne. Zwar hatte ich mir seinerzeit das Kennzeichen nicht gemerkt, aber ich war ziemlich sicher, dass es dieselbe Nummer war, wie die an dem roten Dodge Lancer, den ich in Harlem vor jenem Haus gesehen hatte, in dem ein gewisser Hollister umgebracht worden war.
Mit dieser Entdeckung war ich ziemlich zufrieden. Ich bummelte ein paar Schritte an dem Wagen vorbei. Es saß niemand drin. Schon wollte ich umkehren, da sah ich ungefähr einen Block weit von mir entfernt einen Streifenpolizisten auftauchen. Ich änderte meine Absicht und ging dem Cop langsam entgegen.
Als wir uns begegneten, sagte ich halblaut: »Hallo Officer! Ich bin Cotton vom FBI Ich möchte Ihnen gern eine Frage vorlegen, aber es darf nicht allzu auffällig wirken. Hier ist mein Dienstausweis.«
Ich hielt ihm das Dokument flüchtig hin, und er nickte. Es war noch ein verhältnismäßig junger Polizist, und er wurde ein bisschen aufgeregt, seit er gehört hatte, von welchem Verein ich kam.
»Ungefähr hundertfünfzig Yards hinter mir steht ein roter Dodge Lancer am Straßenrand«, sagte ich. »Wissen Sie zufällig, wem der Wagen gehört?«
»Ja, Sir. Diese Gegend hier kenne ich wie meine Westentasche. Ich laufe doch schon seit fast drei Jahren täglich ein paar Mal durch diese Straßen. Der Schlitten gehört einer Blonden, die drüben im Kolibri die Männer zum Trinken animieren soll. Es scheint ihr auch zu gelingen, sonst könnte sie sich doch kaum diesen Schlitten leisten. Ihren Namen weiß ich allerdings nicht, jedenfalls nicht vollständig. Sie nennt sich Bianca.«
»Danke«, sagte ich zufrieden, »das war alles, was ich wissen wollte.«
Ich winkte ihm knapp zu, machte kehrt und ging den Weg zurück, den ich gekommen war. Durch die Dampfschwaden suchte ich mir den Weg zur Haustür. Sie stand sperrangelweit offen, und es roch typisch nach Wäscherei, Seifenlauge und leicht versengten Bügeltüchern.
Im Hausflur suchte ich vergeblich nach einem Bewohnerverzeichnis. In dieser Gegend hier war so etwas wohl überflüssiger Luxus. Also blieb mir nichts anderes übrig, als jede Wohnungstür einzeln abzusuchen, in der Hoffnung, ich könnte ihre Karte oder gar ein richtiges Namensschild von dem Mädchen finden.
Ich kam bis in die sechste und höchste Etage, ohne dass mir irgendwo der Name Renescu begegnet wäre. Seufzend lehnte ich mich gegen die Wand im Treppenhaus und verschnaufte einen Augenblick. Dann klopfte ich einfach an die nächste Mansardentür, hinter der ich ein Geräusch hörte. Etwas fiel polternd um, und gleich darauf wurde von drinnen die Tür aufgestoßen. Ein Mann,
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