0242 - Shengs Racheschwur
durchfuhr es ihn, und da ließ er sich einfach fallen, rollte sich auf den Bauch und schützte den Kopf mit den Armen. Die Glutwelle strich über ihn hinweg und fiel in sich zusammen. Die Druckwelle aber blieb aus.
Giles Raimond blieb ein paar Minuten reglos liegen. Dann vergewisserte er sich, daß er noch lebte, richtete sich auf und sah sich vorsichtig um.
Die Umgebung war unversehrt. Von der Aktentasche samt Plastikhülle existierte nur noch ein Häufchen Asche, mit dem der Wind spielte. Und in dieser Asche lag der bläulich funkelnde Kristall.
Fast eine halbe Stunde saß Giles da, starrte den Kristall an und dachte an nichts. Die Gedanken kreisten alle nur im Leerlauf. Er wußte, daß er nur ganz knapp am Tod vorbeigegangen war.
Dann endlich erhob er sich, nahm das Fahrrad wieder auf und setzte seinen Weg fort.
Am Kristall traute er sich nicht mehr vorbei. Den sollte irgendwer vom Schloß aus dem Weg räumen. Egal, wer es tat. Aber Giles Raimond schwor sich, den Kristall nicht mehr zu berühren, ihm auch nicht mehr in die Nähe zu kommen. Schließlich war er noch jung und wollte leben - für sich und Gabrielle.
Den Helden konnte gefälligst ein anderer spielen. Giles Raimond war nicht auf ein Denkmal mit Inschrift scharf. Denn das konnte er selbst dann ja nicht mehr bewundern.
Château Montagne lag wie eine düstere Drohung vor und über ihm.
***
Sheng Li-Nong versetzte seine Diener wieder in Starre. Die magische Entladung war stark genug, im Umkreis von zwanzig Metern alles zu töten. Das reichte. Er hatte seinen Zweck erfüllt, der Kristall Zamorras.
Jetzt galt es, wieder neue Kräfte zu schöpfen, denn die Auseinandersetzung war garantiert noch nicht zu Ende. Im Gegenteil. Wenn das, was er gerade zerstört hatte, eine Falle war, dann konnte jetzt jeden Moment Zamorras Gegenschlag erfolgen.
Der Dämon zerrte sich die Maske wieder übers Gesicht, die wie eine zweite Haut anlag und jedes Muskelspiel mitmachte. Er verließ den Raum mit den sieben Starren, die neue Kräfte schöpften und ihn, Sheng, vielleicht dabei verfluchten. Aber sie hatten es sich selbst zuzuschreiben. Wer einen Pakt mit der Hölle schließt, muß damit rechnen, daß er seine Seele verliert. Sheng nahm sich nur, was ihm zustand.
Aus seiner Sicht fühlte der Dämon sich vollkommen im Recht. Daß menschliche Maßstäbe ganz anders lagen, berührte ihn nicht. Was scherten ihn die Moralvorstellungen der Menschen?
Er wechselte vorsichtshalber schnell den Standort. Dann beschloß er, sich um Ted Ewigk zu kümmern. Er spürte, daß die Falle zugeschnappt war und das Opfer sich mitten drin befand.
»Meine Rache«, murmelte der Dämon und lächelte mörderisch, »ist furchtbar, Ted Ewigk…«
***
Wie gelähmt starrte Teri Rheken den Teppich an. Wer war darin eingerollt? Ted? Oder Nicole? Und wie sollte sie diese verflixte magische Falle aufsprengen?
Kurz nur stellte ihr Unterbewußtsein sich die Frage, warum sie selbst nicht angegriffen wurde, aber darauf gab es eine einleuchtende Antwort: Weil sie eine Druidin war! An sie wagte sich die feindliche Magie nicht heran!
Ließ das nicht den Schluß zu, daß die schwarzmagische Falle gewissermaßen denken konnte?
Nein, entschied Teri. Ein Computer kann auch nur eins und eins zusammenzählen; von Denken dabei keine Spur.
Aber konnte sie nicht ihre Druidenkraft hier einsetzen, wo sie bei Zamorra versagte, der in tausend Spiegelscherben einen tausendfachen Kampf führte und vielleicht schon gesiegt oder verloren hatte?
Sie ging vor dem Teppich in die Hocke, hielt eine Hand nach rechts und eine nach links. Eine steile Falte erschien auf ihrer hübschen Stirn.
Dann zuckten Flammen aus den Handflächen.
Leckten nach dem Teppich, fanden zueinander, hüllten das Material blitzschnell ein. Teri sprang zurück, als die Lohe emporfauchte. Ein schrilles, bösartiges Kreischen erscholl, ging über in ein wildes Fauchen, und dann rollte sich der Teppich auseinander und gab Ted Ewigk frei.
Bevor das Feuer auf die sonstige Zimmereinrichtung übergreifen konnte, brachte Teri die Flammen wieder zum Erlöschen. Sie kniete sich neben Ted und rüttelte ihn leicht. »Ted, Ted! Bist du okay?«
»Blöde - Frage«, murmelte er undeutlich.
Die Druidin legte ihre Fingerspitzen an seine Schläfen. Ein leichter Kraftstrom floß auf ihn über, belebte ihn.
Langsam kam er wieder hoch. »Was ist los?« fragte er.
»Das wollte ich dich fragen«, gab sie zurück. »Wo ist Nicole?«
»Weiß nicht«, sagte er
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