0247 - Kein Mörder träumt vom Todesstuhl
damit sie sie ins Bett bringe. Vorher schärfte ich Alice ein, dass sie das Mädchen nicht mit neugierigen Fragen plagen dürfe. Das passte ihr gar nicht, aber sie fügte sich.
Lieutenant Crosswing kam und ließ sich berichten. Den Toten in der Garage kannte er nicht, aber das besagte nichts.
Louis musste ungefähr eine halbe Stunde vor meiner Ankunft getötet worden sein.
Wir, Esther und ich, waren dem Verbrecher irgendwie gefährlich geworden. Ich selbst, weil ich darauf bestanden hatte, Esther sei unschuldig und der Mord hänge mit der Tätigkeit der einstigen Armstrong-Gang zusammen.
Auch Esther hatte etwas gewittert. Es war ihr aufgefallen, dass ihre Großmutter, die, abgesehen von Lieferantenrechnungen und Reklamedrucksachen, niemals Post erhielt, plötzlich mehrere Briefe und außerdem zwei Mal Besuch bekam.
Sie hatte sich darüber Gedanken gemacht und diese auch ausgesprochen. Sie musste also der Wahrheit gefährlich nahegekommen sein, wenn man sie deshalb ermorden wollte.
Jedenfalls war nun erwiesen, dass es sich um keine Familienangelegenheit, sondern um einen Gangstermord handelte, und kaum hatte Lieutenant Crosswing das begriffen, als er mich auch schon offiziell um die Unterstützung des FBI ersuchte.
Nur eines war noch nicht geklärt. Wo war der Inhalt der Kassette aus Judith Armstrongs Schreibtisch hingekommen? Ebenso wusste ich nicht, was der Mord an Elmer Armstrong damit zu tun hatte.
***
Ich fuhr mit dem Lieutenant zur Center Street, um ein Protokoll zu diktieren.
Von dort aus rief ich das Office an und fragte nach Phil. Der saß tatsächlich noch dort und wartete auf mich. Eine gute halbe Stunde später kam ich ebenfalls an und machte mich wieder etwas menschlich. Nur meine geschwollenen Lippen konnte ich nicht wegzaubern.
Dann setzten wir uns zusammen in die nächste Kneipe, und ich berichtete Phil, was vorgefallen war.
Aus der Entwicklung, die der Fall genommen hatte, war jetzt klar zu ersehen, das es sich nicht um eine Familienzwistigkeit handeln konnte. Es ergab sich ferner, dass Louis Boiler eine Doppelrolle gespielt hatte. Auf der einen Seite markierte er das treue Familienfaktotum und zum anderen hatte er mit dem Gangster zusammengearbeitet, der zweifellos der Besucher am Mordabend gewesen war.
Wenn ich mich nicht sehr irrte, so war der Mörder der alten Frau identisch mit dem Mann, der. Louis umgebracht hatte und dann versuchte, Esther und mich zu töten. Nur der Mord an Elmer Armstrong wollte absolut nicht in dieses Schema passen.
Es war Mitternacht vorüber, als ich Lieutenant Crosswing anrief.
»Wissen Sie, wer der Gangster war, der sich in der Garage das Genick gebrochen hat?«, fragte ich.
»Das wissen wir, aber ich weiß noch recht, was ich daraus machen soll«, antwortete der Lieutenant. »Der Bursche ist der Bruder von Pete Parson, der damals vor fünfzehn Jahren für die Verbrechen der Armstrong-Gang zu zwanzig Jahren verurteilt und vor sechs Wochen entlassen wurde. Er hieß mit Vornamen Bill und stand im Verdacht, mit seinem Bruder zusammengearbeitet zu haben. Nachweisen konnte wir ihm damals nichts. In der Zwischenzeit ist er einige Male mit dem Gesetz in Konflikt geraten, aber es waren kdne großen Sachen. Er soll früher schon vollkommen von seinem älteren Bruder abhängig gewesen sein, und ich werde den Gedanken nicht los, dass er auch heute in dessen Auftrag gehandelt hat. Pete Parson liebte es schon immer, andere Leute vorzuschicken.«
»Dann schaffen Sie doch diesen Pete zur Stelle. So schwierig kann das doch nicht sein«, meinte ich.
»Das sagen Sie, Jerry. New York hat bekanntlich acht Millionen Einwohner, und Parson ist einer von diesen. Außerdem hat er allen Grund, sich zu verstecken.«
»Können Sie uns ein Bild von dem Burschen geben? Wir haben ihn nicht in unserer Kartei.«
»Das können Sie haben, aber es wird Ihnen wahrscheinlich wenig nützen. Bedenken Sie, dass der Mann inzwischen fünfzehn Jahre älter geworden ist. Damals war er dreißig Jahre alt, Außerdem hat er fünfzehn Jahre gesessen. Das verändert.«
»Trotzdem. Schicken Sie uns bitte das Bild und die genaue Personenbeschreibung. Es könnte sein, dass ich ihm zufällig begegne.«
»Sie sind ein Optimist, Jerry«, lachte der Lieutenant. »Aber ich werde Ihren Wunsch erfüllen.«
Als wir um zwölf Uhr dreißig auf die Straße traten, schneite es.
Der Schnee wurde schnell zu Matsch.
»Wohin?«, fragte mein Freund. »Ich möchte etwas Anständiges trinken!«
»Fängst du an,
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