0248 - Gatanos Galgenhand
lachte und griff nach den Zigaretten. Er zündete sich ein Stäbchen an und rauchte genußvoll, während Judy aus dem Fenster schaute, die Menschen und den Trubel sah, ihn aber nicht aufnahm, denn ihre Gedanken verirrten sich wieder nach Dakota.
Zudem fühlte sie sich innerlich sehr nervös. Irgendwie fürchtete sie sich vor der Begegnung mit dieser Madame Tanith. Sie kannte die Frau nicht, hatte nur von ihr gehört, allerdings Gutes, wie sie zugeben mußte. Lucille hatte viel von ihr gesprochen. Für sie war Tanith das große Vorbild gewesen.
Von Lucille hatte Judy erfahren, daß ihre Zukunft günstig aussah. Leider hatte sie auch von gewissen Schatten gesprochen, die irgendwo entfernt im Hintergrund lauerten. Es hatte noch keine Gefahr bestanden, aber Judy wollte es genauer wissen. Vielleicht konnte Madame Tanith mehr sehen und sagen.
Sie fuhren bereits durch Greenwich Village. Die Straßen waren enger geworden, die Häuser anders. Sie sah viele Cafés, auch kleine Theater, und die Menschen bewegten sich ungezwungener.
Village gefiel dem Mädchen. Hier war Judy auch entdeckt worden, und hier hatte sie so etwas wie ein zweites Zuhause gefunden. Nicht in den Luxushotels, die kalt und unpersönlich waren, und wo man die Freundlichkeit der Menschen nur als Tünche bezeichnen konnte.
Sie merkte kaum, daß der Fahrer stoppte. Erst als Bernie Osborne sie anstieß, schreckte sie zusammen.
»Wir sind da, Süße.«
»Sorry, aber ich…«
»Okay, entspanne dich ruhig.« Bernie beglich die Rechnung und gab dem Fahrer noch eine Autogrammkarte von Judy. Dann stieg er aus dem Wagen, wobei er den Schlag offenhielt.
Natürlich wurde Judy erkannt. Die Menschen blieben stehen, sprachen sie an. Judy lächelte, gab ein paar nichtssagende Worte von sich und eilte auf den Hauseingang zu.
Es war mittlerweile dunkel geworden. Durch die Straßen pfiff ein kalter Wind. Die Leuchtreklamen in der Nähe gaben ein künstliches Licht, die Menschen waren oft nur als fahle, manchmal auch bunte Gestalten zu sehen, und Judy hörte genau, wie eine Männerstimme sagte: »In diesem Haus ist doch ein Mord passiert.«
Dicht vor der Eingangstür stoppte Judy und drehte sich um. »Was ist da geschehen?«
»Komm, geh weiter!« Judy spürte Bernie Osbornes Hand auf ihrem Rücken. Der Mann wollte sie weiterschieben, sie sollte keinerlei Aufregungen ausgesetzt sein.
Judy war unwillig und schüttelte sich. »Laß mich jetzt! Ich will wissen, wer ermordet worden ist.«
»Das spielt doch keine Rolle!« Bernie begann, sich aufzuregen. »Du mußt cool bleiben, Baby.«
Der Sprecher war verschwunden. So sehr Judy auch suchte, sie sah ihn nicht. Wahrscheinlich hatte er eingesehen, einen Fehler gemacht zu haben.
Das Mädchen schaute Bernie an. »Mein Gefühl«, sagte sie. »Verflixt, ich ahnte es.«
»Welches Gefühl?«
»Du weißt schon.« Sie schüttelte den Kopf. »Ach nichts«, sagte sie schnell, denn mit Bernie konnte man über so etwas nicht sprechen. »Laß uns reingehen.«
Jetzt war Osborne mißtrauisch geworden. »He, Mädchen, so kommst du mir nicht davon. Ich will endlich wissen, was es mit deinen komischen Gefühlen auf sich hat. Hast du Angst, die hellseherische Tante zu besuchen, oder was ist?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Ich will es wissen, verdammt.«
»Das mit dem Mord?«
»Auch das. Und ich werde alle Antworten auf meine Fragen bekommen, das schwöre ich.«
Bernie machte einen Rückzieher. Noch nie hatte er seinen Schützling so entschlossen erlebt. Gleichzeitig überschwemmte ihn auch die Angst.
Wenn Judy etwas passierte, machte man ihn dafür verantwortlich. Und das wollte er auf keinen Fall auf sich nehmen.
Er schaute sie an.
Ihr Gesicht war starr. Die Augen blitzten. Nichts mehr war von ihrer Unsicherheit zu bemerken, die sie in den letzten Wochen gepackt gehalten hatte.
Er nickte. »All right, Mädchen, wie du willst. Ich lasse dir deinen Willen, gehe aber mit.«
Judy schüttelte den Kopf. Ihre braunen Haare flogen und streichelten mit den Spitzen noch das Gesicht des Mannes. »Das geht nicht. Du kannst bei der Sitzung nicht hocken und zuschauen. Das würde stören und Madame Tanith ablenken.«
»Dann bleibe ich vor der Tür stehen.« Bernie brachte seinen Kopf dichter an ihr Gesicht. »Und glaub mir eines, Kleine, ich allein bin für dich verantwortlich. Die Männer hinter uns haben nicht umsonst viel Geld in dich investiert. Du sollst etwas bringen, die wollen auch einen Gewinn Ist dir das klar?«
»Inzwischen
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