0257 - Der Schädel des Hexers
ich sah selbst, was geschehen war. Um Sukos Fußgelenke hatten sich zwei knöcherne Klauen geklammert, und die hielten eisern fest…
***
Er hatte kalte Hände, die Gilda McLellan wie Schlangenarme vorkamen, und sie saugten sich quasi an ihrem Hals fest.
Für Sekunden lag die Frau starr da.
Sie mußte die Überraschung erst verdauen, denn mit einem Angriff in der Gruft hatte sie nie im Leben gerechnet.
So blieb sie steif liegen und rührte sich erst einmal nicht. Sie erschlaffte sogar, denn der Gegner über ihr sollte merken, daß sie ihren Widerstand aufgegeben hatte.
Eine gute Taktik, wie sich wenig später herausstellte, denn der Druck um ihren Hals lockerte sich. Wenn die Hände auch weiterhin an ihrer Kehle blieben, so gelang es ihr dennoch, erst einmal Luft zu holen.
»Okay, Süße, verhalte dich nur ruhig, dann wird dir vorerst nichts passieren.«
Sie gab keine Antwort.
»Wo ist der Schädel?« zischte ihr Gegner.
Jetzt erst wußte sie, wer der Mann war, der ihr aufgelauert hatte. Einer aus der McLion-Sippe, und zwar Archer McLion, der älteste Sohn.
Wahrscheinlich zeichnete er auch für den Diebstahl des Schädels verantwortlich.
»Ihr habt ihn doch, verdammt.«
»Nicht mehr.«
Gilda lachte. »Pech. Ihr hättet eben besser auf ihn achtgeben sollen.«
»Das haben wir auch, aber man hat ihn dem Maler gestohlen. Als wir den Schädel abholen wollten, war er schon weg, wie uns der Knabe erzählte.«
»Wieso? Warst du dabei?«
»Nein, aber meine Familie hat mich telefonisch informiert. Ich werde mir den Schädel zurückholen, das verspreche ich dir. Du wirst ihn mir zeigen.«
»Er ist nicht hier.«
»Das wollen wir erst noch sehen.«
Gilda atmete heftig. Sie pumpte Luft in ihre Lungen, und sie wollte erst einmal Zeit gewinnen. Nur Zeit war wichtig in diesen Augenblicken, alles andere konnte man vergessen. Zudem hatte sie nicht vor, sich kampflos zu ergeben. Sie war als eine Wildkatze bekannt und würde ihrem Namen alle Ehre machen.
»Wie bist du reingekommen?« Eine Antwort auf die Frage wollte sie unbedingt bekommen, und Archer, der sich als der große Sieger fühlte, gab ihr auch eine. »Wir haben einen Nachschlüssel hergestellt. Ganz einfach, nicht wahr?«
»Ja, wenn man es weiß.«
»Und jetzt will ich den Schädel sehen. Komm mir nur nicht mehr mit irgendwelchen Ausreden. Davon habe ich die Nase gestrichen voll, Gilda McLellan.«
»Keine Sorge, ich zeige dir, wo es langgeht.« Das tat Gilda auch, allerdings auf eine Art und Weise, mit der Archer McLion nicht gerechnet hatte.
Die Bewegungen des Mannes waren von Gilda genau registriert worden.
Am Anfang hatte er hart zugepackt, während sich im Laufe des Gesprächs sein Griff lockerte.
Und das nutzte sie aus.
Da Archer McLion nicht mehr so dicht auf ihr lag, konnte sie die Beine anziehen, und im nächsten Augenblick rammte sie die Knie in die Höhe.
Es war ein Volltreffer!
Beide Kniescheiben trafen den Leib des Mannes. Gilda hörte, wie er stöhnend die Luft ausstieß und einen Augenblick später nach hinten katapultiert wurde.
Sein Aufprall glich einem Klatschen. Er würgte, und Gilda nutzte die Gunst der Sekunden aus.
Sie kümmerte sich nicht um den Typ, sondern robbte zur Seite, da sie ihre Maschinenpistole zurückhaben wollte. Das Mädchen steckte voller Haß. Man hatte sie heimtückisch überfallen, und das wollte sie Archer McLion zurückzahlen.
Durch seinen Tod!
Ungefähr hatte sie sich gemerkt, wo die MPi hingefallen war. Deshalb kroch sie in die Richtung. Sie schleifte mit Knien und Händen über den Boden, hörte das Ächzen des Mannes und auch seine Stimme.
»Das zahle ich dir heim, du verfluchte Hexe. Ihr taugt alle nichts, ihr miesen McLellans.«
Gilda grinste. Sollte er nur geifern. Gewinnen würde sie, das stand fest, denn sie spürte plötzlich Metall an den Fingern ihrer rechten Hand.
Die Waffe!
Und der andere schien nichts bemerkt zu haben, weil er den harten Stoß noch verdauen mußte.
Gilda riß die Maschinenpistole an sich. Sie schleifte dabei über den Boden, und dieses Geräusch erschreckte sie, denn auch McLion konnte es hören und die richtigen Schlüsse ziehen.
Gilda wollte nicht länger zögern. Ein Ziel sah sie nicht. Sie war allerdings so besessen von ihrem Haß, daß sie noch in der Bewegung feuerte.
Sie drehte sich dabei nach rechts, die Arme mit der handlichen MPi hatte sie vorgestreckt, hörte das peitschende Hämmern der Waffe und sah auch das fahle Mündungsfeuer, das die unmittelbare
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