0259 - Der Prophet des Teufels
fragen.«
Als ich weiterging, glitt eines der Bücher herab und fiel auf die Erde. Dabei klappten die Seiten auseinander. Ich bückte mich unwillkürlich danach und stand vollkommen perplex.
Es war ein vergilbtes, in rotem Leder gebundenes Buch. Die aufgeschlagene Seite zeigte ein Bild, das Bild eines Teufels, der eine Nonne umarmte. Der Text war Französisch.
Kein Zweifel, dieses Buch enthielt eine Beschreibung des Teufelskults, von dem Professor Hassock gesprochen hatte… Und dieses Buch befand sich im Besitz von Cynthia Dangon.
Ich verzichtete darauf, den Mann nach der Adresse zu fragen. Ich würde dem Wagen einfach folgen.
Ich stand und versuchte, das zu verdauen, was ich so unerwartet erfahren hatte. Ich sah den fetten Diener mit der Fistelstimme im Hintergrund der Halle und dann Kathleen mit einem Frühstückstablett aus der Küche kommen. Sie erkannte mich und nickte mir zu. Dann lief sie mit leichten Schritten die Treppe hinauf.
Ein durchdringender Schrei und das Klirren von zerbrechendem Geschirr ließ mich herumfahren, dann eilte ich zusammen mit dem Diener nach oben. Die Tür eines Zimmers im ersten Stock stand weit offen.
Drinnen stand Kathleen, die Hände vorm Gesicht und vor ihren Füßen lag das Tablett, mit allem, was sich darauf befunden hatte. Mrs. Rebecca Rhodes lag in ihrem Bett. Sie lag scheinbar ganz friedlich, aber ihre auf gerissenen Augen starrten blind gegen die Decke. Rebecca Rhodes, die sich gestern noch gestern ihrer unerschütterlichen Gesundheit gerühmt hatte, war tot.
Schließlich ist es nicht erstaunlich, wenn eine alte Frau plötzlich einen Herzschlag erleidet, aber dieser Herzschlag kam jemandem gerade recht, nämlich Cynthia Dangon. Es war natürlich absurd, daraus eine Verdächtigung zu konstruieren, aber der Gedanke 62 drängte sich auf und die Tatsache, dass Cynthia wiederholt gelogen hatte und da sie nicht nur einen Wagen besaß, den sie normalerweise gar nicht hätte bezahlen können und außerdem bei der Orgie des Sektenpredigers mitgemacht haben musste, hatte meine Sympathien für sie stark angeschlagen.
Dazu kam das Buch, das bewies, dass sie sich mit dem französischen Teufelskult vertraut gemacht haben musste, deshalb alarmierte ich die Mordkommission. Ich war zufrieden, das nicht Lieutenant Angel, sondern Crosswing mit seinen Leuten erschien.
»Was sollen wir hier, Jerry?«, fragte er, fast entrüstet.
»Ich möchte, dass Doc Price sich die Tote - und zwar sehr genau - ansieht«, antwortete ich.
Der Doktor machte sich an die Untersuchung, und er brauchte merkwürdig lange dazu. Als er sich wieder aufrichtete, sagte er: »Die Frau hat eine Injektion mit Gift in den rechten Oberarm bekommen. Sie muss auf der Stelle tot gewesen sein.«
Ich sah Lieutenant Crosswing an, und der schüttelte den Kopf.
»Woher haben Sie das gewusst?«, fragte er
»Ich wusste gar nichts. Ich hatte nur eine Ahnung, dass etwas nicht stimmt.«
»Und wenn Sie die nicht gehabt hätten«, sagte Doc Price und trocknete sich die Hände ab, »so hätte jeder Zivilarzt und auch wahrscheinlich ich selbst, die Diagnose Herzschlag gestellt. Wer denkt denn schon bei einer alten Frau, die friedlich in ihrem Bett entschlafen ist, an Mord?«
»Wissen Sie auch, wer es war, Jerry? Sie scheinen ja neuerdings allwissend zu sein«, sagte Crosswing.
»Ich glaube ja, und ich glaube, ich bin ein Esel gewesen.«
»Selbsterkenntnis…« grinste Doc Price.
»Wollen Sie mir nicht eine Antwort geben?«, fragte Crosswing ungeduldig.
»Nein! Aber wenn Sie wollen, so können Sie und Ihre ganze Meute mich jetzt begleiten. Es kann sein, dass wir diesen und noch ein paar andere Morde aufklären. Es kann auch sein, dass wir uns unsterblich blamieren.«
»Das möchte ich lieber nicht«, meinte der Lieutenant.
»Dann bleiben Sie weg.«
Ich hatte keine Zeit mehr. Ich lief hinunter zu meinem Jaguar und stellte mit Genugtuung fest, dass Crosswing mit zweien seiner Sergeanten mir folgte. Die anderen blieben zurück.
Diesmal fuhr ich in der 128. Straße bis vor das Bethaus der Sekte.
Vor der Tür stand ein türkisblauer Chrysler und dicht daneben ein blaues Buick-Cabriolet.
»Lassen Sie Ihre beiden Leute vor der Haustür. Kommen Sie mit mir«, sagte ich.
Die Tür zum Betsaal war immer noch nicht verschlossen. Es war wohl seit gestern niemand dort gewesen. Ich übernahm die Führung, über das Podium die Treppe hinauf, durch den Vorraum, die Küche und das Schlafzimmer, dessen breites Bett noch ungemacht
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