026 - Das Totenhaus der Lady Florence
nicht mehr dazu, die Hand auf die Klinke der Badezimmertür zu
legen. Die Dinge spielten sich rasend schnell ab. Die Tür wurde blitzschnell
aufgerissen. Eine massige Gestalt warf sich Larry entgegen. Der Agent wurde zurückgeworfen
und flog gegen die geöffnete Küchentür, die krachend gegen den Kühlschrank
schlug. Mit einem schrillen Aufschrei wirbelte Mady Stilon herum.
Ihre Bewegung erfolgte so heftig, dass mehrere der Blüten an ihren Hüften
abrissen und zu Boden fielen.
Larry war nicht mehr fähig, den Schwung aufzufangen. Er verlor das
Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Durch den Fall rutschte der Tisch unter die
Fensterbank.
Es ging nun Schlag auf Schlag.
Mady Stilon zog sich wimmernd in eine Ecke neben den altmodischen
Küchenschrank zurück. Draußen auf dem Korridor krachte ein schwerer Körper
gegen die Wand, ein Bild löste sich von einem Haken, und die Glasscheibe
zersprang klirrend auf dem Boden. Ein dunkler Schatten löste sich von dem
Türpfosten zur Küche.
Iwan Kunaritschew und ein zweiter Angreifer kämpften miteinander. Der
erste, der auf Larry Brent zugesprungen war, schien entweder die Situation
genau überblicken zu können oder er handelte spontan. Er ließ sich erst gar
nicht auf einen Kampf ein.
Wie ein Wiesel war er an der Wohnungstür und riss sie auf, noch ehe sich
Larry Brent vom Boden erhoben hatte und die Verfolgung aufnahm. Aus den
Augenwinkeln heraus sah X-RAY-3, dass Iwan Kunaritschew noch mit seinem Gegner
zu tun hatte. Er wurde recht gut fertig mit ihm.
Larry sah die dunkle, schwere Gestalt auf dem Treppenabsatz zum vorletzten
Stockwerk. Der Fremde, der die Badezimmertür aufgerissen und ihn
zurückgeschleudert hatte, war so breitschultrig wie Iwan Kunaritschew. Doch
flink und behänd. Er trug eine dunkelgrüne Jacke und eine braune Hose. Die
Schritte der beiden Männer dröhnten durch den Hausflur. Larry übersprang das
Geländer, um den Weg abzukürzen. Doch der andere hatte schon einen so großen
Vorsprung, dass Larry ihn nicht mehr einholen konnte.
Die Haustür schlug zu. Ein kühler Luftzug strich über Larrys Gesicht, als
er wenig später die Stelle erreichte und die Tür aufriss. Er sah gerade noch
einen schwarzen Morris um die Straßenecke biegen.
Resignierend kehrte er in die Wohnung von Mady Stilon zurück.
Zum Glück hatten sie den anderen! Iwan Kunaritschew würde ihn festgenagelt
haben.
Doch auch hier erlebte X-RAY-3 eine Überraschung.
Iwan Kunaritschew stand im Bad. Mit der Brause spritzte er einem
schwarzhaarigen Burschen, der in der Badewanne lag, eiskaltes Wasser ins
Gesicht.
Aber der andere rührte sich nicht mehr. »Ein harmloser Aikido-Drehgriff,
und ...«, sagte X-RAY-7, als Larry Brent aufkreuzte.
Der Amerikaner fühlte den Puls des in der Wanne Liegenden. »Hier hilft auch
die kälteste Dusche nichts mehr, Brüderchen. Er ist tot!« Larry hob die
Oberlippe des Mannes in die Höhe. Das Zahnfleisch wies eine leichte bläuliche
Tönung auf.
»Gift?« Iwan Kunaritschew stellte die Brause ab.
»Er hat es vorgezogen, ins Jenseits zu reisen.« Sie untersuchten die
Taschen, fanden aber nichts über Person und Identität des Toten.
Larry Brent presste die Lippen zusammen, und seine Wangenmuskeln zuckten.
Sein Gesicht war wie aus Stein, als er sich erhob und durch den Korridor ging.
In dem Augenblick kam Mady Stilon aus der Küche. Sie schien auf ihn gewartet zu
haben. Sie wirkte müde und niedergeschlagen und lehnte sich an die Wand neben
dem Türpfosten.
»Ich glaube, Sie haben mir etwas zu erzählen, Mady«, sagte Larry Brent nur.
Sie nickte, und in einer mechanischen Bewegung griff sie nach den
Blütenblättern der Margeriten auf ihrer Brust und löste ein Blättchen nach dem
anderen, als würde sie das neckische Spiel spielen: »Er liebt mich – er liebt
mich nicht.«
Iwan Kunaritschew kam hinzu, während Mady Stilon mit leiser Stimme sprach.
Die beiden Agenten unterbrachen sie nicht ein einziges Mal.
»Die beiden kamen ungefähr eine halbe Stunde vor Ihnen hier an. Sie wollten
– ebenso wie Sie – alles über Winny wissen. Sie fragten mir Löcher in den
Bauch. Womit er sich beschäftigte, wo er sich aufhielt, und so weiter und so
weiter. Dann kamen Sie. Die beiden bedrohten mich. Ich sollte versuchen, Sie so
schnell wie möglich wieder abzuwimmeln und auf keinen Fall über Winny plaudern.
Doch da kam ich nicht ganz drumherum. Du hast mir ein paar sehr peinliche
Fragen gestellt, Larry. Ich merkte erst ziemlich spät, dass ich
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