0263 - Das gläserne Grauen
einer winzigen Flamme, die immer höher flackerte und schließlich von meinem gesamten Ich Besitz ergriff.
Diese gläsernen Wesen oder Dämonen waren mir nicht geheuer. Ich stufte sie als ungemein gefährlich ein, denn ich kannte keine Waffe, mit der ich sie hätte vernichten können.
Auch mein Kreuz reagierte nicht.
Ein kalter Atem wehte mir in das Gesicht. Es war nicht der vielzitierte Hauch der Gefahr, sondern normaler Durchzug, der erst verschwand, als ich einen vorsichtigen Schritt zur Seite gemacht hatte und mich im toten Winkel zur Tür befand.
Hier wartete ich.
Die Halle barg hohe Regale. Bis zur Decke reichten sie, und sie waren gefüllt mit Büchern. Eingeschweißt in Plastikfolie standen sie dort palettenweise übereinandergestapelt.
Zwischen den Hochregalen existierten Gänge, die so breit waren, daß auch die Gabelstapler hindurchfahren konnten, ohne irgendwo anzuecken.
Befand sich hier das Hauptquartier meiner Gegner. In einer simplen Lagerhalle, wo nur Bücher in den Regalen verwahrt wurden und auf den Abtransport lauerten?
Es war kaum zu fassen. Jedenfalls konnten die anderen hier ungestört wirken.
Ich machte mich an eine Inspektion der Halle. Klein wie eine Fliege, die einem Elefanten gegenübersteht, kam ich mir vor, als ich an den Hochregallagern hinaufschaute.
Dort oben hielt sich bestimmt niemand versteckt. Die Gegner mußten sich woanders verborgen halten.
Trotz der Höhe kann eine solche Halle bedrückend wirken. Mir kam es jedenfalls so vor. Die Hochregale erinnerten mich an kantige Berge, die jeden Augenblick zusammenstürzen konnten. Nirgendwo gab es Licht.
Nur Dunkelheit und Schatten.
Still war es auch nicht. Etwas bewegte sich immer, und wenn es nur ein leises Knacken oder Knistern war, das die Stille zerstörte. Je tiefer ich in die Halle schritt, um so größer wurden die Schwierigkeiten, etwas zu erkennen. Das floß alles ineinander, nichts blieb konstant oder an seinem Fleck. Mir wurde etwas vorgegaukelt, so daß ich, hin und wieder stehenbleiben und über meine Augen wischen mußte.
Mit Suko an meiner Seite hätte ich mich wohler gefühlt. Die Hälfte hatte ich durchquert, als ich einen breiteren Gang erreichte. Rechts von mir war die Sicht ziemlich frei, wenn man davon in der Dunkelheit überhaupt sprechen konnte, und ich sah schattenhaft einen länglichen Gegenstand, der auf eine Mauer zulief und mit ihr verschmolz.
Ich ging die paar Schritte vor. Der längliche Gegenstand entpuppte sich als Förderband. Es stand dicht an der Wand, die weit oben zwei fensterartige Öffnungen aufwies, durch die schwaches graues Nachtlicht sickerte. Neben mir befand sich die Schaltanlage für das Band.
Und dahinter hatten sie gelauert.
Plötzlich waren sie da. Bevor ich noch eine Bewegung machen konnte, kreisten sie mich ein.
Einer stand hinter mir, der andere vor mir - und zwar jenseits des Förderbands, und der dritte hielt sich rechts von mir auf, direkt neben der Anlage.
Diejenigen, die ich erkennen konnte, hielten die gefährlichen Stäbe in den Händen. Unter ihnen befand sich auch der von mir verfolgte Brian Bellamy.
Ich saß in der Tinte.
Mit geweihten Silberkugeln konnte ich nichts erreichen, mit dem Kreuz ebenfalls nichts, und Zeit, den Bumerang hervorzuholen, hatte ich leider nicht.
Was blieb mir?
Die Aufgabe!
***
Bellamy sprach auch. Und er setzte dabei ein kaltes Grinsen auf. »In die Falle getappt, Bulle! Direkt hinein!«
»Sieht so aus!«
Die anderen schwiegen. Es waren normale Menschen, jedenfalls beim ersten Hinsehen, und ich konnte in der Dunkelheit bei ihnen auch keine Veränderungen feststellen.
Ihre verdammten Waffen hielten sie so, daß sie auf mich zeigten. Es war ein komisches Gefühl, wenn ich daran dachte, daß sie diese Stäbe nur ein wenig nach vorn zu bewegen brauchten, um mich in einen gläsernen Menschen verwandeln zu können.
Weshalb zögerten sie?
Eine Antwort bekam ich sehr bald. Bellamy gab sie mir. »Wir drei sind Polizisten«, erklärte er, »und wir hatten das Glück, dem Gorgosen-Zauber zu begegnen. Es war im letzten Jahr, auf einer gemeinsamen Urlaubsreise in die Welt der Antike. Dort entdeckten wir bei unseren Wanderungen ein gewaltiges Geheimnis, eben das der Gorgosen.«
»Was sind Gorgosen?« fragte ich.
»Du kennst sie nicht?«
»Hätte ich sonst gefragt?«
»Als Geisterjäger kennt er nicht die Gorgosen. Wir dienen Gorgos, und er gehört denen an, die du auch kennst. Erinnerst du dich wirklich nicht an deine Freunde, die
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