0265 - Des Satans Tätowierer
die Luke, und ein feuchtmuffiger Geruch strömte uns entgegen. »Da scheinen Lumpen zu vergammeln und zu verschimmeln«, sagte ich.
Das durch die Luke fallende Licht reichte aus, um ein helleres Viereck auf den Schiffsboden zu zeichnen. Ich ging in die Knie, streckte ein Bein aus und stellte den Absatz auf die oberste Sprosse der nach unten führenden Leiter.
Sie hielt mein Gewicht, und ich konnte es wagen, in den Schiffsbauch zu steigen.
Suko wartete oben, um mir Rückendeckung zu geben. Am Leiterende landete ich in einer Wasserpfütze, die sich in einer kleinen Mulde im Holz gesammelt hatte. Ein schneller Blick nach vorn zeigte mir, daß ich nicht erwartet wurde.
Licht sah ich nicht. Nach ungefähr zwei Yards verschwanden die Konturen in der Dunkelheit. Ich schnippte mit den Fingern. Für Suko war es das Zeichen, mir zu folgen.
Der Inspektor kletterte geschmeidig die Leiter hinunter und atmete auf, als er neben mir stand. Wir fühlten uns wie zwei Wachhunde, die irgend etwas entdeckt hatten, aber nicht wußten, was es war.
Mir gefiel das Schiff nicht. Meine warnenden Instinkte und Gefühle hatten sich im Laufe der Zeit gut entwickelt. Und jetzt klingelte es bei mir leise Alarm. »Merkwürdig«, hauchte auch mein Freund, als wir vorgingen.
Der dunkle Bauch des Schiffes schluckte uns. Zum Glück liefen wir nicht mehr durch Wasser. Das Platschen hätte uns leicht verraten können.
Ein Schiffsbauch enthält Lagerräume. Sie sind im Normalfall mit Schotter oder Luken miteinander verbunden. Hier suchten wir so etwas vergebens, erreichten allerdings eine Tür. Als wir sie uns näher anschauten, stellten wir fest, daß diese Tür nachträglich eingebaut worden war.
»Sieht stabil aus«, flüsterte Suko, als er seine Finger über das Holz gleiten ließ.
»Das ist sie sicherlich auch.«
Suko suchte nach der Klinke, fand einen Knauf und konnte ihn herumdrehen. »Das Ding ist offen«, wisperte er. »Dann mal rein.«
Ich hielt meine Taschenlampe bereit. Aber nicht nur sie, auch die Beretta.
Sukos Waffe lag ebenfalls in seiner Rechten. Er trat über die Schwelle, und wir schauten beide in einen ehemaligen Lagerraum, der zum Wohnraum umfunktioniert worden war. Nur schwach waren die Umrisse zweier Stühle zu erkennen. Das gleiche galt auch für einen Tisch. Graue Flecken hoben sich rechts von uns an der Wand ab. Verhängte Fenster oder Luken. Und Menschen?
Aus der Dunkelheit vor uns hörten wir eine höhnische Stimme. »Kommt ruhig näher, wir haben euch schon erwartet!«
Damit hatten wir nicht gerechnet, reagierten aber wie abgesprochen.
Blitzschnell huschte Suko nach rechts weg, ich nach links. Die Mündungen der Pistolen zielten in das graue Dämmer hinein, wo wir leider keine Ziele sahen. Aber die Stimme blieb.
»Ich bin Gregg, des Satans Tätowierer«, hörten wir sie. »Und ich werde dafür sorgen, daß ihr die Hölle erlebt und nie mehr zurückkehrt!«
Versprechungen, die ich kannte und deshalb auch nicht so ernst nahm.
»Zeig dich, wenn du Mut hast, Gregg!«
»Sicher.«
Wir warteten. Noch tat sich nichts. Alles blieb düster. Wir sahen den Sprecher nicht. Er mußte meiner Ansicht nach irgendwo am Boden kauern, denn im Dämmerlicht hob sich seine Gestalt nicht ab.
»Schaut genau zu«, vernahmen wir wieder die Stimme des Unsichtbaren. »Ihr wolltet mich sehen, und das könnt ihr jetzt. Aufgepaßt!«
Wir rechneten damit, daß sich eine Gestalt aus der Dunkelheit erheben würde.
Dies geschah nicht.
Statt dessen sahen wir vor uns einen seltsamen blauen Schein, der einen Stich ins Türkis hatte. Der Schein war erst nur ein schwaches Leuchten, nicht viel größer als ein Rad, wobei es an den Enden flimmerte. Doch er wurde von Sekunde zu Sekunde größer, hatte plötzlich die Hälfte des Raumes ausgefüllt und ihn auf eine merkwürdige Art erhellt, denn wir konnten endlich unseren Gegner erkennen. Einen Gegner?
Nein, das war nicht nur einer, das waren zwei Gestalten, die da vor uns standen.
Unheimlich anzusehen. Beide wirkten sie geisterhaft und konnten einem Angst einjagen.
Da war einmal der Alte, der geduckt dastand, den Kopf geierartig vorgereckt. Sein Gesicht war zu einem grausamen Grinsen verzogen. Die Hände waren gekrümmt, die Finger wirkten wie die Krallen eines Vogels, so mager waren sie, mit spitzen Nägeln, und sie zitterten ebenso wie die Gestalt des Alten.
Ja, das war des Satans Tätowierer.
Die zweite Gestalt entdeckten wir ebenfalls. Sie war nur ein Schemen und schwebte hinter
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