0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum
glaubst du denn, wie oft ich mir selber schon diese Frage vorgelegt habe! Ich habe gegrübelt, ob ich seine Stimme nicht vielleicht doch schon woanders gehört habe, ob mir seine Gestalt irgendwas sagt, ob mich die Art, wie er geht, an jemanden erinnert - völlig umsonst.«
»Wenn man rauskriegen könnte, wer er ist«, murmelte Jack Gallus. »Dann sähe die Sache anders aus. Dann könnte man sich vielleicht noch einschalten…«
»Einschalten? Wie einschalten?«
»In den richtigen Fischzug! Dass er nur die Bomben hochgehen lassen will, ohne einen besonderen Zweck dabei zu verfolgen, glauben wir doch beide nicht.«
»Hm«, brummte O’Kelly und kratzte mit dem Daumennagel über sein Kognakglas. »Ich weiß, was wir tun.«
»Und zway?«
»Wir fahren zu Bloyd Morgan. Mit dem verstehe ich mich noch am besten von allen. Mal sehen, ob er auch so einen verrückten Auftrag hat. Dann können wir zusammen besprechen, was zu tun ist. Vielleicht können wir dann diesen geheimnisvollen Kerl sogar zwingen, uns sein Vorhaben zu offenbaren. Vielleicht können wir uns an dem großen Fischzug beteiligen! Los, komm! Auf zu Morgan!«
***
Sie hatten mir die Hände vor dem Bauch zusammengebunden, und sie hatten so viele Knoten aufeinander getürmt, dass ich - wenn ich sie mit den Zähnen lösen wollte - ein oder zwei Tage dazu gebraucht hätte.
Natürlich hatten sie mir meine Pistole weggenommen. Hätten sie auf den Lauf geblickt, hätten sie den Prägestempel des FBI gesehen. Aber sie hatten sich merkwürdigerweise mit mir sehr beeilt und kein unnötiges Wort mehr an mich verschwendet. Aus irgendeinem Grunde waren sie in Zeitdruck.
Zunächst hatte ich geglaubt, sie würden mich in den Umkleideraum stecken. Aber statt dessen brachten sie mich zur Toilette und schlossen mich dort ein. Ich hockte in dem engen Käfig und grübelte darüber nach, was Ralph und Bobby wohl tun würden, wenn sie von mir kein Lebenszeichen mehr erhielten.
Auf meiner rechten Hand war die Haut aufgeplatzt. Das Blut, das hervorgetreten war, war inzwischen geronnen. Teilweise verdeckte es die blaurot gefärbte Beule von dem Schlag mit dem Totschläger. Die Hand tat höllisch weh und trug nicht zu meiner Erheiterung bei.
Außer der Pistole hatten sie mir nichts abgenommen. Wenn ich ein Taschenmesser bei mir gehabt hätte, wäre es einfacher gewesen. Aber das hätten sie sicher gefunden, als sie mich abklopften. Immerhin hatten sie mir die Brieftasche mit dem Dienstausweis gelassen. Nur war damit im Augenblick nichts anzufangen.
»,.. doch vorsichtig! Da stehen Mülltonnen!«
Ich fuhr zusammen. Das war die Stirnme von Ralph Smith gewesen, aber wo kam sie her? Ich sah mich schnell um. Viele Möglichkeiten gab es in meinem engen Käfig ja nun wirklich nicht.
In meinem Rücken befand sich das einzige Fbnster dieses Salons. Es war sehr schmal und sehr hoch. Ganz oben gab es eine Lüftungsklappe, die offen stand. Die Stimmen konnten nur durch diese Öffnung an mein Ohr gedrungen sein.
Ich presste die Lippen aufeinander. Konnte ich versuchen, die Kollegen draußen im Hof zu ruf en?Vielleicht hörte man mich dann aber auch im Saal, von dem ich ja nur durch eine dünne Holztür getrennt, war. Es würde bedeutet haben, dass ich die Gangster nun erst auf meine Kollegen aufmerksam machte. Die Folgen konnten eventuell verheerend sein. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen.
Zum Glück fiel mir schnell genug meine Brieftasche ein. Ich zerrte an meinem Jackett, so gut es mir die zusammengebundenen Hände erlaubten. Der Mantel stand bereits offen. Die Gangster hatten ihn mir aufgeknöpft, als sie mich abklopften. Endlich gelang es mir auch, den mittleren Knopf meines Jacketts zu lösen. Nun war es schon leichter.
Nach einigen krampfhaften Versuchen, die mir den Schweiß auf die Stirn trieben, hatte ich die Brieftasche heraus. Ich ließ sie auf den Fußboden klatschen und angelte nach dem Kugelschreiber. Mit gefesselten Händen sich selbst einen Kugelschreiber aus der linken Innentasche des Jacketts zu ziehen, ist eine Leistung, mit der sich ein Artist sehen lassen könnte. Als ich den Stift endlich in der Hand hielt, war ich in Schweiß gebadet.
Ich kniete mich auf den Fußboden und klappte die Brieftasche auf. Heutzutage schleppt ja jeder zivilisierte Zeitgenosse ständig ein Paket von Papieren in seiner Brieftasche mit sich. Ich fand mühelos einen halb zerfetzten Briefumschlag, der vom meine Adresse und hinten den Absender meiner Versicherung trug.
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