0265 - In Brooklyn blüht der Galgenbaum
sich an den schmalen Durchgang der Theke.
Als Funny Issy seiner ansichtig wurde, kam er herangeschlurft.
»Was Neues?«,brummte der Wirt halblaut.
Jack Gallus nickte ruhig. Leise sagte er:
»Allerhand. Kann ich jetzt nicht erzählen. Ich brauche meine Sachen wieder. New York steht die leibhaftige Hölle bevor, wenn nicht schnell etwas Entscheidendes geschieht.«
»Ich muss erst die Kerle da hinten bedienen«, murmelte Funny Issy und verschwand mit einem Tablett, auf dem acht Schnapsgläser standen, zu einem Tisch hin, um den sich acht grölende, schwitzende Matrosen versammelt hatten.
Danach schlurfte er in die Küche. Als er wieder an der Theke erschien, hielt er beide Hände unter seiner Schürze verborgen. Er trat an den engen Durchgang und gab Jack Gallus Brieftasche und Pistole. Mit einer geschickten Bewegung ließ Gallus die Pistole verschwinden. Auch die Brieftasche steckte er ein. Dann verließ er rasch das Lokal.
So schnell es der Verkehr erlaubte, fuhr er mit. O’Kellys Wagen zum Central-Bahnhof, wo er die Güterabfertigung aufsuchte.
»Es muss eine Kiste hier sein für Brian O’Kelly und eine weitere für Bloyd Morgan«, sagte er. »Die soll ich abholen.«
Der Mann am Schalter musterte ihn misstrauisch.
»Und woher weiß ich, dass Sie berechtigt sind, die Kisten abzuholen?«, brummte der misstrauisch.
Jack Gallus zog seine Brieftasche. Er entnahm ihr eine Cellophanhülle, in der eine farbige Karte mit einem Lichtbild steckte.
»Ich bin Phil Decker vom FBI«, sagte er und hielt dem Mann hinter dem Schalter seinen Dienstausweis hin.
***
Die beiden kleinen Bandenführer Snabby und Frederick hockten in einer qualmigen Bierkneipe am East River, als Snabby ans Telefon gerufen wurde. Er schob sich in die viel zu enge Telefonzelle, die sich an der Rückwand der Kneipe befand, und nahm den Hörer.
»Ja, hier ist Snabby«, sagte er. »Wer spricht da?«
»Hier ist Stirn-Narbe«, erwiderte eine tiefe Stimme.
»Ah, ja«, rief Snabby lebhaft. »Auf dich kann man sich wenigstens verlassen. Nun? Was gibt es?«
»Herbert Laine war bei Morgan.«
»Wann?«
»Vor einer halben Stunde höchstens.«
»Und? Warst du dabei? Weißt du, was sie gesprochen haben?«
»Genau wie du es vermutet hast! Laine will mit Morgan zusammen Lonely-Tony ausschalten und Brian O’Kelly.«
»Die ganze Brut sollte gemeinsam zur Hölle fahren«, knirschte Snabby wütend. »Erzähl mal ausführlicher! Wie haben sie sich denn das gedacht?«
»Morgen Abend will Laine bei O’Kelly aufkreuzen und ihn umlegen. Und Morgan wird es Lonely-Tony besorgen.«
»Morgen Abend? Ich weiß nicht, ob sie überhaupt so lange Zeit haben werden. Es liegt was in der Luft. Die Polizei schläft nicht. Wenigstens nicht dauernd. Sonst noch was?«
»Morgans Gang soll morgen früh zwanzig Bomben in verschiedene Autobusse verteilen. Und Kellys Leute sollen achtzehn Bomben in U-Bahn-Züge legen.«
»Was? Wer hat denn das ausgeheckt?«
»Ich weiß es nicht. Laine vielleicht.«
»Der Kerl muss doch völlig verrückt geworden sein. Noch etwas?«
»Laine ist zu Lonely-Tony gefahren.«
»Zu Lonely-Tony? Du bist ein Goldkerl, Stirn-Narbe. Von wo rufst du an?«
»Von Ellerys Drugstore. Da ist eine richtige Telefonzelle, wo einen keiner hören kann.«
»Okay. Gehst du jetzt wieder zurück zu Morgan?«
»No. Das kann ich nicht.«
»Warum denn nicht?«
»Als Laine und Morgan mitten in ihrer Besprechung waren, kam ein Teck oder so was. Ich stand an der Tür und sollte keinen reinlassen. Aber ich konnte doch nicht einfach einen Detective über den Haufen knallen. Er hat mich sofort erkannt. Da habe ich mich aus dem Staube gemacht, bevor Morgan mich anbrüllen konnte.«
»Weißt du genau, dass es ein Detective war?«
»Er hat sich genauso benommen wie ein Teck.«
»Hm… Merkwürdig… Na gut, bleib ein oder zwei Tage zu Hause! Ich setze mich mit dir in Verbindung, sobald ich Zeit dazu habe. Morgen wird wohl nichts daraus werden. Ich habe so das Gefühl, als ob sich nicht bloß droben am Himmel ein dickes Gewitter zusammenbraut. So long, Stirn-Narbe!«
Snabby legte den Hörer auf und ging zurück in die Nische, wo Fredericks saß. Wortlos griff er nach seinem Bier und stürzte es in einem Atemzug hinunter. Danach berichtete er seinem Gefährten den Inhalt des Gesprächs.
»Ich verstehe überhaupt nichts mehr«, brummte Fredericks düster. »Was haben sie denn davon, wenn sie so einen Feuerzauber hochgehen lassen? Sie erregen doch bloß die
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