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0269 - Der Höllenspiegel

0269 - Der Höllenspiegel

Titel: 0269 - Der Höllenspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zwölf Jahre alten Klapperschlange oder das Haar eines um Mitternacht am Kreuzweg vergrabenen Selbstmörders handelte. Dergleichen unappetitliche Dinge gehörten aber in den Bereich der Schwarzen Magie, und mit der hatte Zamorra nichts im Sinn. Seine gewünschten Hilfsmittel waren »sauber«.
    Nach einer halben Stunde hatte er alles zusammen und begann mit den Vorbereitungen.
    ***
    Geduldig wartete der Dämon vor dem Tor, das wohl nur er als Tor erkennen konnte, während Nicole auch von dieser Seite nichts sah und nichts fühlte. Sie hing im Griff des Baumes und fand jetzt etwas Zeit, sich umzusehen.
    Sie nahm die bizarre Landschaft in sich auf. Der schwarze Himmel irritierte, weil es dennoch hell war. Nicole fragte sich, woher diese Helligkeit kam. Eigentlich hätte es der fehlenden Sterne wegen stockfinster sein müssen.
    Der Sandboden, auf dem nur hier und da spärliche Grasinseln wuchsen, war fast weiß. In den Inseln erhoben sich Sträucher und hier und da auch Bäume von der Art, mit der sie Bekanntschaft geschlossen hatte. Alle Pflanzen besaßen einen intensiven Blauton.
    Nicole suchte den Horizont ab. Sie glaubte in der Ferne die Zinnen einer mächtigen Burg zu erkennen, aber das konnte auch eine Täuschung sein. Tiere entdeckte sie nicht. Auch keine anderen Lebewesen außer dem Gnom.
    Mit einer Ausnahme. Einen Baum weiter wohnte noch jemand im Geäst. Aury Candra.
    Sie bewegte sich nicht, gab auch nicht zu erkennen, daß sie Nicoles Anwesenheit bemerkte. Möglicherweise war sie tot. Nicole ihrerseits wagte nicht, Aury anzurufen, um den Dämon nicht zu provozieren. Stattdessen unterzog sie »ihren« Baum einer näheren Begutachtung. Er war hochstämmig und spärlich belaubt. Die starken Äste besaßen recht wenige Zweige, bestanden dafür aber aus einer recht beweglichen Masse. Sie umschlangen Nicoles Arme und Beine wie Lianen, hielten sie eisern fest und verhinderten, daß sie sich bewegte und in die Tiefe stürzte.
    Ihr Kleid war etwas verrutscht und hatte an zwei Stellen Schaden genommen. Nicole registrierte es mit Verärgerung und überlegte, wie sie sich am besten an Baum und Dämon dafür schadlos halten konnte.
    Bäume sind aus Holz. Holz brennt. Bloß besaß sie kein Feuerzeug, mit dem sie ihren Gefängniswärter ärgern konnte. Pech des Nichtrauchers. Aber vielleicht gab es noch andere Möglichkeiten.
    Die Ast-Tentakel, die ihre Füße hielten, hatten sich um die Cowboystiefel gerollt. Das brachte Nicole auf eine Idee. Langsam und vorsichtig zog sie die Beine an und schlüpfte aus den Stiefeln, achtete aber darauf, daß sie dabei wieder festen Halt bekam, weil sie nicht an den Armen durchsacken wollte.
    Sie tastete sich am Stamm entlang und fand festen Stand auf den beiden Astwurzeln. Jetzt mußte sie nur noch zusehen, daß sie ihre Hände freibekam.
    Sie konnte sich jetzt gegen den Stamm stemmen und mit einem Ruck versuchen, freizukommen. Kaum gedacht, setzte sie ihren Gedanken in die Tat um und stemmte sich ruckartig vorwärts.
    Der Baum, so beweglich er sein mochte, schien nicht gerade mit Schlauheit gesegnet zu sein. Jedenfalls bemerkte er zu spät, was da vorging. Nicole schrie auf, als die harte Rinde ihre Handgelenke anschürfte, aber dann gab es einen heftigen Ruck, und sie flog vorwärts.
    So schnell hatte sie gar nicht mit einem Erfolg gerechnet.
    Sie stürzte haltlos! Und das aus gut sieben Metern Höhe! Sie schrie erschrocken auf, drehte sich im Sturzflug wie eine Katze und versuchte, noch einen der unteren Äste zu erwischen, um sich daran festzuhalten. Aber sie hatte sich so stark nach vorn abgestoßen, daß ihr Schwung sie über die unteren Äste, hinwegtrug.
    Da schnellte einer dieser Äste vor, streckte sich, versuchte sie noch zu fassen und einzufangen. Aber er war zu kurz. Nicole stürzte an ihm vorbei.
    Aber sie packte ihrerseits zu. Ihre Hand schloß sich um das dünne Ende des Astes, klammerte sich fest. Der Ast federte durch, konnte ihren Sturz nicht aufhalten. Aber er konnte ihn abbremsen. Der Ruck riß Nicole fast den Arm aus, aber dann berührte sie federnd den Sandboden. Im gleichen Moment schlang sich das dünne Astende um ihre Finger und klammerte sich seinerseits fest. Der Ast bog sich und begann Nicole auf den Baum zu zerren.
    Sie stemmte sich dagegen, aber es nützte ihr nichts. Jetzt tastete ein zweiter Ast nach ihr. Sie wehrte ihn mit einem Handkantenschlag ab und stellte dabei fest, daß entlang der Äste empfindliche Nervenstränge verlaufen mußten, denn der

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