0269 - Killer-Bienen
auf mich zu.
Dicht vor mir hielt er für einen Moment inne, bevor er seine Arme weiter vorstreckte und mit den Fingern über das Außenleder meiner Schuhe tastete, um die Hände danach weiter nach oben zu führen. Ich spürte die Fingerspitzen auf meiner Haut. Er hatte dabei die Hosenbeine hochgeschoben.
Ich tat nichts, blieb steif stehen und schaute nur auf seinen glatten Kopf.
»Spürst du nichts?« fragte er, als er den Blick hob und mich aus seltsam gelben Augen anblickte. »Spürst du meine Finger? Sie sind wie die Beine meiner Freunde, der Bienen. Sie kriechen höher, sie krabbeln, sie werden auch dich nicht verschonen, denn ihre Zeit ist da. Der Fluch ist nicht gelöscht, die Magie kommt zurück. Ich warte hier auf die Bienen.«
»Was weißt du über sie?« erkundigte ich mich.
»Das will ich dir sagen. Du hast es nicht geschafft, alle zu erledigen. Einige leben noch. Sie warten auf dich. Sie wollen mich rächen. Ich merke es genau, sie sind da. Ich habe sie gesehen, denn sie kamen zu mir. Ich und Sam Whiteside, wir werden es allen zeigen. Allen, versteht ihr?«
Ich zuckte zurück und hörte Sukos Stimme: »Sam Whiteside, John, er ist tot!«
»Wirklich?« Shawn Braddock schrie dies, bevor ein seltsames Kichern und gleichzeitig ein Summen aus seiner Kehle drang. »Glaubt ihr das wirklich, ihr Narren?«
Suko stieß mich an. »John, der Kerl könnte recht haben.«
»Aber Whiteside gibt es nicht mehr!«
»Narren!«
Dieses eine Wort versetzte mich in eine Alarmstimmung. Bei der Beerdigung waren wir nicht zugegen gewesen. Auch das wäre kein Beweis gewesen, daß man ihn tatsächlich begraben hatte. Im Sarg hätte alles mögliche liegen können, und mir wurde plötzlich ganz anders.
»Haben Sie noch Fragen?« hörten wir die Stimme des Arztes.
Sicher hatten wir welche. Aber dazu war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
»Später vielleicht, Doc«, sagte ich und nickte Suko zu.
Ziemlich hastig verließen wir das Zimmer. Dr. Prentiss schloß die Tür ab. Er holte uns am Fahrstuhl ein. Mit einer knappen Geste wischte er sein Haar aus der Stirn. »Was ist denn in Sie gefahren? So plötzlich wollen Sie weg?«
»Ja, Doc, uns ist da etwas eingefallen. Shawn Braddock hat uns auf eine Spur gebracht.«
»Und welche?«
»Vielleicht sehen wir uns noch. Jetzt aber haben wir es eilig. Sie entschuldigen uns.«
»Sicher, sicher…«
Unterwegs holte ich bereits die Wagenschlüssel aus der Tasche. Als ich die Tür öffnete, fielen nicht nur die ersten Regentropfen, wir hörten auch eine kreischende Stimme.
Suko und ich schauten an der Fassade hoch. Im letzten Stock schimmerte ein schmales Gesicht hinter den Gitterstäben. Dort stand Shawn Braddock.
»Rache!« brüllte er. »Rache! Die Bienen werden sich rächen. Sie kommen zurück. Noch in der nächsten Nacht…« Nach diesen Worten begann er gellend zu lachen, und ich mußte ehrlich zugeben, daß mir bei seinen Worten verdammt unwohl wurde.
Suko erging es ebenso. Sein Gesicht wirkte wie eine steinerne Maske, während ich startete…
***
Zum Glück trug Linda Whiteside genügend Geld bei sich, um das Werkzeug kaufen zu können, das sie brauchte. Sie holte einen Spaten und eine Schaufel. Bei beiden roch der Lack noch frisch.
Zudem hatte sie Mühe, die Dinge in ihrem kleinen Wagen zu verstauen. Sie mußte ein paar Möglichkeiten durchprobieren, dann klappte es schließlich.
Es begann zu regnen. Das richtige Wetter für einen Besuch auf dem Friedhof, dachte Linda.
Ihre Stimmung war entsprechend, eine Mischung aus leiser Furcht und einer gewissen Spannung vor dem Kommenden.
Fliehen konnte sie nicht. Die Biene mit dem Kopf ihres verstorbenen Mannes verhinderte das bereits durch ihre Anwesenheit.
Innerlich bebte Linda. Sie versuchte jetzt schon zu raten, was sich in dem Sarg befand. Hatte man ihren Mann vielleicht nicht beerdigt? War es ein anderer gewesen?
Die Frau würde bald Gewißheit erhalten.
Den kleinen Friedhof erreichte sie ziemlich schnell. Unterwegs hatte der Regen zugenommen. In langen Fäden rann er jetzt aus den tiefliegenden Wolken. Die Straßen glänzten vor Nässe. Beim Bremsen bestand Rutschgefahr.
Bekannt und auffällig war der Kirchturm. Er überragte noch die Bäume des kleinen Gräberfelds. Der Friedhof lag sehr malerisch, durch eine Straße getrennt von einem Park und Spielplatz. In der Straße gab es auch Parktaschen. Die weißen Striche glänzten auf dem dunklen Boden.
Linda lenkte ihr Fahrzeug in eine der kleinen Haltebuchten und
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