0269 - Killer-Bienen
Natürlich haben wir ihn nicht heilen können, seinen Tick hat er behalten.«
»Welchen Tick?«
»Er träumt und spricht nur von seinen Bienen. Manchmal läuft er in seinem Zimmer umher und denkt selbst, daß er eine Biene ist. Er summt, imitiert diese Tiere. Es ist oft erschreckend, aber wir haben uns daran gewöhnt, zudem ist er nicht gemeingefährlich und auch nicht zerstörungswütig.«
»Wir hätten ihn natürlich gern gesehen«, sagte ich.
»Sicher, das können Sie auch. Bitte, folgen Sie mir!«
Wieder begann ein Marsch durch den langen Gang einer Anstalt. Ich mochte die Gänge nicht. Sie spiegelten zumeist das Bild dieses Hauses wider. Leer, kalt, ohne Gefühl.
Wir waren mit dem Fahrstuhl in das oberste Stockwerk gefahren. Dort befanden sich die vergitterten Fenster. Ich sprach Dr. Prentiss darauf an.
»Ja, das stimmt, wir haben ihn in eine ausbruchssichere Zelle gesteckt.«
»Also doch nicht so harmlos«, meinte Suko.
»Das kann man auch nicht so sagen.«
Vor einer grauen Tür blieben wir stehen. Das Schloß war ein wenig kompliziert. Der Arzt holte den passenden Schlüssel hervor und öffnete.
»Bitte!« Er ließ uns den Vortritt.
Wir betraten den Raum. Ein menschliches Wesen hielt sich nicht dort auf. Das sahen wir auf den ersten Blick. Wir erkannten das Bett, den Tisch, einen Stuhl und ein Regal.
Von Shawn Braddock keine Spur.
Ich fuhr zu Dr. Prentiss herum. »Ist er geflohen?«
»Nein, ich…«
Da hörten wir das Summen. Dieses Geräusch kam uns verdammt bekannt vor. Automatisch flogen unsere Blicke in die Höhe. Alle drei suchten wir die Biene, aber wir sahen sie nicht. Kein Insekt kreiste durch die Luft. Da wir uns das Summen nicht eingebildet hatten, mußten wir uns umsehen.
Suko ging einen Schritt in den Raum hinein, drehte sich und deutete mit dem Finger in den toten Winkel hinter der Tür.
Dort sahen wir ihn.
Zuerst erschrak ich. Wir hatten mit vielem gerechnet, doch dieser Anblick ging unter die Haut. Ich muß vorwegschicken, daß aus Shawn Braddock keine Biene geworden war. Kein Rieseninsekt hockte auf dem Boden, doch wie hatte sich der Forscher verändert!
Braddock war mit einem Häufchen Elend zu vergleichen, so wie er auf dem Boden saß. Seine Haare hatte er verloren. Der Kopf schimmerte spiegelblank, das Gesicht war eingefallen, kleiner geworden, und am meisten hatte sich die Haut verändert.
Sie schimmerte in einem bleichen, gleichzeitig kräftigen Gelb, zu vergleichen mit der Farbe des Mondes, wenn auch etwas intensiver. Wie es dazu gekommen war, wußten wir nicht zu sagen. Die Pigmente seiner Haut mußten sich verändert haben. Er trug einen weißen Kittel und eine ebenfalls weiße Hose. Zusammengeduckt hockte er vor uns am Boden, die dünnen Arme waren vorgestreckt, die Finger bewegten sich so schnell wie die Beine von Spinnen, wenn sie liefen.
Der Mund war in dem kleiner gewordenen Kopf kaum zu sehen, dennoch drang aus ihm das Summen.
Ich mußte mich zusammenreißen und auch schlucken. Mit einer Drehung wandte ich mich an den Arzt. »Ist dieser Zustand bei ihm normal? Ich meine, haben Sie ihn öfter so erlebt?«
»Sicher.«
»Und was tun Sie dagegen?«
»Fast nichts. Wir behandeln ihn mit Medikamenten.«
»Deshalb also die gelbe Färbung seiner Haut«, meinte Suko.
Dr. Prentiss schüttelte den Kopf. »Nein, das hat damit nichts zu tun. Diese Färbung ist von allein gekommen, und sie wird, da bin ich ehrlich, von Tag zu Tag stärker.«
»Wie ist das möglich?«
»Es gibt Dinge, wo auch wir Ärzte ratlos sind. Vor so einem Problem stehen wir hier.«
Ratlos. Das war das richtige Wort. Uns erging es ähnlich. Auch wir waren ratlos, denn eine Lösung fanden wir nicht. Wir mußten, wenn wir etwas erreichen wollten, woanders forschen, und zwar in einem Gebiet, dem auch ein Arzt fassungslos gegenüberstand.
Auf dem Gebiet der Magie.
»Bleiben die Fenster eigentlich immer geschlossen?« wollte ich wissen.
Dr. Prentiss schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Schließlich schützen die Gitter.«
»Er hat auch noch keinen Ausbruch versucht?« hakte ich nach.
»Nein. Jedenfalls haben wir nichts bemerkt.«
Plötzlich meldete sich Shawn Braddock.
»Du bist es!« zischte er und schaute mich dabei an. »Und du bist auch da!« sagte er zu Suko, wobei er sich nach vorn beugte und begann, über den Boden zu kriechen. Hektisch bewegte er seine Hände. Er stützte sich seltsamerweise nur mit den Spitzen der gekrümmten Finger ab.
Eine schwierige Sache, und er krabbelte
Weitere Kostenlose Bücher