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027 - Das Henkersschwert

027 - Das Henkersschwert

Titel: 027 - Das Henkersschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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noch einiges erledigen.«
    »Geh nicht zu meiner Familie!« bat Coco beschwörend. »Es ist zu gefährlich.«
    »Du könntest ja mitkommen«, sagte er lauernd. »Das kann ich nicht.«
    »Dann gib mir wenigstens einige Informationen!«
    Coco biß sich auf die Lippen. Er sah, daß sie mit sich selbst einen Kampf ausfocht. Sie blickte an ihm vorbei ins Leere.
    »Ich kann mich nicht gegen meine Familie stellen«, sagte sie schließlich schwach. »Kannst du das nicht verstehen?«
    »Nein«, sagte Dorian hart. »Sie haben dich doch angeblich verstoßen. Sie trachten dir nach dem Leben. Das behauptest du zumindest. Ich verstehe wirklich nicht, weshalb du mir nicht einmal ein paar Informationen geben kannst.« Er machte eine kurze Pause und sagte dann spöttisch: »Und du behauptest, in mich verliebt zu sein?«
    Ihre Augen nahmen einen gequälten Ausdruck an. »Lügen, nichts als Lügen«, sagte Dorian wütend. Cocos Hände zitterten, als sie eine Zigarette aus der Schachtel holte.
    Dorian gab ihr Feuer, und sie inhalierte den Rauch tief.
    »Du hast keine Chance«, sagte sie heftig. »Ins Haus kommst du leicht hinein, aber heraus kommst du nicht mehr.«
    »Mit deiner Hilfe werde ich es schaffen.«
    Der Kellner brachte Dorian das bestellte Wiener Schnitzel. Schweigend begann er zu essen. Gelegentlich blickte er kurz auf und musterte Coco. Ihr Gesicht war unbewegt. Die Augen hatte sie halb geschlossen. Sie schien in einer anderen Welt, die sich in unendlich weiter Ferne befand. Es war, als würde sie einer unsichtbaren Stimme lauschen. Allmählich entspannte sich ihr Gesicht. Sie sah nun wie ein kleines Mädchen aus.
    Er aß langsam. Das Zimmer füllte sich. Um sie herum war Stimmengewirr, doch es drang nur gedämpft zu ihnen. Sie bildeten eine Oase der Ruhe innerhalb der Gaststätte. Dorian spürte, wie etwas von Cocos Entspanntheit auf ihn überging. Für wenige Minuten fühlte er sich angenehm wohl. Doch dieses Gefühl hielt nicht lange an.
    »Ich helfe dir«, sagte Coco plötzlich, und die Ruhe und Zufriedenheit zerbrach wie Glas. Die Stimmen der um sie Herumsitzenden wurden lauter. Gläsergeklirr war zu hören und das Geklapper der Bestecke.
    Dorian lehnte sich zurück und fixierte das Mädchen. Ihre Augen waren nun fast schwarz; zwei glänzende Kugeln im einem schneeweißen Gesicht mit blutleeren Lippen.
    »Aber ich komme nicht mit ins Haus«, sagte sie. »Ich gehe nicht einmal in die Nähe.«
    Dorian war noch immer nicht von der Ehrlichkeit des Mädchens überzeugt. Ihr Entgegenkommen machte ihn nur skeptischer.
    »Ich werde dir auf dem Weg zur Klinik alles Nähere erzählen. Du mußt aber darauf achten, daß du vor Mitternacht das Haus meiner Familie verlassen hast, sonst gibt es kein Entkommen für dich.« Dorian zahlte, und sie gingen.
     

Obwohl der Verkehr ziemlich dicht war, kam Dorian rasch vorwärts. Sie fuhren über den Ring in Richtung Westbahnhof. Coco wich allen Fragen nach ihrer Familie aus. Er konnte nicht einmal erfahren, wie viele Leute im Haus ihres Vaters wohnten. Dafür gab sie ihm eine detaillierte Beschreibung des Gartens und des Hauses. Sie schilderte es so plastisch, daß es Dorian vor seinem geistigen Auge zu sehen glaubte: die alte Villa, inmitten eines riesigen Gartens.
    Dorian bog in die Eichenstraße ein und fuhr am Meidlinger Bahnhof vorbei. Als sie einige Minuten später an der Maria-Theresien-Kaserne vorbeifuhren, wurde Coco nervöser.
    »Du mußt irgendwo nach links abbiegen«, sagte sie. »Die Klinik ist ganz in der Nähe.«
    Die Gegend war ihm unbekannt. Sie dirigierte ihn durch einige Straßen, und dann erkannte er die Klinik. Dorian warf einen Blick auf seine Uhr. Es war Viertel vor acht.
    Sie stiegen aus. Das schmiedeeiserne Tor war abgesperrt, und er drückte auf den Klingelknopf. Coco war noch unruhiger geworden. Furchtsam sah sie um sich.
    Ein kleiner weißgekleideter Mann trat aus dem Pförtnerhäuschen und kam auf sie zu.
    »Guten Abend«, sagte Dorian. »Ich werde von Dr. Burger erwartet.«
    Der Mann öffnete die Tür, und sie traten ein.
    »Gehen Sie den Weg entlang! Er führt direkt zum Eingang«, sagte der Mann. »Ich werde Sie anmelden. Würden Sie mir, bitte, Ihren Namen sagen?«
    Dorian nannte ihn und ging weiter. Coco folgte ihm zögernd.
    Unwillig drehte er sich nach ihr um.
    »Komm schon!« sagte er barsch.
    »Ich spüre die Ausstrahlung bis hierher«, sagte sie und preßte beide Hände gegen die Schläfen. »Welche Ausstrahlung?« fragte Dorian verwundert und blieb

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