0276 - Ghouls in der Stadt
müßten diese Ungeheuer schon die ganze Stadt auslöschen …«
Ruckartig fuhr Nicole herum und sah ihn an. »Und wenn sie genau das tun?« stieß sie hervor.
Pierre Devon verschluckte sich. »Sie belieben zu scherzen.«
»Danach ist mir nicht gerade zumute«, versetzte sie. »Hinter dieser Sache steckt mehr. Der Überfall auf Zamorra war hervorragend vorbereitet. Die Ghouls wußten, daß wir kamen. Woher? Neubecker, Sie und der Polizeichef wußten davon. Und Ihre …«
»Yvonne Decharaux«, half Pierre aus. »Aber Sie glauben doch wohl nicht, daß wir in Verbindung mit den Ghouls stehen? Yvonne hat übrigens versprochen, daß sie zurückkommt.«
»Eine feste Freundin?« fragte Nicole. Vorstellen konnte sie es sich eigentlich nicht; seiner Wohnung fehlte die typische Note, die die Anwesenheit einer Frau verrät. Es war eine Junggesellenbude, ausgedehnt auf ein ganzes Haus.
»Ach, mehr eine Bekanntschaft«, sagte Pierre. »Was wollen Sie jetzt tun? Kann ich Ihnen helfen …«
Nicole lächelte. »Ja. Sie haben doch mit Leuchtkugeln geschossen. Haben Sie auch eine Pistole mit der entsprechenden Munition?«
»Die Pistole ja«, sagte Pierre. »Für die übliche Sylvester-Knallerei. Ob ich aber noch Leuchtmunition für das Kaliber übrig habe, weiß ich nicht. Da muß ich nachsehen.«
»Tun Sie es«, bat Nicole. »Die Waffe könnte mir nützlich sein.«
»Was haben Sie damit vor?«
Nicole zuckte mit den Schultern. Sie hielt es für unklug, Pierre Devon in ihr Vorhaben einzuweihen. Der wäre so draufgängerisch, ihr helfen zu wollen, und gerade die Hilfe eines Uneingeweihten konnte eher zum Klotz am Bein werden.
Pierre verschwand im Nebenraum und kehrte wenig später mit einer Pistole und einer flachen Pappschachtel zurück. »Bedienen Sie sich. Viel ist es nicht.«
Nicole kannte die Waffe und kam damit auf Anhieb zurecht. In der Schachtel befanden sich sieben Geschosse und die dazugehörigen Treibladungen. Das war nicht viel, aber besser als gar nichts. »Ich danke Ihnen«, sagte sie glatt. »Ich denke, daß Sie die Waffe morgen zurückbekommen.«
»Was haben Sie vor? Die Ghouls ausräuchern?« erriet Pierre.
Nicole zuckte mit den Schultern. »Mal sehen«, sagte sie und verabschiedete sich ziemlich hastig. Als sie draußen in den Mercedes stieg, fühlte sie das typische Kribbeln im Nacken, das man stets verspürt, wenn man beobachtet wird. Blitzschnell fuhr sie herum.
Sie sah eine hastige Bewegung und den Schatten eines Mannes zwischen zwei Häusern verschwinden. Sie war sich nicht ganz sicher, aber sie meinte, diesen Schatten heute schon einmal gesehen zu haben. Sie kannte den Mann, der diesen typischen Schatten warf.
Langsam fuhr sie zu dem Gasthof zurück in dem sie einquartiert war. Als sie an einer kleinen Boutique vorbeikam, stoppte sie und stieg aus. Sie mußte sich neu einkleiden, und diesmal nicht nur aus Spaß an modischem Firlefanz.
Denn im Schaufenster war genau das Modell ausgestellt, das Nicole brauchte …
***
Die Ghouls waren außer sich. Sie rasten vor Zorn über die Arroganz des Asmodis. Mit einem einzigen Schlag hatte der Fürst der Finsternis ihre Pläne zerschlagen, hatte das Angebot verschmäht, ohne es vernommen zu haben, und zwei der ihren getötet.
Das schrie nach Vergeltung.
Aber wie sollten ein paar Ghouls, auch wenn sie ein verhältnismäßig großer Clan waren, sich an Asmodis rächen?
»Wir wollten ihm Zamorra schenken und uns dadurch Privilegien erkaufen«, zischte der Anführer. »Das geht nun nicht mehr. Asmodis hört uns nicht einmal an. Wir sind für ihn und die anderen nicht viel mehr als Dreck.«
»Fluch über ihn«, sangen die anderen im schaurigen Chor.
»Aber es gibt eine Möglichkeit«, fuhr der Anführer fort. »Wir werden ihm Zamorra dennoch schenken …«
»Das ist Unsinn! Warum sollten wir? Wir bekommen nichts dafür!«
Der Anführer verzog das Gesicht zu einem breiten, spöttischen Grinsen. »Nun, wir werden Zamorra vorher von seinen Fesseln befreien. Wir werden ihn nicht als wehrlosen Gefangenen zu Asmodis bringen – sondern als starken Kämpfer! Das wird unsere Vergeltung sein! Zamorra wird gegen Asmodis kämpfen und ihn womöglich verletzen! Das ist etwas anderes, als wenn wir ihn dem Fürsten nur so zum Fraß anbieten. Und vielleicht … vielleicht schwächen sich beide Gegner so weit, daß …«
Er unterbrach sich, weil er erkannte, daß es für seine Gedanken zu früh war. Sie konnten nur versuchen, das Beste aus ihrer Lage zu
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