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0278 - Tupilak, das Schneemonster

0278 - Tupilak, das Schneemonster

Titel: 0278 - Tupilak, das Schneemonster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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den wärmeren Zonen Europas.
    Für sie beide konnte eine Nacht im Freien tödlich sein.
    »Wenn ihr diesen Iglu nicht wieder flicken wollt, vielleicht habt ihr eine andere Unterkunft für uns?« knurrte er die Innuit an. Sie wichen vor ihm zurück. Naugor trat zu ihm.
    »Still, Zamorra«, warnte er. »Sie halten dich für einen bösen Zauberer, der vom Feuergeist besessen ist. Sie glauben nicht mehr, daß du des Tupilaks wegen hier bist. Ein Mann, der Blitze verschleudern kann, ist ihnen nicht geheuer.«
    Zamorra atmete tief durch. »Das heißt also, daß ich keinerlei Unterstützung mehr zu erwarten habe?«
    Naugor nickte.
    »Und du, Freund?«
    Naugor zuckte mit den Schultern. »Ich sah, daß es eine Waffe war. Aber ich begreife sie nicht. Aber du darfst nicht vergessen, daß ich der künftige Häuptling bin. Ich muß zu meinem Stamm halten. Was wirst du tun?«
    Zamorra hob die Hand.
    »Ich werde die Unterkunft dessen aufsuchen, der in der Nacht floh, und mich darin einrichten.«
    »Du weißt, wer es war?«
    »Du etwa nicht, zukünftiger Häuptling?« Zamorra zuckte mit den Schultern und marschierte los. Er dachte an das Höllengelächter aus dem Funkgerät. Sowohl der Inuk, der ihn und Nicole hatte ermorden wollen, wie auch der Flüchtende waren nur Handlanger. Ein anderer zog die Fäden. Aber wer?
    Vor dem Iglu des Schamanen blieb Zamorra stehen. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn er Unrecht hätte, überlegte er. Er schob die Iglu-Türfelle zur Seite und kletterte langsam ins Innere.
    Es war dunkel. Das kleine Feuerchen war erloschen. Zamorra zog die Stablampe aus der Tasche und knipste sie an. Im Lichtkegel sah er, daß der Iglu wie erwartet leer war. Hier und da lagen Fetische und Beutel mit seltsamen Inhalten. Ein paar Pergamente, säuberlich zusammengerollt, waren neben dem Nachtlager des Schamanen gestapelt. Reste einer Mahlzeit stanken tranig.
    Also war es wirklich Shinan, der geflohen war.
    »Diese Hütte ist jetzt meine«, sagte Zamorra, als er wieder nach draußen trat. »Der Schamane floh, nachdem sein Mordanschlag mißlang.«
    »Mordanschlag?« schrie jemand. »Schau, was du getan hast, Weißer!«
    Er deutete mit ausgestrecktem Arm auf die Hütte, die nach dem Lasertreffer niedergebrannt war und jetzt nur noch matt glomm. »Und du hast gewagt, den Angakok anzugreifen? Warum? Fürchtest du nicht die Rache der Geister?«
    »Fürchtet ihr nicht den Tupilak?« fragte Zamorra ebenso laut zurück.
    »Ich versuche, ihn zu vernichten. Ihr solltet mir helfen.«
    »Warum hast du Blitze nach dem Angakok geschleudert?«
    »Warum hat er mich angegriffen? Warum hat er Coyon mit einem Pfeil erschossen?« Abrupt wandte Zamorra sich ab, um Nicole aus dem kalten Iglu in den des Schamanen zu bringen. Zwei, drei Innuit traten ihm in den Weg.
    »Wir haben dich nicht gerufen, Weißer«, zischte einer von ihnen. »Du bist der Feind des Schamanen. Der Angakok wird seine Gründe haben. Du bist ein Dämon. Ein böser Geist, der sich eines Körpers bedient, uns zu verderben. Der das will, was der Tupilak nicht schafft.«
    Fast hätte Zamorra aufgelacht. Die Situation konnte grotesker nicht mehr sein. Er ein Dämon! Das hatte es auch noch nicht gegeben.
    »Geh, oder wir töten dich, Feind unseres Schamanen«, sagte der Wortführer.
    Die anderen rückten auf, begannen Zamorra zu umkreisen. Der merkte, daß es gefährlich wurde. Shinan mußte seine Leute gut im Griff haben.
    Er selbst war geflohen, weil Zamorra ihm aus irgend einem Grund gefährlich werden konnte. Aber die anderen würden für ihn arbeiten.
    Ihre uralten Traditionen und ihr Glaube waren stärker als alles andere.
    Wer Feind des Schamanen war, war Feind des Stammes.
    »Naugor, bring sie zur Vernunft«, bat Zamorra leise.
    Aber Naugor rührte sich nicht.
    Zamorra versuchte ihn zu verstehen. Er war zum neuen Häuptling ausersehen, und er konnte sich nicht gegen seinen Stamm stellen. Dabei arbeitete dieser Stamm dem Tod in die Hände! Diese Männer schadeten sich selbst!
    »Shinan, der Angakok, betrügt euch«, sagte Zamorra.
    »Lügner!« brüllten drei, vier Männer zugleich. »Lügner! Lügner! Dämon, der Zwietracht in unsere Herzen säen will! Doch das wird dir nicht gelingen!«
    Zamorra wußte, daß er verloren hatte. Sie würden nicht auf ihn hören.
    Sie begriffen nichts. Und wenn er ihnen jetzt seine Vermutung nahelegte, würden sie vielleicht über ihn herfallen. Glauben würden sie ihm keinesfalls, daß er in Shinan den Mann sah, der den Tupilak gerufen

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