028 - Die Kapuzenmaenner
Liebe, die sie unruhig machte, sondern auch die Erinnerungen an Läden, weibliche Gesellschaft, das Ballett, Theater, Nachtclubs. Sie hatte das Leben geliebt und das Leben hier war der Tod.
Ihre Finger suchten nach dem Schlüssel am Haken. Das Metall fühlte sich merkwürdig warm an. Sie ließ den Schlüssel fallen und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. Im offenen Tor stehend, schaute sie quer über den Platz zur Kirche hin und suchte nach einem Licht oder sonstigen Lebenszeichen im Ort. Nichts als Schweigen und Nebel, der die Häuser einhüllte. Als sie die Hand ausstreckte, um das Tor zu schließen, stellte sie fest, daß sie es nicht anzufassen vermochte. Sie rannte schnell zur Kirche und stieß eine der schweren Türen gerade so weit auf, daß sie durchschlüpfen konnte.
Der dunkle Raum wurde durch das ewige Licht beim Taufstein nur schwach erhellt. Sie eilte schnell mit niedergeschlagenen Augen nach hinten, um das hinter dem Tauf stein stehende Götzenbild nicht ansehen zu müssen.
Beim befleckten Altar wartete sie auf Belial. Es machte ihm Spaß, sie warten zu lassen; es stärkte sein Selbstgefühl, Macht über die hochwohlgeborene Dillon zu haben.
Schließlich trat er zwischen den Vorhängen hinter dem Götzenbild hervor und schaute sie unter der lila Kapuze an. Valerie bewegte sich unruhig; sein starrer Blick schien ihr wie eine körperliche Berührung. „Warum hast du nach mir gesandt?“ fragte sie in dem Wunsch, die Unterhaltung so schnell wie möglich zu beenden.
„Warum ist Dr. Campion hier, Valerie?“
„Großvater hat ihn gerufen.“
„Will er ihm seinen Platz als Haupt des Hauses Dillon anbieten?“
„Das hätte keinen Sinn, Belial. Eric ist ein guter Mensch. Er würde mit uns nichts zu tun haben wollen.“
„Was ist dann der Grund?“
„Er hat seine Lehrtätigkeit aufgegeben und ein Büro eröffnet. Das hat Großvater veranlaßt, anzunehmen, er könne ihm gegen dich helfen. Eric ist ebenso gut wie du böse bist, Belial. Ich habe dich gewarnt, daß Großvater nicht einfach zusehen würde, wie du die Macht übernimmst. Er wird dich nie als Führer hier anerkennen.“
„Ich habe mir die Macht schon genommen“, sagte Belial spöttisch.
„Das hast du nicht, Belial. Du denkst vielleicht, daß du stärker bist, aber wenn Eric Großvater hilft, hast du keine Chance. Ich habe außerdem von der Macht, von der du sprichst, noch nichts gesehen. Die Leute hier beugen sich deinem Willen, das ist aber auch alles. Du kannst nicht einmal den Tiger loswerden.“
„Sperre Paul ein, und es gibt keinen Tiger.“
„Du weißt genau, daß es nicht Paul ist“, sagte sie ärgerlich. „Du willst ihn nur loswerden, um sicher zu sein, daß er nicht doch Großvaters Platz einnimmt. Falls Großvater ihn wieder heilt, wird er dein Herr sein.“
„Paul wird niemals anstatt Henri regieren. Er ist zu schwach. Und du weißt, daß es keine Kur gibt, die ihn für immer heilt.“
„Großvater wird dich eher töten, als dich als Erben anzuerkennen.“
„Du hast mich um Hilfe gebeten, weil Pere Henri deine Bitten nicht erfüllt. Warum wehrst du dich jetzt gegen mich? Ich bin der einzige, an den du dich wenden kannst.“ Seine dunklen Züge sahen im flackernden Licht noch unmenschlicher aus.
Valerie hob die Augen. Dies war das Gesicht uralter, schrecklicher Sünde. Fäulnis und Korruption in Menschengestalt. Sie hatte nicht bemerkt, daß er um den Altar herumgekommen war. Als er seine Hand auf ihren Arm legte, weckte seine Berührung heiße Scham in ihr. Belial hatte die Macht, ihre Gedanken förmlich zu lähmen.
„Nimm deine Hände weg“, sagte sie im gebieterischen Ton der alten Gandillons, die ihr Volk mit königlicher Hand regiert hatten. Wie die Knechte, von denen er abstammte, zuckte Belial unter ihrem Befehl zusammen. „Du willst mir nicht helfen, nicht einmal, wenn du könntest. Du willst nur das Dillon-Geld und die Dillon-Macht. Du willst herrschen, du willst die Praktiken des ersten Honore wieder einführen.“
„Das werde ich, Valerie. Ich werde den Namen Gandillon wieder berühmt machen. Anstatt uns hier in Widderburn zu verstecken, werde ich der Menschheit zeigen, wie klein doch ihre Napoleons waren.“
„Und du glaubst, du bist so stark, daß du Großvater und Eric besiegen kannst? Vielleicht bist du bösartiger als Henri Dillon, aber Eric hat etwas, was du nicht verstehst. Ihn kannst du nicht besiegen, und er wird mich schützen.“
„Wird er das noch
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