0284 - Der Henker und sein Millionär
vor seinen Augen. Bowling fiel kraftlos vornüber und blieb reglos liegen.
***
Lieutenant Hepburn sah nachdenklich auf den Toten. Dann wandte er sich an David Moore.
»Der Täter muss ihm an der Wegkrümmung aufgelauert haben, Doc. Dort haben Friedhofsarbeiter Werkzeuge und eine Windlaterne gefunden. Der Schmutz an den Hosenbeinen und an den Innenflächen deutet darauf hin, dass Bowling sich unter größter Kraftanstrengung zu dieser Grube geschleppt hat.«
»Das kann durchaus zutreffen, Hepburn. Nach den äußeren Anzeichen hat der Mörder das südamerikanische Pfeilgift Curare verwendet. Der Tod ist nach Mitternacht eingetreten. Ich würde sagen, zwischen eins und drei Uhr morgens. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Bowling Sand unter den Fingernägeln hat.«
Hepburn nickte. »Er hat also nach irgendetwas gegraben. Und zwar in dieser Grube hier, Doc.«
Er ließ den Toten herausheben und bückte sich dann. Mit den Händen wühlte er im Boden herum. Er spürte einen Widerstand und scharrte weiter. Nach zwei Minuten hatte er einen viereckigen braunen Holzkasten freigelegt. Er reichte ihn nach oben und kletterte dann aus der Grube heraus. Der Kasten war verschlossen.
»Warwick, versuchen Sie, das Ding aufzumachen.«
»Ja, Sir!«
Der ältere Beamte bückte sich und hantierte mit einem Dietrich herum. Dann schüttelte er den Kopf.
»Nichts zu machen, Lieutenant.«
»Nehmen Sie ein Stemmeisen, Warwick. Dieser Kasten muss ein Geheimnis enthalten, welches über den Mord an Bowling Aufschluss gibt. Ich glaube fast, er ist nur zu der Grube gekrochen, um uns darauf aufmerksam zu machen.«
Warwick schlug zweimal mit dem Hammer auf den Kopf des Stemmeisens. Er merkte, wie sich der Deckel lockerte. Ein weiterer Schlag ließ das Holz zersplittern. Das Schloss lag frei. Warwick legte das Werkzeug beiseite. Er griff mit beiden Händen zu und riss den Deckel hoch. Dann prallte er entsetzt zurück.
»Lieutenant«, stammelte er.
Der Kasten hatte sein Geheimnis preisgegeben. Er enthielt den Kopf eines Mannes.
Larry Hepburn schluckte schwer. »So etwas gibt es doch nicht, Doc. Das muss ein Traum sein. Wir leben doch im 20. Jahrhundert.«
Doc Moore betrachtete nachdenklich den grauenhaften Fund. Als er sich aufrichtete, war er bleich.
»Nun können Sie wohl die Identität Ihres unbekannten Mannes erklären, Hepburn«, sagte er heiser. »Sehen Sie sich nur die glatte Schnittfläche an. Das ist einwandfrei der Kopf des Mannes, den Sie gestern Morgen in der Telefonzelle gesehen haben.«
Hepburn zog wortlos den Fotografen heran. Der machte schweigend seine Aufnahmen. Inzwischen trat der Lieutenant zu einem Beamten, der auf allen vieren am Rande der Grube herumkroch.
»Gibt es noch etwas, Bailey?«
Der Detective hob den Kopf. »Der ganze Boden ist hier zertreten, Lieutenant. Es ist natürlich möglich, dass die Spuren von den Arbeitern stammen, die das Loch ausgehoben haben. Aber irgendwie erinnert mich das Ganze an meine Militärzeit. In unserem Lager war auch so weicher Sandboden. Zum Frühsport nahmen wir immer in gewissen Abständen Aufstellung. Wenn wir dann unsere Übungen hinter uns hatten, sah der Platz auch immer so aus. Sehen Sie? Hier sind bestimmte Stellen in Abständen wie ausgewalzt. Die Vertiefungen könnten durch Knie entstanden sein.«
Hepburn winkte den Fotografen heran. »Machen Sie ein paar Fotos davon, Binns. Seltsam sieht es schon aus, aber ich kann mir schlecht vorstellen, dass hier ein Sportverein seine Leibesübungen macht.«
Eine halbe Stunde später verließen die Männer der Homicide Squad Brooklyn den Friedhof. Sie fuhren zur Borough Hall zurück. Dort setzte Larry Hepburn sich hin um seinen Bericht für die Center Street zu machen. Arno Binns entwickelte seine Fotos, und Doc Moore fuhr mit dem braunen Holzkasten zur Morgue, denn alles muss seine Ordnung haben. Kopf und Körper einer Leiche gehören schließlich zusammen. Doch die drei Männer sollten eine Riesenüberraschung erleben.
***
»Lieutenant Hepburn kommt gerade aus der Center Street«, sagte Mr. High zu mir und meinem Kollegen Phil Decker, als wir ihm im Office gegenübersaßen.
»Sie erinnern sich vielleicht«, fuhr der Chef fort, »dass wir vor kurzem ein Rundschreiben bekommen haben. Darin wird darauf hingewiesen, dass sich unter den vermissten Personen der letzten Wochen auch vier bekannte Millionäre unseres Landes befinden. Es handelt sich da im einzelnen um Kenneth Wilford aus San Francisco, Donald Maringer aus
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