0289 - Rendezvous mit Handgranaten
Strümpfe. Als ich die Schalterhalle der »Californian-Banc do Brasil« betrat, sah ich zwei Männer am Schalter für Depotanlagen stehen.
Ich glaube, ein Geheimpolizist erkennt andere Geheimpolizisten jeder Rasse und in jedem Land auf Grund einer Art Witterungsvermögen, das sich im Laufe der Jahre von selbst ausbildet. Die beiden Knaben am Schalter waren einwandfrei Kriminalbeamte, und daß sie dort standen, war nicht mehr als logisch. Leutnant Silvas wußte, wo ich die Hatway-Dollars deponiert hatte, und er konnte es sich an den Fingern einer Hand ausrechnen, daß ich die Tasche irgendwann wieder abholen würde.
Die Beamten hatten mich noch nicht entdeckt. Ich machte eine elegante Kurve und bog in das Zimmer des Direktors ab.
»Ich brauche meine Tasche, die ich unter dem Stichwort ›Lilian Hatway‹ bei Ihnen deponierte, ohne daß die beiden Detektive, die ihren Depotschalter bewachen, es merken.«
Er rieb sich das Kinn.
»Das brächte mich in Schwierigkeiten mit der brasilianischen Polizei. Der Oberst Concheiros war schon persönlich in diesem Büro und hat mich angebrüllt, ich leiste schweren Verbrechen Vorschub.« .
»Wollen Sie eine bestimmte Telefonnummer in New York anrufen und mit John D. High sprechen?«
»Wer ist das?«
»Der Chef des FBI.-Distriktes New York.«
Er sah mich erstaunt an.
»Sind Sie FBI.-Beamter.«
Ich nickta. Er griff zum Telefon, zog aber die Hand wieder zurück.
»Ich glaube Ihnen. Die Unkosten für das Gespräch kann ich der Bank ersparen.«
»Das FBI würde Sie Ihnen erstatten«, sagte ich lächelnd.
Er lächelte zurück. »Okay, ersparen wir sie auch dem Steuerzahler. — Warten Sie einen Augenblick!«
Nach einigen Minuten kam er zurück und trug die Tasche in der Hand. Ich übernahm sie, dankte und sagte:
»Besser, Sie erzählen dem Oberst Concheiros nicht, daß ich FBI.-Beamter bin. Ich habe keine offizielle Erlaubnis, meinen Beruf in diesem Land auszuüben.«
»Ich habe begriffen«, antwortete er. »Übrigens, die Bank verfügt über einen Nebenausgang. Soll ich Ihnen den Weg zeigen?«
Als ich, die Tasche in der Hand, mir ein Taxi heranwinkte, taten mir Leutnant Silvas Detektive leid. Wenn alles vorüber war, beschloß ich, dem Leutnant eine Karte zu schreiben, damit er seine Leute nicht bis zum Pensionsalter am Depotschalter der »Californian-Banc do Brasil« stehen ließ.
***
Der Zug raste durch das Land. Mit mir schaukelten ein dicker Kaffefarmer in einem weißen, zerknitterten Tropenanzug, ein Offizier der brasilianischen Luftwaffe, eine grell geschminkte Senhorita und ein schüchterner Verwaltungsbeamter im gleichen Abteil. Je länger die Fahrt dauerte, desto mehr verloren die Fahrgäste ihr hauptstädtisches Benehmen.
Der Kaffeefarmer schnarchte mit offenem Mund, die Senhorita begann einen massiven Flirt mit dem Offizier, der Verwaltungsbeamte rauchte riesige Zigarren, die das Abteil mit dichtem Nebel erfüllten.
Ich duselte vor mich hin. Die Tasche hatte ich an die Kette gelegt, und so neben mich auf den Sitz gestellt, daß ich die Kette durch meinen Körper verdeckte.'
Irgendwann gegen Mittag fühlte ich,' daß jemand mich anstarrte. Ich blickte durch das Glas der Schiebetür hinaus auf den Gang. Der Mann, der dort stand, den Hut ins Genick gezogen, hatte ein Pflaster auf der Stirn. Er zeigte seine prachtvollen Zähne in inem charmanten Lächeln, aber seine Augen lächelten nicht mit, sondern musterten mich mit einem starren Drillbohrerblick. Auf dem Gang stand Senhor Alfonso da Rasun.
Ich stieß einen Seufzer aus. Das Leben wurde immer härter. Ich stand auf und nahm meinen Koffer aus dem Gepäcknetz und öffnete ihn. Obenauf lag der großkalibrige Wild-West-Revolver, den ich dem ersten brasilianischen Gangster, der sich ernsthaft um die Hatway-Dollars bemüht hatte, noch im »Roreiras-Hotel« aus der Hand geschlagen hatte. Die Kanone war damals unter einen Sessel geschlittert. Ich hatte sie entdeckt, während Silvas den Wagen besorgte. Einen Augenblick lang hatte ich geschwankt, ob ich sie dem Leutnant übergeben sollte. Selbstverständlich hatte ich meine Smith and Wesson 38er Special zu Hause gelassen. Ich war der Meinung, daß dieser Job nicht mit einem Schießeisen zu erledigen war, aber ich hatte dann doch den Revolver in den Kofer gepackt. Jetzt, nach einigen trüben Erfahrungen und mit einem Typ wie Senhor da Rasun vor der Tür, wechselte meine Meinung.
Ich steckte die Watte in den Hosenbund, schloß den Koffer, packte die Aktentasche,
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