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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Amery war gefangen, man wollte ihn ermorden und - er liebte sie!
    Endlich vermochte sie sich aufzuraffen und sich zu vier kleinen Lichtpunkten zu schleppen, die sich als Löcher in der Tür erwiesen. Sie schaute hindurch in eine Art Küche. Ein Mann saß am Tisch, sein Kopf lag auf den Armen, und neben ihm standen ein leeres Glas und eine fast leere Flasche. Mr. Tame! - Jessies Vater!
    Elsa versuchte, die Tür zu öffnen, aber sie war zugeschlossen. Doch war Hoffnung vorhanden, denn der Mann schlief, und wenn sie ein Mittel finden konnte, die Tür zu öffnen, mußte ihr die Flucht gelingen. Sie hörte ihn schnarchen, und mit aller Gewalt drückte sie gegen die Tür, jedoch vergeblich. Sie fühlte sich schwach, doch auch wenn sie bei vollen Kräften gewesen wäre, hätten sie kaum ausgereicht, das Schloß zu sprengen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten. Aber während des Wartens marterten sie die Gedanken, was mit Amery geschehen war, in dessen Augen sie mehr Liebe und Zärtlichkeit gesehen hatte, als sie je für möglich gehalten hätte.
    Der Gedanke trieb sie fast zum Wahnsinn. Abermals warf sie sich gegen die Tür. Plötzlich hörte sie Schritte im Hausflur, und ihr Herz schien zu stocken. Eine Stimme klang von der Treppe her, dann war es wieder ruhig. Nach einer Weile hörte sie wieder Schritte, und dieselbe Stimme rief:
    »Vater?« Es war Jessie Tame.
    War es möglich, daß sie mit diesen schrecklichen Männern gemeinsame Sache machte?
    »Vater, bist du unten?«
    Jessie hatte anscheinend ein Licht gesehen, denn jetzt hörte Elsa, wie sie sich der Küche näherte.
    »Vater, was ist los?«
    »Jessie, um Himmels willen!«
    Das Flüstern erschreckte Jessie Tame so, daß sie zusammenfuhr.
    »Wer ist das?« stammelte sie ängstlich. »Ich bin es, Elsa Marlowe.«
    »Wo sind Sie? Sie haben mich so erschreckt«, wimmerte Jessie.
    »Machen Sie kein Geräusch! Ich bin hier.«
    »In der Vorratskammer?« flüsterte Jessie erstaunt.
    »Bitte, lassen Sie mich heraus!«
    Jessie Tame bewegte sich vorsichtig bis zur Tür, wobei sie den schlafenden Mann nicht aus den Augen ließ.
    »Das Vorlegeschloß ist zu - er muß den Schlüssel in der Tasche haben. Hat er Sie hier eingeschlossen? O Himmel, ich ahnte schon immer, daß etwas nicht richtig ist!« Sie versuchte, das Schloß loszureißen. »Ich will gehen und meinen Schlüssel holen«, flüsterte sie. Elsa schien sie eine Stunde fortgewesen zu sein, obgleich es nur wenige Minuten dauerte, bis sie zurückkam. Auf den Fußspitzen schlich Jessie an die Tür heran und versuchte einen Schlüssel nach dem andern, bis sich endlich das rostige Schloß öffnete und Elsa in die Küche trat. In diesem Augenblick grunzte Mr. Tame im Schlaf und bewegte sich.
    »Schnell, schnell!« hauchte Jessie und zog ihre Freundin auf den Gang. »Er wird mich töten, wenn er merkt, was ich getan habe.«
    Gerade, als sie die Treppe hinaufstiegen, wachte Tame auf. Er warf einen Blick auf die offene Tür und fuhr mit einem Schrei auf, der das Blut seiner Tochter erstarren ließ. Er rannte den Gang entlang und die Treppe hinauf. Jessie versuchte, das Schloß zur Eingangstür zu öffnen, aber ihre Finger waren wie gelähmt. Elsa schob sie zur Seite. In dem Augenblick, als Tames Kopf auf der Treppe erschien, öffnete sich die Tür - die beiden Mädchen stürzten ins Freie und schlugen die Tür hinter sich zu.
    Die Straße lag vollkommen im Dunkeln. Nicht eine Seele war zu sehen, als sie der Hauptstraße zueilten. Tame verfolgte sie schwankend. Teils in seiner Trunkenheit, teils aus Furcht brüllte und schrie er fürchterlich.
    Elsa schaute sich beim Laufen um und entdeckte, daß sie allein war. Jessie, die die Gegend kannte, war, von ihrem Vater unbemerkt, in eine Seitenstraße gerannt. Tame schien sich von seiner Benommenheit zu erholen, denn er kam ihr immer näher.
    Plötzlich, als Elsa ihre Kräfte schon schwinden fühlte, kam die Rettung. Im Schein der Straßenlaternen erschien eine Reihe uniformierter Männer, die Nachtstreife kehrte vom Dienst zurück.
    Sie lief wie besinnungslos in die Gruppe hinein, und ein dicker Polizeibeamter fing sie in seinen Armen auf, als sie ohnmächtig zusammenbrach. Die Nacht und der Schrecken verschwanden in der Bewußtlosigkeit, aus der sie erst erwachte, als die Morgensonne das Hospitalbett beschien, in dem sie lag.

49
    Um elf Uhr am nächsten Morgen betrat Inspektor Bickerson das Büro seines Kommissars und sank ermüdet auf einen Stuhl. Wille schaute unter

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