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0295 - Grauen hinter festen Türen

0295 - Grauen hinter festen Türen

Titel: 0295 - Grauen hinter festen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grauen hinter festen Türen
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Blutspuren unter seinen Fingernägeln vorhanden sein müssen. Und an seinen Füßen oder Hinterarmen oder wie man das sonst nennt, hätten Erdspuren von der Baustelle sein müssen, wenn auch nur winzig kleine. Aber all das ist eben nicht vorhanden. Nach, Menschenermessen kann er es also nicht gewesen sein.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Daran habe ich auch nie geglaubt. Wenn wirklich der Affe Paulsen umgebracht hätte — warum sollte dann ein Mensch die Leiche von Paulsen auf einer Baustelle verschwinden lassen wollen? Außerdem mag der Affe vielleicht stark genug sein, jemanden so zu töten, wie wir es in den beiden Fällen gesehen haben, aber die Spuren am Halse hätten meines Erachtens dann doch anders aussehen müssen. Auch ein Affe hat Finger, die im Prinzip genauso arbeiten wie unsere menschlichen. Abgesehen vom Daumen. Immerhin also hätten Würge- oder Druckmerkmale vorhanden sein müssen, die deutlich von Fingern herrührten. Und eben das ist nicht der Fell gewesen. Der Arzt meinte was von einer Metallstange. Die Finger selbst eines Orang-Utan sind keine Metallstange.«
    »Zweifellos nicht«, stimmte Phil zu und zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. »Aber wir mußten der Spur mit dem Orang-Utan nachgehen, nachdem erst einmal ein phantasievoller Journalist diesen Gedanken in die Welt gesetzt hatte.«
    »Das haben wir ja getan, aber es hat uns nur aufgehalten. Der einzige Erfolg dieser Bemühungen bestand darin, daß Horriot — ohne H in der Aussprache — seinen Affen wiederbekam. Wir dagegen sind noch keinen Millimeter weiter. Da wird ein Mann umgebracht, den der FBI. fieberhaft gesucht hat. Wenig später ein zweiter Mann, dessen Identität bis auf den Tag noch nicht geklärt ist — und wir sitzen so fest wie selten zuvor. Bis zum Augenblick haben wir nicht einmal den leisesten Verdacht. Soll ich dir etwas sagen?«
    »Na?« fragte Phil.
    »Nach meiner Meinung könnte dies einer von den sechs Prozent aller Mordfälle werden, die laut FBI-Statistik niemals aufgeklärt werden.«
    »Sei nicht so pessimistisch«, murmelte Phil. »Manche Morde sind noch nach vielen Jahren aufgeklärt worden.«
    »Du Wunder an Geduld«, seufzte ich. »Ein Fall, der von anderen Leuten nach vielen Jahren aufgeklärt wird, ist wenigstens für mich ein unaufgeklärter Fall.«
    Wir sprachen noch eine Weile hin und her, dann schlug Phil vor, zu Masterson zu fahren, um zu hören, ob sich bei der Mordkommission inzwischen nicht etwas abgezeichnet habe, was eine Spur genannt werden konnte.
    Ich stimmte zu und faltete die Zeitung zusammen, in der ich vorher gelesen hatte.
    »Was willst du mit der Zeitschrift?« fragte Phil.
    »Ich habe einen Artikel angefangen, als du kamst. Jetzt möchte ich ihn auch irgendwann zu Ende lesen. Du weißt, daß es mich verrückt macht, wenn ich halbfertige Sachen herumliegen lassen muß.«
    »Manchmal bist du ein Wunder von Korrektheit«, grinste Phil. »Aber auch nur manchmal!«
    Ich sagte ihm auch ein paar schmeichelhafte Dinge, damit ein gewisser Ausgleich wiederhergestellt wurde.
    Unterdessen aber machten wir uns auf den Weg zu Masterson. Als wir sein Büro betraten, sah er kurz auf und rief dann:
    »Sie kommen wie gerufen. Wir wollen gerade den Mann abholen, der höchstwahrscheinlich die beiden Morde auf dem Gewissen hat. Sind Sie noch interessiert? Dann fahren Sie mit!«
    Und ob wir interessiert waren!
    ***
    Der Mann nannte sich Big Tom.
    Sein voller Name lautete Thomas Elver Hardstone. Er war ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und trat in einem Tingel-Tangel in Queens auf. Wie Masterson ihn ausfindig gemacht hatte, mochte der Himmel wissen.
    Wir bezahlten die fünfzig Cent, die als Eintritt verlangt wurden, und setzten uns auf die rohen Bretter, die man über ein paar Kisten und Fässer gelegt hatte. Als sich ungefähr dreißig Leute versammelt hatten, ging die »Vorstellung« los.
    Es war das übliche Programm eines winzigen Unternehmens, das die Hoffnung nicht aufgibt, sich emporarbeiten zu können.
    Ein paar Artistenfamilien, die mit harter Arbeit und einigem Wagemut die schon so oft gesehenen Tricks vorführten. Eine fünfjährige Seiltänzerin. Vier Geschwister zwischen neun und sechzehn mit Akrobatik am Reck. Ein Messerwerfer mit seiner ausgemergelten Frau. Ein Clown, der origineller war als seine Berufsgenossen in manchem großen Zirkusunternehmen. Und schließlich »Big Tom«.
    Als er auftrat, wurden Phil und ich an den Orang-Utan erinnert. Sicherlich wog Big Tom mehr als zwei Zentner.

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