0297 - Der Verräter
dunklen Augen suchend hin und her, während sie ein paarmal schluckte.
»Wo ist er?« hauchte sie.
»Wen meinst du?« fragte Suko.
»Myxin.«
Shao und ihr Freund warfen sich einen schnellen Blick zu. Suko verstand ihn so, daß er antworten sollte. »Wir haben ihn nicht mehr gesehen, Kara. Das Bild zerbrach.«
»Ich habe mich nicht getäuscht?«
»Nein, das hast du nicht. Wir sahen ihn ebenfalls. Er hielt dein Schwert in der Hand und ging den Teufel an.«
»Mandraka war auch dabei.«
Suko nickte.
Kara drehte den Kopf zur Seite und begann leise zu schluchzen.
»Es ist alles aus, Myxin hat nicht reagiert. Er ist wirklich zum Verräter geworden. Glaubt mir.«
»Aber das kann nicht sein!« widersprach Suko. »Erinnere dich nur an die Szene, die wir alle gesehen haben. Da stand Myxin mit stoßbereitem Schwert, um dem Teufel die Klinge in den Leib zu rammen. Wie soll er da auf der anderen Seite stehen?«
»Er wollte sich Mandraka anschließen.« Kara wälzte sich hastig auf den Rücken. »Versteht ihr nicht? Mandraka ist ein Feind der Hölle. Deshalb hat sich Myxin gegen den Teufel gestellt.«
»Das ist schwer zu glauben«, sagte Shao.
»Dennoch eine Tatsache«, erklärte Kara. »Ihr habt nicht mit ihm geredet, das habe ich getan. Ich allein bei den flammenden Steinen. Dort sprach ich mit ihm, und da hat er mir erklärt, daß er keine andere Chance mehr für sich sieht, als die Seite zu wechseln.«
Die Schöne aus dem Totenreich bekam von den beiden keine Antwort. Sie schaute erst Shao an, dann Suko, bevor sie seufzend sagte:
»Ich merke schon, ihr glaubt mir nicht, und ihr werdet mir nie glauben. Tut mir leid, aber ich…«
Suko hob die Schultern. »Wir können nichts mehr machen«, murmelte er. »Wenn ich nur wüßte, in welch einer Dimension sich John befindet, dann wäre mir wohler.«
Kara hatte die Sätze trotzdem verstanden und gab auch eine Erwiderung. »In keiner anderen«, erklärte sie.
»Wieso? Ich…«
»Nein, Suko. John und Myxin befinden sich in derselben Dimension. Und zwar auf der Erde.«
Suko fuhr herum. Auch Shaos Gesicht zeigte einen gespannten Ausdruck. »Was?« zischte sie.
»Ja, so ist es. Ihr konntet nur sehen, ich aber fühlte noch. Ich merkte die Strömungen. Mir war auf einmal das Land bekannt, in dem der große Kampf ausgetragen wird. Kräfte der Vergangenheit prallen mit denen aus der Gegenwart zusammen. Und das geschieht in Ungarn.«
Suko schwieg, weil er überrascht war. Shao aber griff nach seinem Arm. »Da mußt du hin und ihm helfen!«
»Nein«, widersprach Kara. »Wie soll er das schaffen? Das Land ist weit, und wir wissen nicht, wo sich John aufhält. Die große Auseinandersetzung spielt sich jetzt ab. Die Zeit, um nach Ungarn zu fliegen, habt ihr nicht mehr.«
»Und wenn wir uns durch Telekinese dorthin schaffen?« rief Suko. »Du hast es schon mehr als einmal bewiesen, daß du es kannst.«
»Wie denn? Ich habe mein Schwert nicht.«
»Du bist ohne Schwert gekommen«, hielt Suko ihr entgegen.
Kara lächelte nur. »Denk an die flammenden Steine. Ich habe ihre Magie ausgenutzt. Hier ist nichts. Wir müssen uns auf John Sinclair verlassen, und er muß sich auf sich selbst verlassen. So ist das nun mal, so hart es sich auch anhört.«
Da ließen Suko und Shao ihre Schultern sinken. Es gab nichts mehr zu sagen.
Man konnte nur noch warten und hoffen…
***
Daß ich trotz der miesen Beleuchtung etwas sah, hatte ich einem krakenhaften Monstrum zu verdanken und zwei Flammengeschöpfen, die genügend Helligkeit abstrahlten, so daß ein Teil des Zimmers fahl ausgeleuchtet wurde.
Myxin kämpfte wie ein Berserker.
Er hatte das Schwert in Besitz genommen, und er wußte die Klinge sehr gut zu führen.
Allerdings hatte man ihn auch in die Enge getrieben. Und die fünf Höllengeschöpfe, die sich vor ihm aufhielten, machten es geschickt, denn sie hielten stets den nötigen Abstand, damit sie von der leicht gebogenen Schwertklinge nicht erreicht werden konnten.
Ein Wesen mit vier dünnen Beinen und einem Frauenkopf war besonders raffiniert. Es hatte sein breites Maul geöffnet und schleuderte eine lange Zunge hervor.
Vielleicht hätte Kara, die das Schwert besonders gut führen konnte, die Zunge erwischt.
Myxin war dies leider nicht möglich. Er schlug zwar zu, fehlte jedoch, und der Zunge gelang es, sich gedankenschnell um sein rechtes Bein zu wickeln. Über welch eine Kraft die Zunge verfügte, merkte ich in der nächsten Sekunde.
Myxin wurde plötzlich ein Bein
Weitere Kostenlose Bücher