0297 - Der Verräter
hatte und auch den Mann anleuchtete, den die Vampire im offenen Sarg hergetragen hatten.
»Sinclair!« schrie der Satan mit Stentorstimme. »Da ist er! Du kannst dir den Schwarzblut-Vampir holen! Ich serviere ihn dir!« Asmodis lachte noch einmal wild und grausam.
Dann löste er sich auf!
***
Ich aber stand da, wie vom Donner gerührt. Der Teufel war aus der Tür geschossen, Mandraka folgte ihm, und ich hatte die Worte des Höllenfürsten sehr deutlich vernommen, bis er sich in einer stinkenden Rauchwolke auflöste und kurzerhand verschwand.
Aber Mandraka war noch da!
Zum erstenmal sah ich ihn selbst und aus der Nähe. Eine sehr große schwarzgekleidete Gestalt. Aus dem Kragen der dreiviertellangen Jacke schaute das feuerrote Gesicht hervor, dessen Haut nur aus blutigen Krusten zu bestehen schier, die ein Erbe scharfer Rasiermesserklingen sein konnten.
Das also war Mandraka!
Ich stand ihm gegenüber. Den Dolch hielt ich in der rechten Hand, und ich war gewillt, jetzt schon ein Ende zu machen, doch der Vampir hatte andere Sorgen.
Ihn interessierte allein der Satan. In mir sah er keinen direkten Gegner. Vielleicht war er so arrogant, anzunehmen, daß er mich packen konnte, wann immer er wollte, jedenfalls legte ich seine Handbewegung als unwirsche Geste aus, mit der er mich aus dem Weg scheuchen wollte.
Dagegen hatte ich etwas.
Leider kam ich nicht dazu, ihn anzugreifen, denn hinter mir in der absoluten Finsternis vernahm ich polternde Schritte. Ich sprang sicherheitshalber zur Seite und drehte mich erst danach um, damit ich sehen konnte, wer dort ankam.
Es waren die Vampire.
Sie erschienen aus dem Dunkel, und ich tauchte hinein, denn ich rechnete mit einem Frontalangriff der sechs Blutsauger.
Ich irrte mich.
Mandraka war es, der ihnen zuwinkte, damit sie das Haus verließen, denn für ihn allein zählte nur der Satan. Den Teufel mußte er vernichten, er wollte sein Blut trinken, und er verschwand fast so rasch wie Asmodis selbst, nur löste er sich nicht innerhalb einer Rauchwolke auf, sondern huschte durch das Eingangsloch ins Freie.
So rasch es ging, folgten ihm die sechs Vampire.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Stand nur da und staunte mit offenem Mund.
Das gab es doch nicht…
Wohin die Vampire wollten, wußte ich natürlich nicht genau.
Nahm allerdings an, daß sie sich dem Friedhof zuwenden würden, so ein Gebiet war in etwa ihre Heimat.
Auf dem Totenacker wußte ich Edda schutzlos.
Also hinterher.
Wieder konnte ich meinen Plan nicht in die Tat umsetzen, denn aus dem Raum, den der Teufel und Mandraka verlassen hatte, vernahm ich Geräusche. Seltsame Laute. Klatschen und Schreie, ein Kampfgeheul und dumpfe Schläge.
Da mußte noch jemand sein!
Keine Sekunde zögerte ich, drehte mich und jagte auf den Raum zu. Mit dem rechten Fuß stieß ich die Tür weit auf und sah schattenhaft seltsame Gestalten.
Höllengeschöpfe!
Und dazwischen eine Person, die das Schwert mit der goldenen Klinge in der Hand hielt und sich gegen die Geschöpfe zur Wehr setzte.
Myxin, der Magier!
***
Suko war aufgesprungen, kaum daß Kara den Boden berührt hatte.
Ihm war der Schreck stark in die Glieder gefahren, und das Blut war aus seinem Gesicht gewichen.
Shao brauchte erst nicht gesagt zu werden, was sie tun sollte, sie wußte auch so Bescheid. Rasch eilte sie in die Küche, holte Wasser und lief wieder zurück.
Inzwischen hatte sich Suko um Kara gekümmert und die schlanke Gestalt auf die Couch gelegt.
»Mach bitte mal Lieht!« verlangte er.
Das tat Shao. Die Lampe an der Decke wurde hell und erleuchtete den Wohnraum.
Beide erschraken, als sie in das Gesicht der Schönen aus dem Totenreich schauten. Es war so bleich wie selten, und Suko fühlte nach dem Pulsschlag.
Shao stand zitternd daneben. Auch das Wasser im Glas zitterte, und sie schaute aus großen Augen nach unten. »Lebt sie noch?«
Suko schüttelte den Kopf, bis er diese Bewegung in ein Nicken verwandelte. »Ja, der Puls schlägt.«
»Ein Glück.«
Suko streckte den Arm aus. Er nahm das Glas mit dem Wasser entgegen und hielt es Kara an die Lippen.
»Ist sie nicht bewußtlos?« flüsterte Shao.
»Nein.«
Die Schöne aus dem Totenreich schien die Antwort gehört zu haben, denn sie öffnete die Augen.
»Kara!« flüsterte Shao erstickt.
»Trink erst einmal«, sagte Suko und kippte das Wasserglas, so daß Kara schlucken konnte.
Es tat ihr gut. Allmählich kehrte wieder Leben in ihr Gesicht zurück und ein wenig Farbe. Sie bewegte ihre
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