0298 - Der Dämonenpakt
die Tür freigeben«, sagte er.
Krol drehte sich überhaupt nicht um. Er hievte Sukos Beine an, der Einäugige den Oberkörper, faßte noch einmal nach, dann setzten sich beide in Bewegung.
Shao hatte sich an den Türpfosten gelehnt. Sie sah die Männer näherkommen und ihr Blick verschwamm, weil sich plötzlich Tränenschleier über ihre Augen legten.
Sie trugen Suko weg.
Einen halben Schritt ging sie zur Seite. Erst wollte sie nicht hinschauen, doch wie unter Zwang senkte sie ihren Blick und sah den leichenblassen und bewegungslosen Inspektor an.
Suko war tot…
Tot, tot, tot!
Es schrie in ihrem Hirn, und der Atemzug wurde von einem schluchzenden Geräusch begleitet. Ein toter Suko wurde an ihr vorbeigetragen.
Der Einäugige hielt nur die Schultern der Leiche fest. Die Arme baumelten nach unten. Shao sah jede Einzelheit in dem Leichengesicht, und sie glaubte, ersticken zu müssen, weil alles so furchtbar war. So vernichtend, so schrecklich, kaum zu fassen, und die Männer vor ihr lösten sich auf.
Jedenfalls hatte sie das Gefühl, denn die Tränen verschleierte so stark ihren Blick.
Shao rannte los, mußte ein Taschentuch holen und preßte es sich gegen die Augen.
Sie dachte daran, in welchen Gefahren Suko schon gesteckt hatte. Es war immer gutgegangen, bis auf den heutigen Tag, als er und John den Trank des Vergessens zu sich nahmen, der überhaupt nicht für sie geschaffen war.
Die Männer kamen zurück.
Shao hörte ihre Schritte. Die beiden erledigten ihren Job mit Routine. Die Gesichter zeigten einen nahezu stoischen Ausdruck, auch wenn die Haut des Einäugigen hin und wieder unter dem Auge zuckte.
Shao wollte nicht länger im Zimmer bleiben. Suko lebte nicht mehr, dennoch, sie mußte einfach an seiner Seite stehen und ihn noch einmal anschauen.
Shao erlebte schreckliche Minuten. Die wohl schlimmsten in ihrem Leben.
Die Särge standen auch weiterhin im Flur. Es konnte nicht ausbleiben, daß Nachbarn ihre Wohnungen verließen. Shao sah zwei Frauen und einen Mann, die ebenfalls auf der Etage wohnten. Sie hatten ihre Wohnungen verlassen und Winterkleidung übergestreift, doch sie gingen nicht, weil der makabre Anblick der beiden offenen Särge sie bannte.
Und in einem Sarg lag Suko.
Shao schaute nicht hin, sie starrte nur die Menschen an, und sie sagte mit schriller Stimme: »Gehen Sie doch endlich. Hauen Sie ab! Verschwinden Sie!«
Die Shao unbekannten Nachbarn zuckten zusammen. Sie wollten etwas sagen, vor allen Dingen der Mann. Er war schon einen halben Schritt vorgetreten, wurde aber von seiner Frau angestoßen und somit zurückgeholt.
Die Menschen verschwanden im Lift, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Shao hörte sie nur noch flüstern.
Sie war wieder allein.
Natürlich irrte ihr Blick ab und fraß sich förmlich an der leichenblassen Gestalt ihres Freundes fest.
Suko lag auf dem Rücken. Der Sarg war nicht sehr breit, man hatte Suko hineingequetscht, so daß er rechts und links die Innenwände hart berührte.
Noch standen seine Augen offen, und Shao konnte diesen schrecklich leeren Blick nicht ertragen. Sie fiel auf die Knie und drückte Suko die Augen zu.
Dann brach sie einfach zusammen.
Diese letzte Tat hatte so etwas Endgültiges an sich, daß sie es nicht mehr nervlich verarbeiten und fassen konnte. Jeder Mensch hat Alpträume. Shao machte da keine Ausnahme. Als furchtbar und entsetzlich hatte sie immer den Punkt empfunden, wo sie Suko einmal die Augen zudrücken mußte.
Das war nun geschehen…
Kaum hörte sie die Schritte der beiden Männer. Aufgelöst, einsam und verloren hockte sie neben dem Sarg ihres Freundes. Shao bekam nicht mit, daß auch John Sinclair herbeigeschafft wurde.
»Bleiben Sie so sitzen«, sagte der Mann, der sich als Krol vorgestellt hatte.
Shao reagierte kaum. Sie hob nur den Kopf und schaute zu, wie die beiden John Sinclair in den primitiven Kunststoffsarg drückten.
Nun hatten sie es auch geschafft John Sinclair zu erledigen.
Shao konnte es kaum begreifen. Ein Arm des Geister Jägers schlug noch gegen die Innenwand des Sargs, und ein dröhnendes Geräusch war zu vernehmen.
Dann lag er.
Die beiden Männer hatte ihren verdämmten Job erledigt. Eine Arbeit, bei der man sich keinerlei Gefühle leisten konnte.
Der Einäugige blieb neben John Sinclairs Sarg stehen. Er hielt bereits den leichten Deckel in der Hand.
Krol kam auf Shao zu. Er stoppte seine Schritte, stemmte die Arme in die Hüften und schaute auf das schwarze Haar. »Sie sollten wieder
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