03 Arthur und die Stadt ohne Namen
etwa, so ein kleiner Rundgang wird uns weiterbringen? Die wirklichen Geheimnisse muss man suchen. So war es bei unseren letzten beiden Abenteuern, und das wird hier nicht anders sein.«
In meinem Magen breitete sich ein flaues Gefühl aus. McGonagall mochte ein arroganter alter Miesepeter sein, aber ich hielt ihn nicht für einen Betrüger. Seine Warnungen vor den Gefahren der Unterwelt klangen glaubhaft. Beim Bibliothekar hingegen war ich mir nicht so sicher. Allerdings hatte ich Larissa nun schon versprochen, sie zu begleiten, und da konnte ich schlecht einen Rückzieher machen. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass es morgen vielleicht noch eine Gelegenheit geben würde, sie von ihrem Plan abzubringen. Oder, noch besser, dass sich erst gar keine Möglichkeit für uns bot, allein in den Tunneln unter der Stadt zu verschwinden.
»Wir sollten uns auf den morgigen Tag vorbereiten«, sagte ich und holte den iPad aus meinem Zimmer. Weil das Surfen über die kleinen Android-Handys auf Dauer doch ziemlich fummelig war, hatten wir diesmal einen Tablet-Computer mitgenommen. Das war im Grunde nichts anderes als ein auf DIN A5 vergrößertes Handy. Damit ließen sich allerdings Webseiten weitaus bequemer lesen.
Über das drahtlose Netzwerk der Campbells fanden wir schnell einige Seiten über die Welt unter der Stadt. Leider klang das meiste nicht besonders vertrauenerweckend.
Rund um die Altstadt wurden im 18. und 19. Jahrhundert fünf große Brücken errichtet. Sobald sie fertig waren, wurde der leere Raum darunter zugebaut, sodass von den Brücken selbst bald kaum noch etwas zu sehen war. Fensterlose Gewölbe und Gänge auf zahlreichen Etagen erstreckten sich von dort bis in den Fels unter der Altstadt.
Ursprünglich sollten sie als Lagerkeller für die Kaufleute dienen, doch schnell siedelten sich die ersten festen Bewohner dort an. Geheimgesellschaften trafen sich unter der Erde und begingen verbotene Zeremonien. Und nach und nach verkamen die Gewölbe immer mehr, bis nur noch die Ärmsten der Armen sich dort aufhielten – und die, die das Tageslicht scheuten. Und davon gab es in Edinburgh genug.
Dort unten hatten sich im Lauf der Jahrhunderte schreckliche Dinge abgespielt. Und selbst aus neuester Zeit gab es Berichte von Besuchern, die über unheimliche Begegnungen berichteten. Bis heute war nur ein Teil der unterirdischen Gewölbe erforscht. Niemand wusste genau, wie weit sie sich erstreckten und welche Verbindungen zwischen ihnen bestanden.
Die Führungen fanden nur in einem eng begrenzten Teil der Räume statt. Mercat Tours beschränkten sich auf die Gewölbe unter der South Bridge; Continuum hatte Mary King’s Close touristenfähig gemacht.
Mich beschlich ein ungutes Gefühl. Die zahlreichen ungeklärten Vorfälle unter der Erde ließen die Worte McGonagalls in einem neuen Licht erscheinen. Vielleicht lag er doch nicht so falsch mit seinen Warnungen? Aber warum hatte uns Campbell nichts davon gesagt?
Als wir am nächsten Morgen zum Frühstück nach unten kamen, war der Buchhändler schon aus dem Haus und wir konnten ihn nicht mehr fragen.
»Er hat heute ganz früh einen Termin bei einem Kunden«, erklärte Caitlin, während sie die Rühreier auftischte. »Und ich dachte, ich lasse euch heute mal ein wenig länger schlafen.«
»Haben Sie schon einmal an einer der unterirdischen Führungen teilgenommen?«, fragte Larissa.
Caitlin nickte. »Aber klar. Craig und ich haben jede Tour mitgemacht, die es gibt. Ich finde die Unterwelt von Edinburgh faszinierend.«
»Und ist Ihnen dabei jemals etwas komisch vorgekommen?«
Sie lachte. »Du meinst wegen der Geistergeschichten, die immer erzählt werden? Das soll die Touren doch nur interessanter machen. Da unten gibt es genauso wenig Geister wie hier oben. Und sicherer ist es da auch, weil man sich nicht vor Taschendieben in Acht nehmen muss.«
Diese Auskünfte beruhigten mich ein bisschen und ich sah den kommenden Stunden mit etwas mehr Zuversicht entgegen. Wenn Campbell selbst schon mehrfach in den Katakomben gewesen war, dann konnten sie ja wirklich nicht so gefährlich sein. Allerdings hatte er sich auch nicht von seiner Gruppe entfernt.
Nach dem ausgiebigen Frühstück verabschiedeten wir uns von Caitlin und machten uns auf den Weg zum Treffpunkt für die Tour. Der graue Himmel hing wie gestern tief über Edinburgh. Der Wind hatte etwas nachgelassen; stattdessen nieselte es dauerhaft. Die Menschen liefen geduckt an den Hauswänden entlang. Der Regen
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