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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Bruder hatte, mit dem Verlust Sissys gewachsen war und in den letzten acht Tagen seines Lebens schreckliche Frucht getragen hatte.
    Er hatte versucht, sie sich von der Seele zu schreiben, innere Reinigung zu erlangen, indem er die Qual zu Papier brachte. Darin war er einmal Meister gewesen. In zahllose Gedichte an und für und über Sissy hatte er seine Gefühle ergossen. Aber die Bedrängnis der letzten Tage - im Zusammenhang mit den Gewissensqualen, die ihn seit mehr als einem Jahr unerbittlich verfolgten - hatte die innere Stimme zum Schweigen gebracht, die früher seine Seele so befeuert und seine Leidenschaft zu schreiben gespeist hatte. Es gab keine Worte, die ein Leiden lindern konnten, das sein ganzes Leben umfaßte, so daß es weder Anfang noch Ende zu haben schien.

    Nach dem Verlust des Bruders hatte er sich Sissy zugewandt und sie zu der Kraft erhoben, die seinem Leben Sinn und Inhalt gab. Im Lauf von sieben Monaten war die Schulfreundin zu dem Menschen geworden, der ihm einzige sichere Zuflucht war, Inspiration zu schreiben, leidenschaftlich geliebtes Wesen, um das sein ganzes Leben sich drehte und das sein Denken und Handeln selbst dann beherrschte, wenn es nicht bei ihm war. Aber wie sein Bruder war auch Sissy ihm verlorengegangen, zerstört durch seine Selbstsucht, zerbrochen durch die rohe Gewalt seiner Unbeherrschtheit.
    Und waren nicht die Ereignisse, die schließlich zu Matthews Tod geführt hatten, durch diese selbe Unbeherrschtheit in Gang gesetzt worden? Ohne jede Überlegung hatte er Clive Pritchard die Kassette vorgespielt - hatte sich insgeheim noch geweidet an dem Ausdruck ungläubiger Überraschung auf Clives Gesicht, als dieser erkannte, daß er von einem kleinen Sextaner, einer Ameise, die er mit dem kleinen Finger zerquetschen konnte, überlistet worden war. Er hatte Clives Reaktion so genossen, daß er einen - tödlichen - Moment lang alle Vorsicht vergessen hatte, und so war Clive, als er nach dem Namen des Jungen gefragt hatte, der das Band hergestellt hatte, schnell auf Matthew Whateley gekommen. Er selbst also hatte Matthew, wenn auch nicht willentlich, Clive ausgeliefert. Er selbst hatte das tödliche Räderwerk ins Rollen gebracht.

    Clive Pritchard hatte sein Zimmer in Kalchas zu einer Gedenkstätte für James Dean gemacht. Bilder des Schauspielers hingen überall: wie er, die Hände in den Taschen, den Jackenkragen hochgeschlagen, durch eine Straße in New York ging; wie er in dem Film Giganten einen Ölkran hinaufkletterte; neben dem Porsche stehend, mit dem er in den Tod gerast war; in einem Dutzend Großaufnahmen, die aus einem Kalender ausgeschnitten waren; eine Zigarette rauchend bei den Außenaufnahmen zu Jenseits von Eden. Man hatte das Gefühl, mit einem Schlag in ein anderes Land und eine andere Zeit versetzt worden zu sein.
    Dieser Eindruck wurde gefördert durch die übrigen Dekorationsstücke im Zimmer. Auf dem Fensterbrett stand eine ganze Reihe alter Coca-Cola-Flaschen, darunter prangte ein halb zerfetzter Kunstlederhocker, der aussah, als stammte er aus einer amerikanischen Imbißstube. Ein Plattenspieler aus Chrom, wie man sie früher auf den Tischen von Bars mit Musikautomaten gefunden hatte, zierte den Schreibtisch zusammen mit drei großen Speisekarten, die vor allem Hamburger, Hot dogs, Pommes frites und Milch-Shakes anboten. Auf dem Bücherregal stand neben einem Paar schwarzer Boxerstiefel ein kleines Neonschild mit der Aufschrift Coke.
    Einziger Anachronismus - abgesehen von einem Foto des Rugbyteams und einem, das Clive in Fechtausrüstung zeigte - war eine dritte Fotografie, die auf dem Schreibtisch stand; Clive, den Arm lässig um die Schultern einer völlig verschreckt aussehenden alten Frau.
    Beide Seiten seines Kopfes waren kahlgeschoren, nur in der Mitte, von der Stirn zum Nacken, zog sich ein glänzender, blaugefärbter Hahnenkamm. Clive war ganz in schwarzem Leder mit schweren Ketten.
    Der Gegensatz zwischen dem Jungen auf dem Foto und dem, der in Begleitung des Direktors ins Zimmer trat, war bemerkenswert. Das inzwischen nachgewachsene Haar war ordentlich frisiert, die Schuhe blank geputzt, Pullover, Hemd und Hose fleckenlos. Lynley konnte kaum glauben, daß dies derselbe Junge war.
    Nachdem dank Chas Quilters Wort eindeutig festgestellt gewesen war, wem die Mißhandlungen Harry Morants und möglicherweise anderer jüngerer Schüler anzulasten waren, hatte Alan Lockwood nicht gezögert zu handeln. Im Beisein von Lynley und Barbara Havers hatte

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