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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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holte sie eine weiße Porzellanschale, in der sich ein kleines Häufchen gelben Pulvers befand. Sie gab ein klein wenig davon auf die Kacheln und drückte es mit einem anderen Glasstab flach. Das Pulver spritzte knisternd und knackend an die Glasseiten des Abzugs. Ein kleiner Teil landete auf Emilias Arm. »Das ist eigentlich nur ein Spaß«, bekannte sie lächelnd. »So ein Späßchen ab und zu hält das Interesse wach. Und um das zu erreichen, bin ich, ehrlich gesagt, zu fast allem bereit, Inspector.«
    Sie zog die Hände aus dem Abzug, schloß die Glasscheibe, rieb sich die gelben Flecken mit einem Läppchen vom Arm und zog die weiten Ärmel ihrer Robe herunter.
    »Ich habe gehört, man hat einen Strumpf von Matthew Whateley gefunden.« Sie sprach sachlich. »Bringt Sie das der Lösung etwas näher?«
    Statt zu antworten, reichte Lynley ihr den braunen Umschlag, in dem er die Fotografien verstaut hatte.
    »Vielleicht«, sagte er.
    Sie nahm den Umschlag, öffnete ihn und nahm den Inhalt heraus. »Ich hoffe nur -« begann sie und brach ab, als sie die Bilder sah. Mit ihnen in der Hand ging sie zu einem der Arbeitstische und setzte sich auf den hohen Hocker davor. In ihrem Gesicht arbeitete es, während sie die ersten Bilder ansah.
    Clive Pritchard hatte ihnen offensichtlich die Wahrheit gesagt. »Gott, wie entsetzlich«, murmelte Emilia. Sie legte die Fotos mit der Front nach unten auf den Arbeitstisch und sah Lynley an. »Wo haben Sie die gefunden? Was haben sie mit mir ...«
    »Einer der Schüler hat sie mir gegeben, Miss Bond. Er beobachtete, wie Sie sie am späten Samstagabend auf den Müllhaufen hinter dem Pförtnerhaus warfen.«
    Emilia schob die Fotografien von sich weg. »Ach, so ist das. Hm. Nun haben Sie mich erwischt.« Sie wirkte wie ein Kind, das sich die größte Mühe gibt, eine Rolle zu spielen. »Sie sind scheußlich, nicht, aber ich hielt sie im Grunde für harmlos und wollte sie einfach schnellstens verschwinden lassen, ohne daß jemand etwas merkt. Ich nahm sie einem meiner Schüler ab, einem Jungen aus der Oberstufe.« Sie hakte die Füße um die Beine des Hockers, als brauche sie Halt. »Ich hätte ihn melden sollen. Das ist mir klar. Aber ich habe ein ernstes Gespräch mit ihm geführt - sehr ernst -, und es war ihm sehr peinlich. Am Ende habe ich ihm versprochen, ich würde sie verschwinden lassen. Ich hatte ja keine Ahnung -«
    »Sie sind keine gute Lügnerin, Miss Bond«, unterbrach Lynley. »Es gibt Leute, die hervorragend lügen. Sie gehören, das sei zu Ihrer Ehre gesagt, nicht dazu.«
    »Lügen?«
    »Sie haben einen roten Kopf. Sie haben angefangen zu schwitzen. Wahrscheinlich haben Sie auch starkes Herzklopfen. Warum sagen Sie uns nicht die Wahrheit?«
    »Aber das tue ich doch.«
    »Sie hätten ihn melden sollen. Sie haben ein ernstes Gespräch mit ihm geführt. Es war ihm sehr peinlich. Sie versprachen, die Bilder verschwinden zu lassen. Das alles wird wahr sein. Aber ich glaube nicht, daß Sie für einen Schüler mitten in der Nacht auf den Müllplatz hinausgehen würden. Für einen Kollegen - für einen Geliebten vielleicht -«
    Sie zuckte zusammen. »Das alles hat mit Matthew Whateley überhaupt nichts zu tun. Wirklich. Ich weiß es.«
    »Es kann ja sein, daß Sie recht haben«, erwiderte Lynley. »Aber solange ich nicht die Wahrheit weiß, kann ich das nicht beurteilen.«
    »Er hat es - er könnte niemals -«
    »John Corntel?«
    Sie hob die Hände und preßte sie wie in flehender Gebärde zusammen, ehe sie sie in den Schoß sinken ließ.
    »Er sagte mir, daß Sie Freitag abend bei ihm waren, Miss Bond. Und am Samstag auch. Er sagte, Sie hätten miteinander schlafen wollen, aber es hätte nicht geklappt.«
    Ihr Gesicht brannte. Sie blickte zu Boden. »Das hat er Ihnen erzählt?« fragte sie leise.
    »Soweit ich mich erinnere, gebrauchte er das Wort ›katastrophal‹«, fügte Lynley hinzu.
    »Nein. So war es nicht. Jedenfalls nicht am Anfang.«
    Sie hob den Kopf und schaute zum Fenster hinaus, wo Wolken sich vor der Sonne zusammengezogen hatten. Das Licht war grau. Das Rosettenfenster der Kapelle drüben, auf der anderen Seite des Fußwegs, wirkte stumpf und glanzlos.
    »Das Ende war katastrophal«, sagte Emilia. »Aber das Zusammensein mit ihm nicht. Jedenfalls fand ich das nicht.«
    »Dann haben Sie die Fotos wohl hinterher entdeckt«, meinte Lynley.
    »Sie sind sehr scharfsichtig, nicht wahr? Machen Sie immer Gedankensprünge dieser Art oder lieben Sie nur das Risiko?« Sie

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