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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Damen in Reizwäsche, keine heißen Autos, keine Sportidole. Gar nichts, bis auf einen Schnappschuß, der zwei Kinder zeigte, die schlammbespritzt am Ufer der Themse hockten, im Hintergrund die Hammersmith Bridge. Eines der Kinder war Matthew, der grinsend mit einem langen Stock im Uferschlamm herumstocherte. Das andere war eine lachende kleine Schwarze mit nackten Füßen und Dutzenden fest geflochtener Zöpfe, die ihr auf die Schultern herabfielen. Yvonnen Livesley, dachte Lynley, Matthews Freundin aus der Grundschule. Er betrachtete das Foto aufmerksam und bekam von neuem Zweifel an Kevin Whateleys Behauptung, daß Matthew niemals aus dem Internat durchgebrannt wäre, nur um dieses Mädchen wiederzusehen. Sie war eine kleine Schönheit.
    Er reichte die Fotografie Barbara Havers, die sie wortlos einsteckte. Dann setzte er seine Brille auf und sah sich Matthews Bücher an. Es war das übliche Lehrmaterial: Englisch, Mathematik, Geographie, Geschichte, Biologie, Chemie und, im Geist dieser Schule, Religion und Kirchengeschichte. Auf dem Pult lag ein aufgeschlagenes Mathematikheft mit einer angefangenen Aufgabe, daneben ein Stapel Spiralhefte. Lynley teilte alles auf, gab die eine Hälfte Havers und nahm die andere Hälfte selbst.
    Er setzte sich an Matthews Pult - ein wenig eng der Raum für einen erwachsenen Mann -, während Havers in dem »Stall« vor ihm verschwand. Chas ging zum Fenster, öffnete es und schaute hinaus.
    Stimmen schallten herauf, ein paar Jungen lachten laut, aber im Studierzimmer hörte man nur das Rascheln von Papier, wenn Bücher aufgeschlagen und durchgeblättert wurden, und hin und wieder ein Seufzen. Langweilig, ermüdend, absolut unerläßlich.
    Havers lugte über die hohe Lehne ihrer Sitzbank.
    »Hier ist was, Sir«, sagte sie und reichte Lynley ein Spiralheft hinüber. Es enthielt einen Brief, oder besser, den Entwurf eines Briefes. Mehrere Wörter waren durchgestrichen und durch passendere ersetzt.
    Lynley las.

    Liebe Jeanne (durchgestrichen) Jean, ich möchte Ihnen noch einmal sehr herzlich für das Abendessen am letzten Dienstag danken. Sie brauchen sich keine Sorgen über meine Verspätung zu machen. Ich weiß, daß der Junge, der mich heimkommen sah, nichts sagen wird. Ich glaube immer noch, daß ich Ihren Vater beim Schach schlagen könnte, wenn er mir lange genug Zeit zum Überlegen lassen würde. Ich kann gar nicht verstehen, wie er soweit vorausdenken kann. Aber das nächste Mal mach ich's besser. Nochmals vielen Dank.

    Lynley nahm seine Brille ab und sah zum Fenster, wo Chas Quilter immer noch diskret im Abseits stand.
    »Matthew hat einen Brief an eine Frau namens Jean geschrieben«, sagte er, »bei der er zum Abendessen war. Offensichtlich an einem Dienstag, aber aus dem Brief geht nicht hervor, an welchem Dienstag, da er nicht datiert ist. Haben Sie eine Ahnung, wer die Frau sein könnte?«
    Chas runzelte die Stirn. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er antwortete, und als er es schließlich tat, entschuldigte er sich für sein Zögern mit den Worten: »Ich habe versucht, mir die Vornamen der Frauen unserer Lehrer ins Gedächtnis zu rufen. Es wird wahrscheinlich eine von ihnen gewesen sein.«
    »Aber es ist doch kaum wahrscheinlich, daß er die Frau eines seiner Lehrer beim Vornamen nennen würde? Oder ist das hier allgemein akzeptiert?«
    Chas verneinte und zuckte ratlos die Achseln.
    »Er schreibt weiter, daß er erst spät zur Schule zurückkam, daß einer der Jungen ihn gesehen hat, aber nichts sagen wird. Was heißt das Ihrer Meinung nach?«
    »Das klingt, als wäre er nach der Sperrstunde noch unterwegs gewesen.«
    »Hätte das der Aufsichtsschüler seines Hauses nicht merken müssen?«
    Chas wand sich, sagte verlegen: »Doch, ja. Im allgemeinen wird jeden Tag nachgesehen, ob alle in ihren Betten sind.«
    »Im allgemeinen?«
    »Immer. Jeden Abend.«
    »Einer von den Großen oder der Hausälteste hätte Matthews Abwesenheit also melden müssen, wenn er nach der Sperrstunde nicht in seinem Zimmer war. Ist das richtig?«
    Das Zögern war spürbar. »Ja, jemand hätte bemerken müssen, daß er nicht im Haus war.«
    Er nannte die Person, die hier ihre Pflicht versäumt hatte, nicht. Aber Lynley entging nicht, daß sowohl John Corntel als jetzt auch Chas Quilter sehr darauf bedacht schienen, den Hausältesten von Erebos, Brian Byrne, in Schutz zu nehmen.

    John Corntel wußte, daß die Polizei in der Schule war. Jeder wußte es. Selbst wenn er Thomas Lynley an diesem Morgen

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