03 - Der Herr der Wölfe
wohnt unter meinem Dach … «
»Freiwillig, Eric. Sie kam hierher, um mir eins auszuwischen, und du brauchst dir wirklich keine Vorwürfe zu machen. « Conar zögerte kurz. »In ihren Augen bin ich ein Ungeheuer, ein abscheulicher Wikinger. Aber glaube mir, ich wollte sie niemals grausam behandeln, so oft sie mich auch in Versuchung führte. So viel steht auf dem Spiel. Gerald war ein entfernter Verwandter ihres Vaters und tötete ihn trotzdem. Und sein Sohn begehrt sowohl Melisande als auch ihre Festung. «
»Niemals würde die Kirche eine Ehe zwischen Melisande und ihrem Vetter sanktionieren, selbst wenn sie frei wäre. «
»Ich weiß nicht, ob du die Situation richtig einschätzt. In Irland gibt es viele Könige, und die meisten erkennen die Autorität des Ard-Righ an. Hier in Wessex hat Alfred lange und erbittert gekämpft - nicht nur, um zu herrschen, sondern auch, um Gesetze zu erlassen, die den Menschen das Leben erleichtern. Du hast recht - die fränkischen Länder sind gespalten, die Könige schwach. Die Adelsherren bauten ihre eigenen Bastionen, um die Angreifer abzuwehren, und nur der Stärkste wird diese schweren Zeiten überdauern.«
»So ist die Welt nun einmal, mein Bruder.«
»Aber wenn dieser Mann meine Frau entführen würde, könnte er Mittel und Wege finden, um sie zu behalten. Und falls er glaubt, ihr Tod verschafft ihm größere Vorteile als ihre Gesellschaft, würde er wohl kaum zaudern und ihr die Kehle durchschneiden.«
»Soweit würde er sicher nicht gehen!«
»Das weiß ich nicht. Eins steht jedenfalls fest. Er würde die erstbeste Gelegenheit nutzen, um sie in seine Gewalt zu bringen. «
»Würden die anderen Burgherren das zulassen?«
Langsam schüttelte Conar den Kopf. »Das ist einer der Gründe, warum ich sie jetzt nach Frankreich mitnehmen möchte. Wir werden als Graf Odos Gäste nach Rouen reiten, um unser Ehegelübde vor einem Bischof zu erneuern. Odo meint, das würde mein Recht auf Melisande und ihr Land bekräftigen. Immerhin ist sie die Erbin.«
»Du hast dein Anrecht auf ihre Festung bereits verdient«, erwiderte Eric. »Und du scheinst etwas zu vergessen. Auch ohne Melisande bist du ein mächtiger Mann, der Enkel eines bedeutsamen Ard-Righs, der Sohn des ‘ großen Königs von Dubhlain und ein Prinz des norwegischen Hauses Vestfold.«
»Und was bedeutet das?«
»Sollten die Dänen scharenweise über dich herfallen, würdest du staunen, wie viele Krieger dir zur Seite stünden.«
»Danke«, erwiderte Conar lächelnd.
»Keine Ursache. Du wirst also nicht lange hierbleiben?«
»Nein. Es ist an der Zeit, meinen Anspruch auf die Festung zu untermauern. je früher ich die kirchliche Trauung in Rouen vollziehe, desto besser. Davon ist Graf Odo fest überzeugt. Bald wird sich Geoffrey mit den Dänen gegen mich verbünden. Und ich möchte seiner Rachsucht und Habgier einen Riegel vorschieben. Melisande muss zweifelsfrei mit nur verheiratet sein.«
»Ich verstehe. Dann segle los, sobald es die Gezeiten erlauben. Darf ich etwas vorschlagen?«
»Ja, natürlich. «
»Ein Erbe würde deine Position stärken.«
»Das weiß ich, mein Bruder.«
»Du hast ziemlich lange gewartet.«
»Nun werde ich nicht mehr zögern.«
»Also … «, entgegnete Eric gedehnt und wandte sich zur Tür. »Sollten wir heute nacht schrilles Geschrei hören, werde ich Rhiannon versichern, dass du deiner Frau keineswegs die Kehle durchschneidest.«
Conar stöhnte. »Falls du hier nichts Besseres zu tun hast als mich zu hänseln … «
»Schon gut, ich gehe ja schon. Wir sehen uns unten in der Halle. Beeil dich, wir essen gleich. Ich glaube, das wird eine sehr unterhaltsame Mahlzeit.« Grinsend verließ Eric das Zimmer.
Conar starrte zu dem Wandteppich hinüber, der die Verbindungstür verbarg. Hatte Melisande sie schon entdeckt? Wahrscheinlich nicht, sagte er sich und lächelte. Er fühlte sich versucht, aus der Wanne zu steigen und tropfnass nach nebenan zu gehen, um festzustellen, ob seine Vermutung zutraf. Aber er hatte schon so lange gewartet. Und es interessierte ihn, ob Melisande ihr Versprechen halten würde.
Als das Wasser abkühlte, kletterte er aus der Wanne. Er entschied sich für einfache Kleidung, ein Hemd mit Tunika und enger Hose. Aus alter Gewohnheit legte er den Waffengurt an, sogar im Haus seines Bruders. Sein Schwert trug er stets bei sich, das Messer steckte wie immer im Stiefelschaft. Nicht einmal in Wessex war der Frieden gesichert, und man musste allezeit wachsam
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