03 - Der Herr der Wölfe
sahst, warst du noch ein Kind. Jedenfalls musst du am Anfang vorsichtig mit ihm umgehen.«
»Ein solches Pferd wirst du nicht brauchen«, mischte Conar sich ein. Verdutzt starrte sie ihn an. Wollte er ihr etwa verbieten, auf ihrem eigenen Grund und Boden den Hengst ihres Vaters zu reiten? »Warrior ist ein Streitroß«, fügte er hinzu, »und du wirst nicht mehr kämpfen.«
»Ich weiß, du hast an einer Schlacht teilgenommen.« Bewundernd schaute Bryce sie an, und sie zuckte die Achseln.
»Mein Vater war tot, unsere Männer hatten ihren Anführer verloren. Da musste ich aufs Feld reiten.«
»Wie tapfer von dir!« rief Daria.
»Ja, großartig«, bemerkte Conar trocken. »An jenem Tag eroberte ich eine schöne Frau. Als ich den Schauplatz des Kampfs erreichte, saß sie auf dem Pferd ihres Vetters, der ihren Vater ermordet hatte, und wurde von ihm festgehalten.«
Plötzlich verstummten die anderen Gespräche. Alle Blicke richteten sich auf Melisande, und Eric sagte leichthin: »O ja, es gibt so manche kriegerische Frauen. Vor langer Zeit schoss Rhiannon einen Pfeil auf mich.«
»Bitte, setz Melisande keine neuen Flausen in den Kopf, was das Verhalten von Ehefrauen betrifft.« Conar sprach in scherzhaftem Ton, und die Tischgesellschaft lachte.
Begeistert meldete sich Bryce wieder zu Wort. »Melisandes Waffe ist das Schwert. Damit kann sie ausgezeichnet umgehen. Hast du sie schon einmal fechten sehen, Conar?«
»Noch nicht, aber wenn du ihr Talent lobst, muss ich dir wohl glauben, lieber Bruder.«
»Sie übt fast täglich.«
»In der Tat?«
Melisande umklammerte den Kelch und starrte in den Wein, aber sie spürte den Blick ihres Mannes. Er rückte etwas näher zu ihr. »Du hoffst also, wieder in die Schlacht zu reiten, meine Liebe?«
»Ich sehne mich stets nach Frieden.«
»Warum schwingst du dann so entschlossen das Schwert?«
Der Wein, half ihr, strahlend zu lächeln. »Vielleicht, um dich eines Nachts im Schlaf zu erstechen, mein Gemahl.«
Wieder lachten die anderen, aber sie sah die Eiseskälte in Conars Augen und nahm noch einen Schluck. Er entriss ihr den Kelch. »Musst du dir Mut antrinken?«
»Heute abend nicht. Diesmal werde ich Forderungen stellen.«
»Welche denn?«
»Soviel ich weiß, erwartest du einen gewissen Dienst von mir. Wenn ich ihn gewähren soll, musst du eine Gegenleistung erbringen.«
Sie versuchte, nach dem Kelch zu greifen, aber Conar hielt ihn fest. »Wenn du mit mir handeln willst, behalt lieber einen klaren Kopf.«
»Also, wärst du an einem Geschäft interessiert?«
»Wir werden sehen«, entgegnete er leise. »Erzähl mir von deinen Forderungen. «
»Nicht hier, nicht jetzt. Wir nehmen an einem Bankett teil, das deine liebe Schwägerin für uns veranstaltet. Rhiannon, die so gut mit Pfeilen umgehen kann … «
» … und trotzdem eine sanftmütige, liebevolle Ehefrau ist.«
»Vielleicht hat Eric seine Lektion gelernt und sich zu einem netten Ehemann entwickelt.«
»Mag sein.« Seine Augen verengten sich. »Oder auch nicht. « Plötzlich stand er auf und umfasste ihren Arm. Erstaunt starrte sie ihn an, als er sie vom Tisch wegzog.
»Conar … «, begann sie, aber er wandte sich bereits zu seiner Schwägerin.
»Herzlichen Dank für die wunderbare Mahlzeit und deine Gastfreundschaft, Rhiannon. Ich hoffe, du verzeihst uns, wenn wir uns schön jetzt zurückziehen. Morgen müssen wir zeitig aufbrechen.«
»Natürlich!« Sie erhob sich, ebenso wie ihr Mann, der Conar und Melisande grinsend musterte. Dann schlang er einen Arm um Rhiannons Schultern und zog sie an sich. »Vielleicht werden wir eurem Beispiel folgen und uns ebenfalls früh zur Ruhe begeben.«
»Wir stehen morgen mit euch auf«, versprach Rhiannon ihrer Schwägerin, »und wünschen euch eine gute Reise.«
»Vielen Dank … « Conars unvermittelter Entschluß, die Halle zu verlassen, verwirrte Melisande so sehr, dass ihr kein Vorwand einfiel, den sie hätte benutzen können, um hierzubleiben.
»Gute Nacht!« rief er den anderen zu, dann führte er seine Frau zur Treppe, die Finger immer noch fest um ihren Arm geschlungen. Rasch stieg er die Treppe hinauf, und sie vermochte kaum, mit ihm Schritt zu halten.
»Was ist los, Conar? Ich habe fast nichts gegessen, und dieses Festmahl wurde dir zu Ehren vorbereitet … «
»Es tut mir leid, meine Liebe«, unterbrach er sie, und sein Tonfall strafte die Worte Lügen. »Aber du selbst hast unseren verfrühten Abschied verursacht.«
»Ich … «
»Du warfst mir
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